Der Dodge Challenger RT (2020) im Test
Ein Auto wie ein ausgestreckter Mittelfinger an die Vernunft, ein Coupé rund um Hubraum, Handschaltung und Hinterradantrieb: Der Dodge Challenger RT im Test.
- Der Dodge Challenger RT Scat Pack in Kürze
- Dodge Challenger 2020: Kofferraumvolumen, Platzangebot, Abmessungen | Kofferraumvolumen, Platzangebot, Abmessungen
- Innenraum, Verarbeitung, Materialien im Dodge Challenger | Innenraum, Verarbeitung, Materialien
- Dodge Challenger RT: Infotainment, Radio, Bedienung | Infotainment, Radio, Bedienung
- Assistenzsysteme und Sicherheit im Dodge Challenger | Assistenzsysteme und Sicherheit
- Dodge Challenger RT 6.4 (2020): Antrieb, Motor, Getriebe, Fahrleistungen | Antrieb, Motor, Getriebe, Fahrleistungen
- Fahrwerk, Lenkung, Fahrverhalten des Dodge Challenger | Fahrwerk, Lenkung, Fahrverhalten
- Ausstattung, Preise, Kosten, Fazit zum Dodge Challenger RT (2020) | Ausstattung, Preise, Kosten und Fazit
- Dodge Challenger RT Scat Pack Widebody: Technische Daten
Oft, aber nicht immer, tut Kindermund Wahrheit kund. Beim Dodge Challenger verschätzt sich der Nachbarsjunge, als er beim Einparken ruft: „Boah, ein Rennwagen!“ Nicht ganz. „Boah“ ist korrekt, klar. So imposant, so laut, so grell, besser kann man die Neuauflage des klassischen Pony Cars kaum zusammenfassen. Nur „ein Rennwagen“ stimmt nicht. Schnell und stark ist er, ja. Aber eben schwer und technisch nicht ganz auf der Höhe.
Der Dodge Challenger RT Scat Pack in Kürze
- Moderne Variante des Pony Cars
- Neuauflage seit 2008
- Umfangreiches Facelift zum Modelljahr 2015
- 6,4-Liter-V8 mit 492 PS
- Schaltgetriebe und Hinterradantrieb
- „Scat Pack Widebody“ mit Radlaufverbreiterungen und adaptivem Fahrwerk
- Preis in Deutschland: ca. 62.000 Euro
Der Challenger ist ein besonderer Typ Auto. Gewaltig, kraftvoll, verschwenderisch. Ein Fahrzeug gegen Vernunft und Zeitgeist. Eines, das Instinkte aus den 1970ern befriedigt. Formal ist er ein Pony Car, fährt also in einer Klasse mit Ford Mustang und Chevrolet Camaro. Allerdings ist der Dodge deutlich größer. Ob hier weitere US-Klischees zutreffen, was der Challenger sonst noch kann und wie schön unsinnig er fährt, sagt unser Test.
Die dritte Generation des Dodge Challenger rollt seit 2008 auf den Straßen.
Dodge Challenger 2020: Kofferraumvolumen, Platzangebot, Abmessungen | Kofferraumvolumen, Platzangebot, Abmessungen
Schon die Einordnung des Dodge Challenger in den deutschen Fahrzeugmarkt fällt schwer. Seine Fahrzeugklasse existiert in der alten Welt schlicht nicht. Der Dodge überragt ein Mercedes S-Klasse Coupé in vielen Maßen. In Länge (5,02 m) und Höhe (1,50 m) bewegt er sich ungefähr auf dem Niveau eines Audi A6 Avant. Mit einer Breite von 1,99 Metern erreicht er fast das Niveau des Supersportlers Bugatti Veyron.
Seine Form lässt selbst manch große SUV-Modelle zierlich wirken. Das ist ungewohnt im engen Deutschland. Parkpiepser und Kamera gibt es nur am Heck, dazu eine mäßige Übersicht und Außenspiegel mit einem viel zu kleinen Sichtfeld. Dennoch gelingt es nach einer Weile, das Auto einzuschätzen. Selbst im Innenstadtverkehr nervt seine Karosserie nicht. In Autobahnbaustellen sollte man auf das Überholen allerdings verzichten.
Unter der langen Haube mit den drei Hutzen steckt ein längs eingebauter Koloss von einem Motor: 6,4 Liter groß, rund 300 Kilogramm schwer, fast 500 PS stark. Das Getriebe sitzt dahinter. Dieser Antrieb braucht Platz. Das spürt man im Innenraum, trotz beinahe drei Metern Radstand: Besonders im Fond ist der Challenger ein klassisch enges Coupé. Man muss hineinklettern, an Knien und Kopf bleibt nicht viel Platz. Vorn fühlt er sich besser an, dort sitzen wir bequem auf breiten, weichen Sesseln. Sie dürften sich gern tiefer einstellen lassen.
Innenraum, Verarbeitung, Materialien im Dodge Challenger | Innenraum, Verarbeitung, Materialien
Das Armaturenbrett gestaltet Dodge rustikal. Damit meinen wir kein knirschendes Hartplastik, aber eine ganze Menge Kunststoff. Im oberen Bereich ist es unterschäumt und fasst sich passabel an. Auf Stühlen, Teilen der Türverkleidungen und der Mittelkonsole spannt mit hübschen Nähten verziertes Leder. Das Cockpit in dieser Form verwendet der Hersteller seit dem großen Facelift im Jahr 2015.
So richtig edel sieht es nicht aus im Challenger. Das ist auch nicht sein Anspruch. Auf dem Heimatmarkt kostet die Basis mit 309 PS so viel wie ein VW Jetta GLI mit 230 PS. Im Modell mit dem größten Motor dürfte es dennoch gern hübscher sein. Immerhin klicken die Tasten anständig und auf Kopfsteinpflaster rappelt nichts.
Besonders gut gefallen im Dodge die vielen kleinen Zitate des Urmodells von 1970. Das beginnt bei den Türöffnern, die sich irgendwo auf Höhe der Oberschenkel befinden. Und streckt sich über einige Elemente im Design: Der Hüftschwung, die zurückgesetzten Scheinwerfer mit der scharfen Kante davor und die riesige Motorhaube sind Zitate des Originals.
Ausgestattet mit einem der legendärsten Motoren überhaupt: dem Hemi-V8.
Dodge Challenger RT: Infotainment, Radio, Bedienung | Infotainment, Radio, Bedienung
Ein großer Touchscreen steckt serienmäßig im Challenger. Für wenig Geld wird daraus ein größerer Bildschirm mit Navi-Funktion. Der Monitor im Testwagen misst 8,4 Zoll. Funktionen und Bedienlogik teilt sich das System mit anderen Autos des Fiat-Chrysler-Konzerns. Witzig: Auf der Navi-Karte ist der Standort mit einem stilisierten Challenger markiert. An einigen Stellen muss man sich ins Menü einarbeiten.
Smartphones koppelt das Infotainment via Android Auto und Apple CarPlay. Dabei zeigt das Display weiterhin die großen Menüpunkte an. Die Funktionen des Challenger lassen sich also ohne große Umwege bedienen – das dürften gern mehr Hersteller so machen. Für wichtige Funktionen gibt es ohnehin echte Tasten.
An den Tacho gewöhnt man sich in Deutschland nur schwer. Er ist mit klassischer Schrift skaliert und zeigt die Geschwindigkeit in Meilen pro Stunde an. Selbst cleveren Kopfrechnern genügt der schnelle Blick auf das Rundinstrument nicht. Eine digitale Anzeige in km/h hilft. Parallel lässt sich aber keine andere Funktion des Bordcomputers nutzen. Die Sprintwerte und den (großzügig angezeigten) Verbrauch liest man da am besten nach der Fahrt aus – oder sucht nach einem Auto für den kanadischen Markt. Dort misst man in km/h.
Assistenzsysteme und Sicherheit im Dodge Challenger | Assistenzsysteme und Sicherheit
Viele Fahrhilfen gibt es nicht im Test-Challenger. Die Technik warnt vor Hindernissen in den toten Winkeln. Eine wichtige Funktion, denn die Spiegel sind klein und blenden viel Verkehr aus. Ein adaptiver Tempomat mit Kollisionswarner wäre verfügbar, allerdings nur in Verbindung mit der Achtgang-Automatik. Der Schalter fährt ohne.
Dafür unterstützt das Auto an anderer Stelle. Zum Beispiel beim Aufwärmen der Hinterreifen vor einem Viertelmeilen-Rennen. Die Funktion „Line Lock“ blockiert die Vorderräder und lässt die hinteren durchdrehen. Eine einstellbare Launch-Control hilft beim optimalen Start. Auch eine Form der Assistenz.
Die Traktionskontrolle im Challenger hält sich zurück. In den ersten beiden Gängen wird das Heck gern lebendig, wenn es der Gasfuß will. Sogar im dritten Gang zucken die Hinterräder noch unter Volllast. Das muss man bewusst provozieren, einfach so geht der Challenger nicht quer. Wenn er die Haftung verliert, dann nur ein bisschen. Genug zum Angeben, zu wenig zum Scheitern. Aufpassen sollte man trotzdem. Vor allem, wenn die Reifen kalt, nass oder staubig sind.
Einen Mustang fahren ist gut. Einen offenen Mustang fahren besser: Hier findest Du Mustang-Cabrios auf mobile.de.
Dodge Challenger RT 6.4 (2020): Antrieb, Motor, Getriebe, Fahrleistungen | Antrieb, Motor, Getriebe, Fahrleistungen
So ist das eben, wenn viel Kraft an nur einer Achse ankommt. Kraft ist die große Stärke des Challenger R/T. Schlicht gesagt: Sein Achtzylinder ist eine Wucht! Er produziert 492 PS und 644 Newtonmeter Drehmoment. Dabei fühlt er sich so amerikanisch an wie Barbecue am 4. Juli. Ein Antrieb der alten Schule, 6,4 Liter groß, rustikal und bärenstark. Das Layout mit zwei Ventilen pro Zylinder und zentraler Nockenwelle stammt noch aus dem Erfindungsjahr des Hemi-Motors (1951).
Drumherum ist der Motor fortschrittlicher geworden. Variable Nockenwellenverstellung und Zylinderabschaltung (nur Automatik) verbessern Leistungsausbeute und Verbrauch. Trotzdem bleibt der Hemi ein schwerer Kraftbrocken, dem man das Trinken nicht abgewöhnt. 13,1 Liter sollen es laut WLTP-Norm sein. Diesen Wert trifft er punktgenau auf der zügigen Langstrecke und beim Pendeln ins Umland. In der Stadt werden daraus locker 17 Liter, abhängig von Disziplin und Fahrdauer. Auf der Autobahn ist viel mehr möglich.
Mit neumodischen Errungenschaften wie Start-Stopp-Automatik, Hybridtechnik, Direkteinspritzung oder Aufladung hält sich der größte Motor im Challenger nicht auf. Seine Kraft entstammt dem Hubraum. Das feiert er lautstark mit feinem Klang. Beim Kaltstart klingt er beinahe, als stelle noch ein Vergaser das Gemisch zusammen. Generell tönt er imposant und lauter als in Deutschland üblich.
Der Challenger ist eines der letzten Autos, die so viel Power über ein manuelles Schaltgetriebe an die Hinterachse schicken. Das funktioniert erstaunlich gut: Seine Kupplung lässt sich fein dosieren, die Übersetzungen passen in den Alltag und der Hebel flutscht knackig durch die Gassen. Beim schnellen Schalten in den dritten Gang hakt es manchmal, hier fordert die Schaltbox Sorgfalt. Der sechste Gang spart Sprit bei hohem Tempo.
Fahrwerk, Lenkung, Fahrverhalten des Dodge Challenger | Fahrwerk, Lenkung, Fahrverhalten
Die Zeiten der wabbeligen Amis, die am liebsten geradeaus fahren, sind längst vorbei. Tief im Challenger stecken europäische Einflüsse: Er basiert auf der LX-Plattform aus Daimler-Chrysler-Zeiten. Bilstein liefert das Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern. Die Bremse mit Sechskolbensätteln vorn und Vierkolbensätteln hinten stammt von Brembo.
Auf der Autobahn funktioniert der Challenger ausgezeichnet. Auch dann, wenn es schneller gehen soll als in den USA erlaubt. Das Auto liegt jenseits der 200 km/h stabil und sicher auf der Straße. In Kurven stützt es sich mit breiter Spur kräftig nach außen ab. Trotzdem spürt man die Masse von gut zwei Tonnen, die kräftig am Aufbau zerrt.
Glatten Asphalt mag der Challenger, Straßenschäden weniger. Gefühlvolles Anfedern beherrscht er nicht. Auf welligem Asphalt oder Unebenheiten kippelt sein Aufbau. Seine 305er-Reifen haken sich in Spurrillen ein. Insgesamt bewegt er sich aber agiler, als man bei seiner Größe vermuten würde. Dabei liegt der Fokus allerdings eher auf Spaß als auf Rundenzeiten.
Bei der Vorstellung des Camaro beschrieb Chevrolet den Wagen mit den Worten "Ein kleines, böses Tier, das Mustangs frisst."
Ausstattung, Preise, Kosten, Fazit zum Dodge Challenger RT (2020) | Ausstattung, Preise, Kosten und Fazit
Autos wie der Challenger sind beinahe ausgestorben. Hubraum, Handschaltung und Hinterradantrieb in dieser Kombination werden seltener, vergleichbare Karossen gibt es gar nicht. Ford oder Chevrolet bauen ihre Pony Cars allenfalls ähnlich, interpretieren sie aber moderner. Man kann den Challenger nicht wirklich rational bewerten, eher als ein Genussmittel für Petrol-Heads. Und für kleine Jungs, deren Augen bei seinem Anblick so groß werden wie die Kolben des 6,4-Liter-Hemi-Motors.
In den USA würde unser Testwagen gut 48.000 US-Dollar ohne Steuern kosten. Offiziell gibt es ihn nicht in Deutschland. Firmen wie der FCA-Generalimporteur AEC Europe holen ihn über den Teich, rüsten ihn um und verkaufen ihn über ein Händlernetzwerk. Dort kostet er dann mit gleicher Konfiguration rund 62.000 Euro.
Bei diesem Preis bleibt es: Alcantara-Ledersitze mit Heizung und Lüftung, gutes Xenonlicht, Fernlicht- und Scheibenwischerautomatik, Parkhilfen, die breite Karosserie und die dicken Räder, ein Navi mit europäischem Kartenmaterial, eine große Audioanlage. Zusätzlicher Unterbodenschutz und Garantie sind inbegriffen. Mit automatischem Getriebe kommen außerdem Abstandstempomat und Kollisionswarner hinzu. Damit ist der Challenger noch teurer als ein vergleichbarer Ford Mustang – aber viel seltener.
Dodge Challenger RT Scat Pack Widebody: Technische Daten
Modell | Dodge Challenger RT Scat Pack Widebody 6.4 |
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Motor | 6,4-Liter-V8-Saugbenziner |
Leistung | 492 PS (362 kW) b. 6.100 U/min |
Drehmoment | 644 Nm b. 4.100 U/min |
Antrieb | Sechsgang-Handschaltung, Hinterradantrieb |
0-100 km/h | 5,1 s |
Geschwindigkeit | 270 km/h |
Verbrauch | 13,1 l/100 km (WLTP) |
CO2-Ausstoß | 328 g/km |
Testverbrauch | 13,1 l/100 km |
Länge | 5.016,5 mm |
Breite | 1.989,9 mm |
Höhe | 1.459,8 mm |
Radstand | 2.950,4 mm |
Leergewicht | 2.050 kg |
Kofferraumvolumen | 460 l |
Preis des Testwagens | 62.237 Euro |