Die ungewöhnlich lange Geschichte der Elektroautos
Elektroautos sind keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Sie gibt es sogar schon länger als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. In ihren Anfangsjahren waren sie sehr beliebt, verloren aber dann den Anschluss an die Verbrenner. Das lag vor allem an ihrer geringen Reichweite. Seit den 1990er-Jahren steigt die Beliebtheit der Elektroautos wieder. Das liegt vor allem an der besseren Technik, an der besser ausgebauten Ladeinfrastruktur und an staatlichen Fördermitteln.
Die ersten Autos waren vor über 120 Jahren auf den Straßen unterwegs. Sie sahen – gemessen an unserem heutigen Geschmack – mehr wie Kutschen aus. Das wundert nicht, denn bis dahin waren von Pferden gezogene Kutschen die bevorzugten Transportmittel.
Da kannst Du Dir gut vorstellen, welche Sensation es war, als plötzlich auf den Straßen Kutschen auftauchten, die ganz ohne Pferde und nur mit dezent summenden Elektromotoren fuhren. Möglich wurde das erst mit der Entdeckung des Elektromagnetismus des britischen Forschers Michael Faraday. Ebenso wichtig war die Erfindung des ersten elektrischen Gleichstrommotors vom Amerikaner Thomas Davenport. Sie schafften die Voraussetzungen dafür, dass Tüftler an Kutschen arbeiteten, die nicht nur auf Pferde verzichteten, sondern auch noch schneller waren.
Die ersten Elektroautos sahen aus wie Kutschen
Einer der Pioniere in der Geschichte der Elektromobilität war der Franzose Gustave Trouvé. Er präsentierte 1881 in Paris ein erstes elektrisch angetriebenes Dreirad. Das Mobil war quasi der Vorreiter der ersten Elektroautos. Es fuhr mit einer Geschwindigkeit von zwölf Stundenkilometern und schaffte immerhin 26 Kilometer Reichweite.
1888 entwickelte der deutsche Maschinenfabrikant Andreas Flocken das erste Elektroauto aus Deutschland. Damit schrieb Flocken die Geschichte der Elektromobilität fort. Mit seinen vier Rädern sah Flockens Fahrzeug schon deutlich mehr nach Auto aus. Das Elektrofahrzeug war mit 15 km/h auch etwas schneller. Außerdem erhielt es für damalige Zeiten innovative Accessoires, zum Beispiel luftbereifte Räder und elektrische Scheinwerfer.
Elektroautos waren damals angesagt, weil sie im Vergleich zu den Verbrennungsmotoren viel komfortabler waren. Der größte Vorteil: Man musste die Elektrofahrzeuge beim Start nicht erst mühsam ankurbeln. Dank der Energie aus der Batterie konnte man einfach losfahren.
In den USA gab es bereits ab 1897 eine kommerzielle Produktion von E-Autos. Firmen wie die Electric Carriage & Wagon Company und die Electric Vehicle Company machten damals gute Geschäfte. 1900 betrug der Anteil der Elektrofahrzeuge in den USA knapp 40 Prozent. Jedes zweite Fahrzeug auf den Straßen New Yorks wurde damals elektrisch angetrieben. In Europa zeigte der Rennfahrer Camille Jenatzy, was mit Elektromotoren möglich war. 1899 fuhr Camille Jenatzy mit seinem raketenartig aussehenden Elektrorenner „La Jamais Contente“ sagenhafte 105,88 km/h schnell. Das war übrigens das erste Auto überhaupt in der Geschichte, das die 100-km/h-Marke übertraf.
Im selben Jahr präsentierte der Konstrukteur Ferdinand Porsche ein erstes Hybridauto. Er arbeitete damals für die Hofwagenfabrik Jacob Lohner & Co in Wien und entwickelte einen Radnabenmotor. Zwei Exemplare dieses Motors mit je 2,5 PS Leistung trieben zusammen mit einem Benzinmotor den Lohner Porsche an. Von dem Modell gab es auch eine Allradversion. In den folgenden Jahren lief das Geschäft mit den E-Autos weiter sehr gut. Auch Ford brachte eine elektrische Version des berühmten Ford Model T auf den Markt.
Als die Benziner den Elektroautos den Rang abliefen
1911 allerdings kam eine folgenschwere Erfindung auf den Markt. Der Amerikaner Charles F. Kettering präsentierte den elektrischen Starter für Benzinautos. Ein Jahr später wurde dieser bei Cadillac zur Serienausstattung. Damit waren die Autos mit Benzinmotor wieder gefragter. Sie konnten deutlich bessere Reichweiten bieten als die Elektroautos mit ihren vergleichsweise schwachen Batterien.
Als Privatfahrzeuge waren Elektrofahrzeuge in den folgenden Jahren und Jahrzehnten wenig gefragt. Allerdings blieben die E-Autos in Nischenmärkten erhalten. Als Nutzfahrzeuge im Kurzstreckenverkehr waren sie recht beliebt. In den USA und Großbritannien kamen sie zum Beispiel als Milchfahrzeuge zum Einsatz. Außerdem wurden sie für kleinere Lastentransporte wie etwa für den Transport von Fisch und Eis in Häfen und in Auktionshallen genutzt. Denn dort waren die Abgase der Verbrennungsmotoren nicht erwünscht.
In Deutschland baute DKW in den Fünfzigerjahren ein Elektrofahrzeug auf Basis des Schnelllasters. In der DDR nutzte man Elektrofahrzeuge für den Postzustelldienst in Ostberlin. Auch die Ölkrise in den Siebzigerjahren konnte das Nischendasein der E-Autos nicht wirklich ändern. Sie blieben weiter kleine Transportfahrzeuge für kurze Distanzen.
In den Sechziger- und Siebzigerjahren gab es verschiedene Versuche, mit Elektroautos weitere Nischen zu besetzen. Aber das Elektrofahrzeug von Enfield blieb ebenso erfolglos wie der Versuch, in Amsterdam ein Carsharing-System mit elektrischen Mobilen zu realisieren. Pech hatte der Hope Whisper in Dänemark. Das Fahrzeug wurde in den Achtzigerjahren entwickelt. Bei seiner offiziellen Präsentation gab es einen Unfall. Das war auch das Ende des Projekts.
Bei der Automobilausstellung IAA in Frankfurt am Main zeigte Mercedes-Benz 1969 den weltweit ersten Hybridbus OE 302. Der Elektromotor hatte eine Leistung von 205 PS. Allerdings wog allein die Batterie des Busses schon 3,5 Tonnen. Die Reichweite betrug rund 55 Kilometer, die Höchstgeschwindigkeit immerhin 70 km/h.
Der neue Aufschwung in den Neunzigerjahren
Erst in den Neunzigerjahren gab es wieder vielversprechende Ansätze rund um die E-Mobilität. Dazu hat zum einen wohl auch der Golfkrieg beigetragen, der die Abhängigkeit vom Erdöl zumindest zeitweise infrage stellte. Außerdem wurden in Kalifornien die Umweltauflagen verschärft.
BMW zeigte bereits 1991 den Prototyp E1, der mit einer Natrium-Schwefel-Batterie ausgestattet war. Der Schweizer Swatch-Gründer Nicolas Hayek veröffentlichte wenig später seine Pläne, einen Kleinstwagen auf den Markt zu bringen, der auch mit einem Elektroantrieb ausgestattet sein sollte. Aus dem Swatch-Car wurde später der Smart, als Mercedes-Benz das Projekt übernahm. Allerdings blieb der Elektroantrieb zunächst auf der Strecke.
Auch VW beschäftigte sich mit dem Elektroantrieb. Der CityStromer, eine elektrische Version des VW Golf, wurde aber nicht frei verkauft, sondern nur an ausgesuchte Abnehmer gegeben. Parallel entwickelte sich auch die Batterietechnologie weiter, denn die alten Bleibatterien waren schwer und wenig effizient. Die neuen Lithium-Ionen-Batterien versprachen Besserung.
Toyota brachte 1997 mit dem Prius eine erste Version des später sehr erfolgreichen Plug-in-Hybrids auf den Markt. Außerdem lieferte Toyota auch rund 1.500 Exemplare des elektrisch angetriebenen Geländewagens RAV4 aus. Bei Mercedes-Benz entstand damals eine elektrische Version der neuen A-Klasse, die aber schnell wieder verworfen wurde. Mercedes brachte die A-Klasse dann zunächst nur mit Verbrennungsmotoren auf den Markt.
Der erste Tesla und ein elektrisches Kultauto in Hollywood
Es sollten noch einige Jahre vergehen, bis sich Elektroautos auf dem Markt wirklich etablieren konnten. Einzig der Toyota Prius schaffte es vor allem in Kalifornien, mit dem neu entfachten Umweltbewusstsein einen Kultstatus zu erlangen. Etliche Hollywood-Stars zeigten sich im Prius, um zu demonstrieren, dass sie sich für die Umwelt stark machen.
2008 war schließlich das Premierenjahr von Tesla. Mit dem Tesla Roadster brachte das Start-up-Unternehmen einen schnittigen Zweisitzer mit Stoffdach. Der Roadster zeigte, dass E-Autos nicht nur ökologisch sinnvoll sein können, sondern auch viel Fahrspaß bieten. Das Modell glänzte mit exzellenten Fahrleistungen dank üppigem Drehmoment. Damit setzte Tesla neue Maßstäbe in der Elektromobilität.
Das sollte die 2012 vorgestellte Limousine Tesla Model S noch steigern. Der sportlich designte, viertürige Tesla entwickelte sich rasch zu einem Kultfahrzeug, das mit seinen herausragenden Fahrleistungen und seinem innovativen Design samt dem riesigen Touchscreen in der Mitte des Armaturenbretts viele Kunden von der Elektromobilität überzeugte. Tesla entwickelte sich zum Trendsetter. Das Unternehmen zeigte mit den Fahrleistungen seiner Modelle und Reichweiten von 300 bis 400 Kilometern, dass die Elektromobilität den Kinderschuhen entwachsen ist.
In Europa tat sich der Tesla Roadster anfangs noch schwer. Das lag vor allem daran, dass Lademöglichkeiten fehlten, Schnellladestationen noch nicht verfügbar waren und das Aufladen an der normalen Steckdose sehr viel Zeit in Anspruch nahm. 2016 ergänzte das Model X das Tesla-Produktportfolio. Das erste elektrische SUV auf dem Markt überzeugte trotz eines Leergewichts von 2,5 Tonnen mit der Technik des Model S, mit sportlichen Fahrleistungen und soliden Reichweiten von 300 bis 400 Kilometern. Allerdings kostete das Modell rund 100.000 Euro.
Bereits 2009 startete mit dem Mitsubishi i-MiEV das erste Großserienauto mit reinem Elektroantrieb. 2010 folgte der Nissan Leaf. Das Modell war über viele Jahre das meistverkaufte Elektroauto weltweit.
2013: Deutsche Hersteller bringen Elektrofahrzeuge auf den Markt
2013 war schließlich das Premierenjahr der Elektromodelle von deutschen Herstellern. VW präsentierte seinen e-up, BMW den i3. Der i3 hatte anfangs noch einen Range Extender, einen kleinen Verbrennungsmotor, als zusätzliche Unterstützung und Reichweitenverlängerer.
2014 folgten mit dem Ford Focus Electric und dem VW e-Golf wichtige Vertreter in der Kompaktklasse. 2018 kam Teslas Model 3 auch nach Europa. Das US-amerikanische Mittelklassemodell erhielt einige Vorschusslorbeeren, litt aber unter langen, produktionsbedingten Verzögerungen.
Besondere Fahrzeuge: Elektro-Supersportwagen
Auch ein paar Supersportwagen mit Elektroantrieb finden sich am Markt und zeigen, dass ein Supersportwagen auch elektrisch angetrieben werden kann. Ein Vertreter ist das kroatische Unternehmen Rimac Automobili. 2013 brachte das Unternehmen den 1.088 PS starken Concept One auf den Markt. Das Fahrzeug beschleunigt von null auf 100 km/h in 2,8 Sekunden und ist der erste elektrische Supersportwagen. Bis Oktober 2014 wurden acht Fahrzeuge verkauft, 2016 brachte Rimac Automobili die zweite Generation des Concept One. Dessen Leistung war noch mal höher – sie lag bei 1.224 PS. Damit konnte das Modell in 2,5 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen.
Auf dem Genfer Autosalon 2018 präsentierte Rimac Automobili den Concept Two. Der zweisitzige Supersportler mit Elektroantrieb hat 1.912 PS und schafft eine Höchstgeschwindigkeit von 412 km/h. Seine Reichweite liegt bei bis zu 650 Kilometern. Das Fahrzeug soll in niedriger Stückzahl produziert werden. Sein Preis liegt bei rund 1,5 Millionen Euro. Die geplante Auslieferung ist im ersten Quartal 2020.
Auch Tesla kündigte für 2020 einen neuen Roadster an. Die Neuauflage des ersten Tesla-Modells – der Tesla Roadster wurde von 2006 bis 2012 produziert – soll eine Leistung von 900 PS, ein Drehmoment von maximal 10.000 Nm und eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 400 km/h bieten und in unter zwei Sekunden auf 100 km/h beschleunigen. Auch mit der Reichweite des Fahrzeugs will Tesla beeindrucken: Elon Musk kündigte 1.000 Kilometer Reichweite an.
Die Meilensteine in der Geschichte der Elektromobilität
- 1821: Michael Faraday entdeckt den Elektromagnetismus
- 1834: Thomas Davenport erfindet den Gleichstrommotor
- 1881: Das erste elektrische Dreirad von Gustave Trouvé
- 1888: Das erste deutsche Elektroauto mit vier Rädern von Andreas Flocken
- 1899: Ferdinand Porsche präsentiert das erste Hybridauto
- 1970: Mercedes-Benz zeigt den weltweit ersten Hybridbus
- 1997: Das erste Hybridmodell des Toyota Prius geht an den Start
- 2008: Tesla präsentiert mit dem Tesla Roadster das erste Serienmodell
- 2009: Mit dem Mitsubishi i-MiEV startet das erste Großserienauto mit reinem Elektroantrieb
- 2013: BMW i3 und VW e-up kommen auf den Markt
- 2018: Teslas Model 3 kommt nach Europa
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