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Ein roter VW Caddy steht vor einer Wand aus rotem Backstein
Quelle: Peter Besser
Der VW Caddy muss sich im Alltagstest beweisen - optisch macht er das in knalligem rot schon recht gut

Der VW Caddy ist ein Arbeitstier. Gemessen an seiner Abstammung und noch mehr am Anspruch: Es geht um viel Platz und hohe Lasten - in diesem Fall für den privaten Gebrauch. Modern und betont sportlich reist man in anderen Autos. Hier gibt es einen  Pragmatiker zum vertretbaren Preis. Doch der Hochdachkombi, ein Modell zwischen Van und Kastenwagen, hat konzeptbedingte Schwächen. Nach zwei sachlich-kühlen Wochen im Caddy Trendline mit 102 PS starkem Diesel und 5-Gang-Handschaltung kennen wir gute Gründe, sie zu ignorieren. 

Abmessungen, Platzangebot, Karosserie

Der Caddy steht irgendwo zwischen Kastenwagen und Van – und ist damit eine solide Option für den Personen-Transport. Jedenfalls in der getesteten, zivilsten Form. Die ist zur Nutzung als regulärer Pkw gedacht, wenngleich das Auto streng genommen aus Volkswagens Nutzfahrzeugsparte stammt. Das kennt man von den anderen Hochdachkombis auf dem Markt.

Die Bürgerlichkeit zeigt sich an der Dachreling sowie an den lackierten Stoßfängern und Türgriffen, beides ist jedoch erst ab der Ausstattungslinie „Comfortline“ serienmäßig. 4,41 Meter ist der Caddy lang, hinter der weit aufschwingenden Heckklappe liegen bis zu 3.030 Liter Stauraum. Für das maximale Volumen und eine Camping-taugliche ebene Ladefläche von 1,78 Metern Länge muss man die Sitze der zweiten Reihe entnehmen. Sie springen über einen Zug an einer Lasche aus ihrer Verankerung. Den Einzelsitz auf der rechten Seite hebt man locker durch die serienmäßige Schiebetür. Die verbliebene Doppel-Bank ist schwieriger auszubauen – selbst wenn der Caddy über die zusätzliche Schiebetür-Öffnung auf der linken Seite verfügt (Serie ab „Trendline“).

Bleiben die Sitze im Fahrzeug, können die Lehnen umgelegt oder mitsamt der Sitzfläche nach vorne geklappt werden. Bei Bestuhlung für fünf Personen in zwei Reihen passen 918 Liter in den Caddy. Manch ähnlich großer Van fasst mehr. Doch was im Caddy nicht in den Kofferraum passt, kann im großen Fach über den Köpfen der Front-Passagiere (Serienmäßig) verstaut werden. Richtig knapp wird es mit der optionalen, dritten Sitzreihe im Heck. 121 Liter Stauraum sind für die Reise zu siebt mager. Dann ist die um 47 Zentimeter gestreckte Version mit längerem Radstand (Caddy Maxi) die bessere Option.

Innenraum, Verarbeitung, Materialien

Cockpit und Armaturenbrett des VW Caddy
Quelle: Peter Besser
Optisch fast wie im echten Pkw: Das Cockpit des Caddy besteht jedoch weitgehend aus Hartplastik

Man kann ein Auto aus dem Nutzfahrzeug-Eck holen, holt aber niemals den Nutzfahrzeug-Charakter aus allen Ecken des Autos. Oder so ähnlich. Der Innenraum des Caddy kommt dem eines Pkw seit dem Facelift von 2015 sehr nah. Die vorderen Sitze lassen sich über einen breiten Bereich verstellen. Wer nicht auf eine besonders hohe Position des (in Länge und Höhe verstellbaren) Lenkrades besteht, findet eine Sitzposition, die der in kleineren VW-SUV ähnelt. Wie bei T-Roc oder T-Cross fertigt Volkswagen das Armaturenbrett aus hartem Plastik. Gepolsterte Flächen sind rar und mäßig unterfüttert. Was den Caddy-Innenraum von gängigen Pkw-Interieurs unterscheidet, ist die Sachlichkeit an der Grenze zum Biederen. Fond-Passagieren zwingen die Sitze eine recht aufrechte Position auf, außerdem erreicht sie der Luftstrom aus den tief verbauten Lüftungsdüsen kaum. Kühlung bringen die optionalen Schiebefenster (rund 310 Euro pro Seite), klassische versenkbare Scheiben gibt es für hinten nicht.

Vorteil der Sachlichkeit im Innenraum: Das großflächig verbaute Plastik ist pflegeleichter als piekfeines Leder, außerdem wirkt die Innenausstattung robust. Beides schätzt man spätestens, wenn die Kinder kleckern oder das Mountainbike vor Schlamm trieft.

Antrieb, Motor, Getriebe

Für den Caddy bietet VW aktuell einen 131 PS starken Benziner und eine 110 PS starke Erdgas-Variante an. Diesel gibt es mit 75, 102, 120 und 150 PS. Der zweitschwächste Selbstzünder treibt über ein manuelles Fünfgang-Getriebe die Vorderräder unseres Testwagens an. Allrad ist eine Option, allerdings momentan nur in Kombination mit den beiden größeren Diesel-Aggregaten.

Für unseren 2,0-Liter-Vierzylinder hat VW grundsätzlich ein optionales 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe im Angebot. Aktuell lässt sich die rund 2.300 Euro teurere Option nicht konfigurieren, da noch der Abgas-Zertifizierungsprozess für einzelne Antriebe läuft.

In diesem Fall ist das verkraftbar, denn der Handschalter harmoniert gut mit dem 250 Newtonmeter kräftigen Aggregat. Laut Datenblatt liegt das maximale Drehmoment konstant von 1.300 bis 2.800 Umdrehungen an, die maximale Leistung bei 2.900 bis 4.000 Umdrehungen. Heißt: Man fährt den 102 PS-Diesel gerne im Drehzahlkeller, wo das Aggregat leise und genügsam arbeitet. Im zähen Stadtverkehr zeigte der Bordcomputer einen Verbrauch von 6,8 Litern. Bei gemächlicher Fahrt über die Landstraße und wenig Druck auf der Autobahn unterbietet man die Herstellerangabe von 5,8 Litern (kombiniert). Vortrieb lässt sich am spontansten zwischen etwa 1.900 und 3.500 Umdrehungen abrufen – darüber nimmt der Lärm überproportional zum Schub zu. Nachlegen macht Laune: Der tief montierte Schalthebel lässt sich präzise durch die Gassen führen, die Schaltwege sind angenehm kurz.

Fahrwerk, Lenkung, Fahrverhalten

Ein roter VW Caddy mit Alufelgen in der Seitenansicht
Quelle: Peter Besser
Mit seiner Länge von 4,41 Metern fällt der VW Caddy noch überschaubar kurz aus

Der VW Caddy fährt sich insgesamt spaßiger als die Optik vermuten lässt. Das Dreispeichen-Lenkrad liegt gut in der Hand, hängt an einer präzisen Lenkung mit direkter Übersetzung – jedenfalls für ein Modell ohne sportlichen Anspruch. Verziehen sei somit, dass der Lenkwiderstand gering ausfällt und es keinen Fahrmodus-Schalter gibt, der die Lenkung straffen kann. Dass der Aufbau bei 1,86 Metern Fahrzeughöhe wankt; dass scharfe Lenkimpulse vom weichen Fahrwerk an der Vorderachse verschluckt werden. Immerhin filtern die vorderen Federbeine Kopfsteinpflaster weitgehend problemfrei, geben erst härtere Schläge weiter. So weit, so ähnlich wie im herkömmlichen Pkw.

Ein Bauteil beeinträchtigt Gleiten wie Glühen und outet den Caddy als Nutztier: Die starre Hinterachse mit Blattfedern. Bei zügiger Fahrt neigt sie über Fugen zum Versetzen. Sie federt über Wellen nach und dämpft harte Kanten unzureichend. Warum VW die im Grunde antiquierte Lösung einbaut? Weil sie hohe Nutzlasten ermöglicht. Der ab 1.643 Kilogramm schwere Caddy kann mehr als 600 Kilogramm laden und bis zu 1.500 Kilogramm ziehen. Zum Zugfahrzeug wird der Caddy über eine fest montierte (rund 642 Euro) oder abnehmbare Anhängevorrichtung (910 Euro).   

Infotainment, Radio, Bedienung

Sachlichkeit bringt Vorteile: In einem Caddy-Cockpit findet sich jeder schnell zurecht. Selbst wenn das aufwändigste Infotainment-System in der Mittelkonsole steckt. Beim Discovery-Media-System (rund 1.280 Euro) wählt man über die Tasten links und rechts des Screens den Themenbereich, nimmt über den Touch-Bildschirm die Einstellungen vor. Manches lässt sich über die Tasten des Multifunktions-Lenkrads (rund 261 Euro) und den Bordcomputer mit farbigem Display (rund 232 Euro) bedienen.

Die Klimaanlage steuert man getrennt von alledem, über die Regler im oberen Bereich der Mittelkonsole. Praktischer wäre die umgekehrte Anordnung – also Screen oben, Temperaturregelung unten. Es scheitert an den Platzverhältnissen hinter dem Armaturenträger.

Assistenzsysteme, Sicherheit

Blick durch die Seitentür auf die Vordersitze des VW Caddy
Quelle: Peter Besser
Die Sitzposition im Caddy unterscheidet sich nur wenig von der in den kleineren VW-SUVs

Mit der Modellpflege fanden die gängigen Fahrassistenten ins Programm. Die Pkw-Variante kommt serienmäßig mit einem Notbremsassistenten. Gegen Aufpreis gibt es den adaptiven Tempomaten ACC (rund 273 Euro), mit dem sich der Caddy über Stereo-Kamera und Radar-Sensor an das vorausfahrende Auto hängt. Außerdem einen Einparkassistent (rund 1.071 Euro inklusive Parkpiepser und Rückfahrkamera). Dieser nimmt dem Fahrer beim Einfädeln in die Lücke die Lenkarbeit ab. Hinzu kommen Spurhalteassistent (rund 309 Euro) und Verkehrszeichenerkennung (knapp 500 Euro in Kombination mit dem Fernlicht-Assistent). Einen Toter-Winkel-Warner gibt es nicht.

Wegen der großen Fensterflächen und Spiegeln vermisst man ihn selten. Die übrigen Assistenten leisten sich Fehler. Das Notbremssystem schlägt mehrfach ungerechtfertigt an. Immerhin erkennt es Irrtümer früh und belässt es bei Warnungen. Die Parkpiepser geben im Alltagstest ebenfalls bei mehreren Gelegenheiten falschen Alarm. Das ACC arbeitet zuverlässiger, erkennt stehende Kolonnen allerdings spät.

Ausstattung und Preise

Der Volkswagen Caddy ist in vier Ausstattungslinien erhältlich: Beim Caddy „Conceptline“ (ab 23.306 Euro mit dem gefahrenen Antriebsstrang) sind Stoßfänger und Türgriffe noch unlackiert er steht auf 15-Zoll-Stahlrädern. In der zweiten Ausstattungslinie „Trendline“ kostet unser Caddy ab 24.960 Euro. Dann sind Außenspiegelgehäuse und Schiebetür-Abdeckung in Wagenfarbe lackiert. Außerdem ist das Basis-Radio „Composition-Audio“ enthalten. Die dritte Ausstattungslinie „Comfortline“ ist deutlich teurer. Ab rund 28.227 Euro trägt der Caddy lackierte Stoßfänger und eine schwarze Dachreling, erst hier ist die Klimaanlage serienmäßig. Die Top-Linie „Highline“ verfügt über eine silber lackierte Dachreling und Chromleisten an Seite wie Heck. Zu Preisen ab rund 30.833 Euro gehören außerdem 16-Zoll-Leichtmetallfelgen, eine Zwei-Zonen-Klimaanlage und das Multifunktionslenkrad zum Serienumfang. Daneben offeriert Volkswagen aktuell den Caddy Alltrack mit Offroad-Optik (ab rund 29.798 Euro) und das Camping-Modell Caddy Beach (ab rund 27.870 Euro) sowie zwei Sondermodelle.

Insgesamt ist der Caddy preiswert, aber nicht das günstigste Modell seiner Art. Zugegeben, Volkswagens geringfügig größerer Touran (ab 30.645 Euro mit 150 PS Benziner) kostet mehr. Dafür ist der Van innen nobler. Günstigere Basistarife und einen ähnlich sachlichen Zugang gibt es bei Opels Hochdach-Kombi Combo Life (ab 21.645 Euro mit 110 PS Benziner und Handschaltung). Etwas flippiger reist die Familie in den technisch verwandten Citroën Berlingo (ab 20.440 Euro mit 110 PS-Benziner) oder Peugeot Rifter (ab 21.870 Euro mit 102 PS Diesel und Handschaltung). Allerdings kommen farbenfrohe Details und gewagte Innenraum-Konzepte erst mit den höheren Ausstattungslinien.

Die Rückbank des VW Caddy lässt sich umklappen, wirklich nutzbar wird der große Laderaum jedoch erst nach dem Ausbau
Quelle: Peter Besser
Die Rückbank des VW Caddy lässt sich umklappen, wirklich nutzbar wird der große Laderaum jedoch erst nach dem Ausbau

Unser Test-Caddy in der Trendline-Variante kostet insgesamt knapp 35.240 Euro. Größte Preistreiber sind die genannten Assistenten, das große Infotainment-System, die Klimaanlage (ab rund 1.832 Euro) und die mehr als 1.100 Euro teuren 16-Zoll-Alus. Außerdem verlangt VW rund 230 Euro für den Lack an den Stoßfängern. Heißt auch: Wer auf den optischen Auftritt wert legt (und ohne Chrom leben kann), findet in der „Comfortline“ womöglich den besseren Deal. Der getestete, 102 PS starke Diesel kommt mit dem Modell problemlos zurecht. Die nach Euro 6 d-Temp zertifizierten Selbstzünder mit SCR-Kat sind in absehbarer Zeit vor Fahrverboten sicher.

VW Caddy Fazit: Für pragmatische Familien

Unabhängig von Ausstattungslinie und Antriebsstrang richtet sich der Caddy an pragmatisch orientierte Kunden. Klar sind gesteigerter Platzbedarf und großer Familienkreis gute Gründe für einen Caddy. Doch um mit diesem Nutzfahrzeug in Pkw-Konfiguration wirklich glücklich zu werden, muss man empfänglich sein für dessen nüchternen Charme. Für die sachliche Art der Pflichterfüllung über einen breiten Bereich. Mit wandlungsfähigem Innenraum und zu vertretbaren Preisen.

Technische Daten VW Caddy (Facelift ab 2015)

  • Modell: VW Caddy Trendline
  • Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel
  • Leistung: 102 PS (75 kW) bei 2.900 bis 4.000 U/min
  • Drehmoment: 250 Nm bei 1.300 bis 2.800 U/min
  • Getriebe: 5-Gang-Handschaltung, Frontantrieb
  • 0-100 km/h: 12,9 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 172 km/h
  • Verbrauch laut Hersteller: 5,8 l/100 km
  • CO2: 151 g/km
  • Abgasnorm: Euro 6 d-Temp
  • Abgasreinigungssystem: SCR-Katalysator
  • Länge: 4.408 mm
  • Breite: 1.793 mm (ohne Außenspiegel)
  • Höhe: 1.858 mm
  • Leergewicht: ab 1.643 kg (inkl.Fahrer und Flüssigkeiten)
  • Zulässiges Gesamtgewicht: 2.275 kg
  • Anhängelast: 1.500 kg (gebremst)
  • Kofferraum: 121 l (7 Sitze), 918 l bis 3.030 l (5 Sitze)
  • Erhältlich seit: Herbst 2015

Der VW Caddy im Alltagstest - Bildergalerie

Ein roter VW Caddy steht vor einer Wand aus rotem Backstein
Ein roter VW Caddy mit Alufelgen in der Seitenansicht
Ein roter VW Caddy in der Heckansicht
Der Kofferraum des VW Caddy fasst in fünfsitziger Konfiguration 918 Liter
Die Rückbank des VW Caddy lässt sich umklappen, wirklich nutzbar wird der große Laderaum jedoch erst nach dem Ausbau
Blick auf die Rückbank des VW Caddy
Cockpit und Armaturenbrett des VW Caddy
Blick durch die Seitentür auf die Vordersitze des VW Caddy
Ein VW Caddy in rot in der Frontansicht
Quelle: Peter Besser
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Der VW Caddy muss sich im Alltagstest beweisen - optisch macht er das in knalligem rot schon recht gut
Quelle: Peter Besser
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Mit seiner Länge von 4,41 Metern fällt der VW Caddy noch überschaubar kurz aus
Quelle: Peter Besser
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Hinter die große, weit nach oben schwingende Heckklappe des VW Caddy passen bis zu 3.030 Liter Ladung
Quelle: Peter Besser
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In fünfsitziger Konfiguration passen 918 Liter ins Heckabteil des VW Caddy
Quelle: Peter Besser
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Die Rückbank des VW Caddy lässt sich umklappen, wirklich nutzbar wird der große Laderaum jedoch erst nach dem Ausbau
Quelle: Peter Besser
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Passagiere auf der Rückbank werden in eine ziemlich aufrechte Sitzposition gezwungen
Quelle: Peter Besser
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Optisch fast wie im echten Pkw: Das Cockpit des Caddy besteht jedoch weitgehend aus Hartplastik
Quelle: Peter Besser
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Die Sitzposition im Caddy unterscheidet sich nur wenig von der in den kleineren VW-SUVs
Quelle: Peter Besser
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Nicht schick, aber praktisch: Der VW Caddy zeigt im Alltagstest, dass die Fahrzeugklasse für Familien sinnvoll ist
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