Der Seat Ibiza mit Erdgas im Alltagstest
Seat gibt Gas. Den Seat Ibiza gibt es als 1.0 TGI mit CNG-Antrieb. Das spart Geld und erfordert nur kleine Kompromisse. Der Seat Ibiza 1.0 TGI im Alltagstest.
- Kofferraumvolumen, Platzangebot, Abmessungen
- Innenraum, Verarbeitung, Materialien
- Infotainment, Radio, Bedienung
- Assistenzsystem und Sicherheit
- Antrieb, Motor, Getriebe, Fahrleistungen
- Fahrwerk, Lenkung, Federung, Fahrverhalten
- Ausstattung, Preise, Kosten
- Fazit Seat Ibiza 1.0 TGI: Sparen mit CNG
- Seat Ibiza 1.0 TGI: Technische Daten
Nur wenige Autos in der kleinen Klasse fahren mit Erdgas. Der Seat Ibiza ist eines davon. In der Theorie heißt das: niedrige Kosten, wenig Verbrauch und geringer CO2-Ausstoß. In der Praxis gibt es kleine Abstriche. Zum Teil hängen die am Erdgas-Antrieb, zum Teil am Seat Ibiza selbst. Wir waren zwei Wochen lang mit dem Ibiza 1.0 TGI im Alltag unterwegs.
Kofferraumvolumen, Platzangebot, Abmessungen
Kleinwagen sind ganz schön groß geworden. Unter vier Metern macht es kaum noch einer. Vorteil des Wachstums: Die Kleinen können großes Gepäck einladen. Beim Erdgas-Ibiza muss man jedoch Abstriche machen, der Erdgastank klaut Stauraum. Statt 355 Litern lädt der TGI nur 262 Liter ein. Bei umgelegter Rückbank (zweigeteilt im Verhältnis 1/3 zu 2/3) werden es 1.072 Liter. Nicht eben viel, doch der Raum geht erst unter dem doppelten Boden verloren. Im Alltag merkt man den Unterschied selten. Und immerhin entsteht bei umgelegten Rückenlehnen keine Stufe.
Das Platzangebot auf der Rückbank ist nicht übel am Kopf und großzügig vor den Knien. Jedenfalls fürs Segment. In vielen Kompaktwagen sitzt man nicht besser. Nur auf dem Mittelplatz wird es naturgemäß etwas unbequemer. Fahrer und Beifahrer haben viel Luft. Das Fach unter der Mittelarmlehne fällt jedoch nicht sehr groß aus. Praktisch: Vorne in der Mittelkonsole gibt es einen großen, gummierten Schacht fürs Smartphone. Ab der Ausstattung Xcellence außerdem eines unter dem Fahrersitz (nicht unbedingt für das Smartphone).
Innenraum, Verarbeitung, Materialien
Hartplastik-Freunde werden glücklich im Seat Ibiza. Die Türverkleidung besteht nicht nur hinten daraus, sondern auch vorne. Und der obere Bereich des Armaturenbretts. Die Konkurrenz aus dem VW-Konzern setzt hier zumindest in den oberen Ausstattungslinien auf Soft-Touch. Wirklich schöner wird der VW Polo dadurch jedoch nicht. Man sieht dem Seat das harte Material nämlich nicht an, die matte Oberfläche täuscht unterschäumtes Plastik vor. Im Testwagen mit der Ausstattung FR bringt Seat zudem in Griffweite gepolstertes Leder-Imitat mit roten Nähten an. Das sieht gut aus und fühlt sich gut an.
Die mit einer Kombi aus Kunstleder und Microfaser bezogenen Sitze können sich ebenfalls sehen lassen und man sitzt gut darauf. Leider kostet das "Sitz-Paket Dinamica" auch für die Ausstattung FR noch 450 Euro Aufpreis. Die Verarbeitung gelingt insgesamt solide. Nichts wackelt oder knarzt, alle Nähte sind sauber gezogen, die Fugen präzise gesetzt.
Infotainment, Radio, Bedienung
Im Testwagen steckt das große Infotainment-System mit "Plus" inklusive Navi. Der acht Zoll große Touchscreen ist gut in Reichweite platziert. Die Grafiken wirken bei anderen Konzernmarken etwas schicker, doch die Menüführung ist simpel und intuitiv. Wir wünschen uns umfangreichere Verbrauchsstatistiken, schließlich fährt man ein CNG-Auto ja auch zum Sparen. Gut: Standorte von Tankstellen, die den alternativen Kraftstoff anbieten, lassen sich schnell übers Navi-Menü einblenden und als Ziel übernehmen. Noch schöner wäre es, wenn man sie als Zwischenziel in die laufende Routenführung einbinden könnte.
Die Smartphone-Standards Android Auto und Apple CarPlay beherrscht das System aus dem Effeff, allerdings kostet die Funktion 190 Euro extra. Immerhin lassen sie sich schon für das kleine System mit 6,5-Zoll-Display ordern, das ab der Basis-Ausstattung Reference im Fahrzeug steckt. Allerdings nur beim TGI, alle anderen Modelle brauchen die zweite Ausstattung Style dafür.
Assistenzsystem und Sicherheit
Serienmäßig bremst der Seat Ibiza im Notfall im Stadtverkehr automatisch, auch für Fußgänger. Mehr Assistenten stecken vorerst nicht im Auto. Erst ab Xcellence oder der sportlicher gedachten FR-Ausstattung hält der Ibiza die Geschwindigkeit und warnt müde Fahrer. Viel mehr gibt es nicht. Der Abstandstempomat (ACC) kostet für den Testwagen 460 Euro und beinhaltet den schlüssellosen Zugang. Wer Hilfe beim Einparken braucht, zahlt mindestens 270 Euro für Parkpiepser hinten oder 525 Euro für vorne und hinten sowie die Rückfahrkamera. Die verschmutzt jedoch leicht.
Antrieb, Motor, Getriebe, Fahrleistungen
Seat sucht sein CO2-Heil im Erdgas – und versucht, Fahrzeuge, die mit "Compressed Natural Gas" (CNG) angetrieben werden, in den Markt zu drücken. Wir hatten zunächst nach einem Testwagen gefragt, der ausschließlich mit Benzin fährt, haben uns aber überzeugen lassen, den Kleinwagen mit bivalentem Antrieb zu testen. Der Seat Ibiza verfügt neben seinem Gasspeicher über einen kleinen Benzintank. Ist das Gas alle, schaltet er automatisch auf Benzinbetrieb um.
Weil CNG einen höheren Energiegehalt hat als Diesel oder Benzin, fallen bei der Fahrt geringere CO2-Emissionen pro Kilometer an. Für viele Autofahrer vermutlich wichtiger: Das Kilo Erdgas kostet weniger. Wir tanken für 1,16 Euro pro Kilo. Bei einem Normverbrauch von 3,3 Kilo auf 100 Kilometer fährt man also theoretisch extrem günstig.
In der Praxis relativiert sich das etwas. Wir bewegen den Seat viel im Stadtverkehr, ein wenig über Land und auf überwiegend limitierten Autobahnen, aber nicht ohne kurze zügige Abschnitte. Im Schnitt kamen wir so auf einen Verbrauch von 4,8 Kilo. Für ein kleines Erdgas-Auto nicht unbedingt rekordverdächtig, der größere Seat Leon war im Test sparsamer. Im Vergleich zum Diesel (oder Benziner) dennoch sparsam. Der komplett gefüllte CNG-Tank reicht im Test für rund 320 Kilometer. Offiziell passen 13,8 Kilo rein, doch das ist konservativ gemessen. Wir brachten 14,4 Kilo unter. Macht rund fünf Euro für 100 Kilometer. Als Diesel dürfte der Ibiza also rund 4 Liter verbrauchen. Angesichts des Fahrprofils kaum realistisch.
Im Betrieb verhält sich der Ibiza mit Gas kaum anders als ohne. Aber eben doch ein wenig. Im Vergleich zum 1,0-Liter-TSI fehlen ihm fünf PS (90 statt 95) und 15 Newtonmeter Drehmoment. Dazu liegen die 160 Nm erst bei 1.900 Touren an. Der Benziner liefert seine 175 Nm 400 Umdrehungen früher. Obwohl Seat dem TGI ein manuelles Sechsgang-Getriebe spendiert (der TSI hat nur fünf Gänge), landet man beim Abbiegen und beim Anfahren öfter im Turboloch. Gerade in der Stadt kann das nerven, weil man ums Eck in den 1. Gang schalten müsste, um gut vorwärtszukommen. Schaltarbeit ist also nötig, aber man passt sich an. Sport sucht man mit diesem Motor ohnehin vergebens, für hohe Autobahn-Geschwindigkeiten gibt es auch bessere Modelle.
Fahrwerk, Lenkung, Federung, Fahrverhalten
Sportlichkeit gehört eigentlich zu den Kernwerten bei Seat. Mit Erdgas im Tank verträgt sich das unserer Ansicht nach nur bedingt, aber sei's drum. Der Ibiza setzt das Sportgefühl trotzdem um. Mit einem straffen Fahrwerk. Auf holprigem Belag kippelt der Kleinwagen merklich, der Abrollkomfort könnte besser sein. So richtig souverän wirkt das gesamte Federungsverhalten nicht. Unangenehm fühlt sich der kleine Seat aber auch nie an. Es gibt eben komfortablere Autos im Segment.
Die Sechsgang-Handschaltung arbeitet ausreichend präzise, wirkt jedoch eine Spur zu knochig für unseren Geschmack. Die Gänge rasten zwar mit guter Rückmeldung ein, flutschen aber nicht. Zügig geht es trotzdem durch die Gassen, dazu liegt das Lenkrad gut gewichtet in der Hand. Es vermittelt zudem ausreichend Gefühl und hält den Ibiza präzise in der Spur. Daran scheitert der Sport jedenfalls nicht, eher schon am Motor. Und am Willen zum Sparen.
Ausstattung, Preise, Kosten
Beim Blick in die Preisliste überrascht der Ibiza: Mindestens 14.990 Euro kostet er mit 1,0-Liter-Benziner und 80 PS. Der VW Polo auf der gleichen Basis (MQB-A0) ist mit 14.285 Euro etwas günstiger (09/2019). Und dabei nicht schlechter ausgestattet. Doch wer kauft schon die Basis. Beim getesteten TGI sieht die Sache anders aus. Der startet bei 17.620 Euro, VW bietet den Motor im Polo erst ab der Comfortline für 20.550 Euro an. Für nur 30 Euro mehr – also für 20.580 Euro – gibt es den Ibiza in der Ausstattung Xcellence oder wie getestet als FR, also mit besserer Ausstattung als im Polo.
Eine der beiden Varianten empfehlen wir. Der Seat Ibiza Style bringt für 19.070 Euro nur wenig Mehrwert, da beim TGI das größere Infotainment-System schon in der Basis dabei ist. Xcellence und FR ergänzen die Klimaautomatik, das Fahrassistenz-Paket und einige andere Kleinigkeiten. Wir würden noch LED-Scheinwerfer nehmen (LED-Tagfahrlicht gibt es schon beim Ibiza Style serienmäßig) und eventuell das große Infotainment mit 8-Zoll-Bildschirm und Navi.
Und außerdem lieber die Xcellence-Ausstattung als FR. Die kommt ohne Sportfahrwerk. Das mag für den Seat Ibiza ohne Erdgas sinnvoll sein, beim CNG-Modell erscheint es unpassend. Die sparsame Alternative muss nicht um die Ecken flitzen, finden wir. Dafür darf sie gerne nachgiebiger federn.
Fazit Seat Ibiza 1.0 TGI: Sparen mit CNG
Die Idee von Seat, den CO2-Ausstoß mit vielen Erdgas-Modellen im Angebot zu senken, ergibt Sinn. Vom Seat Ibiza hätten wir uns jedoch einen etwas geringeren Verbrauch gewünscht. Bei einem anderen Fahrprofil mit weniger Autobahn und Stadtverkehr, dafür mit mehr Landstraße, wird der Spareffekt größer. Finanziell lohnt es sich allerdings schon so, CNG zu tanken, sogar ein kleiner Diesel wäre teurer gewesen.
Den ein oder anderen Umweg mussten wir mit dem Seat Ibiza jedoch in Kauf nehmen. Auf dem Weg in die Redaktion gibt es zwar einige Tankstellen, aber keine davon bietet Erdgas an. Die große Reichweite mit CNG mildert das Problem jedoch. Und geringere Emissionen als mit Benzin oder Diesel fährt man damit allemal raus. Der Seat Ibiza an sich funktioniert als Kleinwagen prima, in einer weniger sportlichen Ausstattung hätte er uns jedoch noch besser gefallen.
Seat Ibiza 1.0 TGI: Technische Daten
Seat Ibiza 1.0 TGI | Technische Daten |
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Motor | 1,0-l-Dreizylinder-Turbo, Bifuel (Benzin und Erdgas) |
Leistung | 90 PS (66 kW) b. 4.500-5.800 U/min |
Drehmoment | 160 Nm b. 1.900-3.500 U/min |
Antrieb | 5-Gang manuell, Vorderräder |
0-100 km/h | 12,1 s |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
Verbrauch CNG NEFZ | 3,3 kg/100 km |
CO2-Ausstoß | 92 g/km |
Verbrauch CNG WLTP | 4,0-3,9 kg/100 km |
CO2-Ausstoß | 108-106 g/km |
Testverbrauch | 4,8 kg/100 km |
Länge | 4.059 mm |
Breite | 1.780 mm |
Höhe | 1.444 mm |
Radstand | 2.564 mm |
Kofferraumvolumen | 262-1.072 l |
Gewicht | 1.257 kg |
Anhängelast | - |
Preis | ab 17.620 Euro |
Preis des Ibiza 1.0 TGI FR | ab 20.475 Euro |
Preis des Testwagens | 26.264 Euro |