Der Renault Clio im Test: Das kann die 5. Generation
Die fünfte Generation des Renault Clio wird kürzer und cleverer. Hybrid kommt, Diesel geht. Doch in Grundzügen bleibt der Clio, was er immer war. Erster Test.
- Abmessungen: Außen kleiner, im Gepäckraum größer
- Innenraum: Sitzreihe zwei für die Jugend
- Erstmals Fahrmodi im Renault Clio
- Vier Benziner und kein Diesel im Programm
- R.S.-Line: Der wahre Sport findet im Kopf statt
- Was noch kommt: Voll-Hybrid und volle Attacke
- Fazit: Einer für Alles. Oder sagen wir Vieles
- Renault Clio V (2019): Technische Daten
Manche Baureihen fallen nicht groß auf. Keineswegs, weil sie schlecht wären. Vielmehr, weil sie ohne Effekthascherei und Drama ihre Aufgaben erfüllen. Und sowieso seit einer gefühlten Ewigkeit zum Straßenbild gehören. Renaults Kleinwagen Clio ist so ein Auto. Kein französisches Modell wurde in Europa häufiger ausgeliefert als dieser klassische Konkurrent des VW Polo. Insgesamt produzierte Renault mehr als 15 Millionen Exemplare – seit 1990 in vier Generationen. Clio waren nie waghalsige Design-Experimente, selten Innovations-Bündel. Doch stets praktikabel, bezahlbar – und trotzdem nicht wirklich langweilig.
So soll es so weitergehen, wenn im September Renault Clio Nummer fünf zu den Händlern kommt. Mit neuem technischen Unterbau, anderen Motoren aber grundsätzlich ähnlicher Formensprache wie das auslaufende Modell. Im ersten Test fahren wir die erwartungsgemäß beliebteste und die vorläufig sportlichste Variante. In beiden Fällen ist der neue Clio komfortabler als viele Konkurrenten, cleverer als sein Vorgänger und spaßiger als das Datenblatt vermuten lässt. Allerdings: wer eine Sänfte sucht muss genauso mit Einschränkungen leben wie die Glüher-Fraktion.
Abmessungen: Außen kleiner, im Gepäckraum größer
Es gibt zwei Faustregeln zur optischen Differenzierung des Clio V vom seit 2012 erhältlichen Modell IV: Der Neue sieht Renaults aktuellem Kompaktwagen Mégane ähnlicher – mit C-förmigem Tagfahrlicht und weit nach unten gezogenem Kühlergrill. Außerdem sind Clio-5-Sichtungen mit Kombi-Heck oder drei Türen ausgeschlossen. Die intern Grandtour genannte Version entfällt, fortan bietet Renault den Clio ausschließlich mit Steilheck und fünf Türen.
Zeit seines Lebens wurde der Clio mit jedem Modellwechsel größer, nun nahm die Länge erstmals geringfügig ab: 4,05 Meter sind 1,2 Zentimeter weniger als beim Vorgänger. Gleichzeitig soll der Neue innen mehr Platz bieten. Tatsächlich wird mit dem Clio glücklich, wer möglichst viel Raum bei geringen Abmessungen sucht – solange es um Platz für Gepäck geht. 391 Liter fasst der Kofferraum. Liegt die im Verhältnis 40:60 umlegbare Rückbank flach, passen 1.096 Liter in den Fond.
Über den variablen Laderaumboden entsteht auf Wunsch eine leicht nach vorne hin ansteigende Ladefläche. Dass die Ladekante mit dem Modellwechsel nach oben wanderte, es wenig Möglichkeiten zum Verzurren gibt – geschenkt. Schwertransporte sind nicht die Hauptaufgabe von Kleinwagen. Schwerer wiegt die Kritik am tief liegenden Öffnungsmechanismus für die Heckklappe. Klar, die praktisch unsichtbare Lösung in der Aussparung für die Nummerntafel macht das Heck hübscher – aber nicht die Fingerkuppen, schließlich sammelt sich hier immer Schmutz.
Innenraum: Sitzreihe zwei für die Jugend
Innen finden Fahrer und Beifahrer ausreichend Platz, zur Seite wie nach oben. Die hintere Reihe ist nur dem Nachwuchs über längere Strecken zumutbar, erwachsene Mitfahrer stört mangelnde Freiheit für Knie und Kopf.
Immerhin: Die Armablagen der Türverkleidung sind hinten gepolstert, der Kunststoff drumherum allerdings hart. Vorne ertastet man erst unter Kniehöhe hartes Plastik. Armaturenträger und Türverkleidung überzieht Renault mit Soft-Touch-Material. Die Armaturenbretter der Testwagen in der höchsten Ausstattungslinie „Intens“ ziert eine Fläche mit großzügig unterfüttertem Kunstleder. Der Bezug lässt sich in mehreren Farben ordern.
Erstmals Fahrmodi im Renault Clio
Einfacher und spontaner lässt sich die Optik des Innenraums über das Infotainment-System verändern. Es gibt nämlich diverse Beleuchtungsoptionen. Interessanter und auf der Testfahrt von uns öfter genutzt: Die Fahrmodus-Einstellungen. Sowas gab es im Clio bisher nicht.
Der stehend montierte 9,2-Zoll-Bildschirm zeigt die Programme Sport und Eco, außerdem darf der Fahrer sich einen eigenen Mix zusammenstellen. Wir empfehlen das schärfste Setup des Lenkrads. Renault stimmt die elektrische Servolenkung direkter ab als beim Vorgänger, doch in „Comfort“ und „Regular“ wirkt sie zu leichtgängig.
Außerdem fällt das schwammige Gefühl um die Mittelstellung stärker auf. Zum Skalpell für die Kurve und zur Leselupe für die Fahrbahnbeschaffenheit wird das Lenkrad in keinem Fall. Immerhin: mit dickerem Kranz und kleinerem Durchmesser liegt es toll in der Hand. Für gelegentlichen Spaß auf der Landstraße langt die Auslegung, für den Alltag in der Stadt sowieso.
Die Milde passt zum komfortablen Fahrwerk. Bei innerstädtischem Tempo arbeiten die weich ausgelegten Federn und Dämpfer souverän, haben wenig Probleme mit Stößen und Rillen. Dann lässt allenfalls richtig grobes Kopfsteinpflaster den Clio zittern. Und irgendetwas im Bereich des Bildschirms vibrieren. Mit zunehmender Geschwindigkeit wird es grober, was vor allem das Trommelfell traktiert, weniger die Bandscheiben. Oft plumpst der Clio gar nicht so heftig in Fugen und Löcher, wie der Lärm aus dem Radkasten suggeriert.
Vier Benziner und kein Diesel im Programm
Renault bietet den Clio nach dem Modellwechsel ausschließlich mit Benzinmotoren an, die Diesel-Aggregate bleiben anderen Märkten vorbehalten. Den Einstieg bildet ein frei saugender 1,0-Liter-Dreizylinder mit 65 oder 73 PS. Darüber bietet Renault einen aufgeladenen Dreizylinder mit 100 PS an, ebenfalls mit 1,0 Litern Hubraum. Vom Einstiegs-Motor unterscheidet ihn mehr als der Turbolader. Es handelt sich um ein eigenständiges Aggregat mit anderer Bohrung und Hub. Wobei eigenständig nicht exklusiv bedeutet: Unter anderem verbaut Allianz-Partner Nissan den Motor bereits im Kleinwagen Micra.
Renault erwartet, dass der TCe 100 zum beliebtesten Clio-Triebwerk avanciert. Zu Beginn wird das (aktuell) zweitstärkste Aggregat ausschließlich mit manuellem 5-Gang-Getriebe erhältlich sein. Der Eindruck nach dem ersten Test: Der Antriebsstrang trägt den Clio ohne Probleme durch den Alltag. Zwischen 2.800 und 6.000 Umdrehungen kommt der Motor gut zurecht. Allerdings reagiert er bei niedrigen Drehzahlen etwas träge auf Gaspedal-Befehle.
Trotzdem lässt sich der Clio recht schaltfaul fahren. Auch wenn man es eilig hat. Wer liebber spart, kann zudem lange im hohen Gang bleiben. Dann lassen sich Verbrauchswerte erreichen, die nahe an der Herstellerangabe von 5,6-Litern liegen - rund 6,2-Liter waren es im Test.
Wer gar nicht schalten mag, kann den 100-PS-Benziner mit einem CVT-Getriebe kombinieren. Allerdings findet die stufenlose Automatik mit einprogrammierten Fahrstufen erst später in den Kleinwagen. Zunächst gibt es nur den 1,3-Liter-Vierzylinder mit 130 PS in Verbindung mit Automatik. Renault kombiniert ihn mit einem Doppelkupplungsgetriebe.
R.S.-Line: Der wahre Sport findet im Kopf statt
Die Version fahren wir als R.S.-Line. So nennt Renault die sportliche Version der höchsten Ausstattungslinie “Intens”. Dann trägt der Clio einen Grill mit Wabenmuster und 17-Zoll-Alufelgen. Den Innenraum zieren rote Nähte und Applikationen in Carbon-Optik. Dazu gibt es Sportsitze mit tollem Seitenhalt, ein Lenkrad mit perforiertem Leder und Alu-Pedale mit gummierten Noppen.
An Fahrwerk und Aufhängung ändert Renault jedoch nichts, genau wie am Motor. Doch der 1,3-Liter-Turbo ist dem 1,0-Liter-Turbo über das gesamte Drehzahlband hinweg überlegen, am deutlichsten fällt der Unterschied in unteren Drehzahlbereichen aus. Doch das maximale Drehmoment von 240 Newtonmetern schickt der Renault in der Kurve selten komplett an die Vorderräder. Stabilitätsprogramm und Antriebs-Schlupfregelung greifen früh ein, gefühlt würde der Franzose auch ohne elektronische Gouvernante im Grenzbereich zum Untersteuern neigen.
In Summe macht der Clio Überland trotzdem Laune. Und ist damit als R.S.-Line eine Option für alle, denen es die ähnlich starken geschärften Kleinwagen Suzuki Swift Sport und Ford Fiesta ST-Line mit der Dynamik etwas zu ernst nehmen.
Was noch kommt: Voll-Hybrid und volle Attacke
Ein wirklich sportlicher Clio kommt noch: Wie bei den Vorgänger-Generationen wird es einen R.S. geben – wir rechnen mit rund 200 PS und optionaler Differenzialsperre. Also einem Widersacher von VW Polo GTI oder Toyota Yaris GRMN. Dazu kommt 2020 ein grünes Gegenstück. Im Clio E-Tech kombiniert Renault einen 1,6-Liter-Sauger mit Riemen-Startergenerator und E-Motor. Der Hybrid-Clio mit 1,2 kWh großem Akku soll rund 80 Prozent der innerstädtischen Fahrten rein elektrisch zurücklegen. Für einen Vollhybriden mit kleinem Stromspeicher wäre das ein Fabelwert. Wir sind gespannt auf die erste Fahrt.
Die Integration der E-Komponente im Clio ermöglicht eine neue Plattform. Renaults Kleinwagen nutzt als erstes Modell die in Zusammenarbeit mit Nissan entwickelte CMF-B-Plattform. Hybrid-Tauglichkeit stand weit oben im Lastenheft, recht bald darunter die Gewichtsreduktion. Rund 50 Kilogramm spart man gegenüber der Bodengruppe des Vorgängers ein.
Außerdem ermöglicht die neue technische Basis den Einsatz moderner Fahrassistenz-Systeme. Die Grundausstattung („Life“) beinhaltet bereits Notbrems- und Spurhalteassistent sowie die Verkehrszeichenerkennung. Daneben gehören Voll-LED-Scheinwerfer zum Serienumfang. Modelle mit Automatik sind mit dem adaptiven Tempomaten ACC kombinierbar. Dann folgt der Kleinwagen vorausfahrenden Autos, bremst bei Bedarf bis zum Stillstand ab. Außerdem hält der Assistent das Auto beständig in der Mitte der Spur.
Laut Renault braucht es dafür mehrspurige Straßen. Im ersten Test ist dem Clio die Anzahl der Fahrstreifen herzlich egal. Sobald sich einigermaßen gut sichtbare Linien zu beiden Seiten der Fahrbahn befinden, arbeitet das System zuverlässig.
Fazit: Einer für Alles. Oder sagen wir Vieles
Zugegeben, der Clio ist kein Sieg-Kandidat für Detail-Wertungen. Es gibt komfortablere Kleinwagen - etwa den rundlichen C3 des französischen Konkurrenten Citroen. Vielleicht auch gefälligere Alternativen, wie den neuen 208 von PSA-Schwestermarke Peugeot. Ganz sicher fahraktivere Modelle, wir denken an deutsche Konkurrenten wie den A1.
Dennoch ist der neue Clio eine gute Wahl. Weil er sehr viel richtig macht. Er ist bequem, ohne zu langweilen. Macht Laune, ohne großen Sport aufzudrängen. Außerdem bleibt der Preis moderat – das Einstiegsmodell soll unterhalb von 13.000 Euro starten.
Renault Clio V (2019): Technische Daten
Der erwartete Bestseller:
- Modell: Renault Clio TCe 100
- Motor: 1,0-Liter-Dreizylinder-Benziner
- Leistung: 100 PS (174 kW) bei 5.000 U/min
- Drehmoment: 160 Nm bei 2.750 U/min
- Getriebe: 5-Gang-Handschaltung, Frontantrieb
- 0-100 km/h: 11,8 s
- Höchstgeschwindigkeit: 187 km/h
- Verbrauch laut Hersteller: 5,6 l/100 km
- CO2: 100 g/km
- Abgasnorm: Euro 6 d-Temp
- Abgasreinigungssystem: Dreiwegekatalysator ohne Otto-Partikelfilter
- Länge: 4.050 mm
- Breite: 1.789 mm
- Höhe: 1.440 mm
- Leergewicht: ab 1.178 kg
- Kofferraum: 391 bis 1.096 Liter
- Marktstart: September 2019
Das vorläufig stärkste Modell:
- Modell: Renault Clio TCe 130
- Motor: 1,3-Liter-Vierzylinder-Benziner
- Leistung: 130 PS (96 kW) bei 5.000 U/min
- Drehmoment: 240 Nm bei 1.600 U/min
- Getriebe: 5-Gang-Handschaltung, Frontantrieb
- 0-100 km/h: 9,0 s
- Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
- Verbrauch laut Hersteller: 6,7 l/100 km
- CO2: 119 g/km
- Abgasnorm: Euro 6 d-Temp
- Abgasreinigungssystem: Vierwegekatalysator mit Otto-Partikelfilter
- Länge: 4.050 mm
- Breite: 1.789 mm
- Höhe: 1.440 mm
- Leergewicht: ab 1.248 kg
- Kofferraum: 391 bis 1.096 Liter
- Marktstart: September 2019