Der Kia e-Soul für 2019 im Fahrbericht
Der Kia e-Soul war immer ein Sonderling und bleibt es in Generation 3. Nur eben fortan als reines E-Auto - mit realistischen 452 Kilometern Reichweite.
Etwas speziell war der Kia Soul schon immer. Kastenförmig wie ein Van, aber mit einer richtigen Schnauze, deren Haube gefühlt exakt parallel zur Straße verläuft. Mit der dritten Generation wird der kauzige Kia noch konsequenter: In Europa verkaufen die Koreaner ihn ausschließlich als elektrischen e-Soul. Ein besonderer Antrieb für ein besonderes Auto.
Wobei man einschränken muss: So besonders ist der Antrieb auch wieder nicht. Er wird bei Kia im e-Niro eingesetzt und bei Hyundai im Kona Elektro. Gut so, es ist ein feiner Antrieb, der mehr verdient als ein Nischendasein im Van-Crossover - für den sich letztlich eben doch weniger Leute entscheiden als für ein SUV.
Kia bietet den e-Soul des Modelljahres 2020 in zwei Versionen an. Mit 136 PS und 39,2-kWh-Akku und mit 204 PS und 64-kWh-Akku. Letzterer kommt auf eine Reichweite von 452 Kilometern laut Norm - ein Wert, der Premium-Hersteller wie Mercedes und Audi neidisch machen sollte. Deren schwere und teurer SUVs EQC und E-Tron schaffen trotz deutlich größerer Akkus weniger. Vor allem in der Praxis. Bezahlbare Modelle wie Nissan Leaf, Renault Zoe oder BMW i3 fahren mit ihren kleineren Akkus naturgemäß auch weniger weit.
Das Schöne ist, der e-Soul kommt in der Praxis fast genauso weit wie auf dem Papier. Und dabei muss man sich nicht mal besonders anstrengen. Es gibt Reichweite ohne großartig vorausschauendes Fahren, ohne dass man zum Verkehrshindernis wird. Der Preis für die E-Mobiltiät ohne Reichweitenangst: 37.990 Euro.
Abstriche bei der Streckenplanung
Er fährt, wie sich Elektroautos eben fahren. Direkter Antritt aus dem Stand, angenehme Ruhe beim Dahingleiten, genug Drehmoment (395 Newtonmeter sind es genau) für flotte Überholmanöver. Maximal 167 km/h lässt Kia im e-Soul zu. Doch wer Elektroauto fährt, wird das selten ausnutzen. Denn dann saugt es den Akku im Zeitraffer leer.
Deshalb dürfe auch der “Sport”-Modus zu den wenig genutzten Features gehören. Zumal uns der e-Soul dann fast zu giftig aufs Fahrpedal reagiert. Also lieber rollen lassen - oder als Sparer aktiv werden. Ein Zug am linken Paddel hinterm Lenkrad erhöht die Rate, mit der der e-Soul beim Verzögern Energie zurück in den Akku speist, also rekuperiert. Er bremst dann stärker ab. Die Wippe auf der rechten Seite verringert die Rekuperation. In vier Stufen geht das, von 0 wie Rollen bis Stufe 3 mit starker Verzögerung. Will man bis zum Stillstand rekuperieren, muss man die linke Wippe gezogen halten.
Man kann Ehrgeiz entwickeln und versuchen, per Paddel-Einsatz zielgenau Tempolimits zu treffen. Oder man überlässt den e-Soul weitgehend sich selbst. Vorausfahrender Verkehr oder Gefälle werden dann berücksichtigt, und der Kia passt die Rekuperationsstärke automatisch an. Leider kalkuliert er Kurven, Kreuzungen, Kreisverkehre oder Tempolimits noch nicht ein.
Und bei der Streckenplanung berechnet er Ladestopps leider nicht intelligent. Ein cleveres System würde den Stopp so einplanen, dass die Ladezeit und damit die gesamte Fahrzeit optimiert wird. Doch das Navi weist nur darauf hin, wenn die Akkuladung fürs angestrebte Ziel zu gering ist und schlägt alle erreichbaren Ladestationen entlang der Route vor. Ansonsten bietet das Infotainmentsystem alle gängigen Funktionen, verfügt über hübsche Grafiken und einen angenehm großen Bildschirm mit 10,25-Zoll-Diagonale.
Elektroantrieb mit vorbildlicher Effizienz
Beim Test zeigte das Navi für unsere eingegebene Route von Frankfurt nach Berlin alle Ladestationen im Umkreis von 300 Kilometern an. Das schafft der e-Soul locker, wenn man nicht zu schnell fährt. Wir starteten eine Runde von 70 Kilometern mit zu 86 Prozent gefülltem Akku, die Reichweite gab der Bordcomputer mit 359 Kilometern an. Am Ende blieben nach entspannter aber sorgloser Fahrt 289 Kilometer übrig. Den Verbrauch zeigte der e-Soul mit 15,6 kWh an. Sparsamer gehen nur wenige Autos mit ihrer Akkuladung um.
Dafür können viele aber etwas flotter laden. Der e-Soul lädt im besten Fall mit 100 kW, an einem Schnelllader mit entsprechender Leistung dauert es 54 Minuten bis ein leerer Akku zu 80 Prozent gefüllt ist. An der Haushaltssteckdose dauert es 31 Stunden von 0 bis 100 Prozent, an einer Wallbox mit 7,2 kW Leistung vergehen rund 9,5 Stunden.
Warten muss auch, wer den e-Soul bestellen will. Mindestens neun Monate Lieferzeit muss man einplanen, wenn man jetzt bestellt. Wegen der hohen Nachfrage, heißt es bei Kia. Oder besser: Weil die Nachfrage die Produktionskapazität übersteigt. Akkus sind nach wie vor knapp. Doch mit dem Problem hat man bei den meisten Elektroautos zu kämpfen. Allerdings kosten die meisten auch mehr oder fahren nicht so weit. Eventuell lohnt sich das Warten also.
Kia e-Soul (2019): Technische Daten
- Modell: Kia e-Soul 204
- Motor: Permanentmagnet-Synchronmotor
- Leistung: 150 kW (204 PS) b. 3.800-8.00 U/min
- Drehmoment: 395 Nm b. 0-3.600 U/min
- Antrieb: Front, Reduktionsgetriebe
- 0-100 km/h: 7,9 s
- Geschwindigkeit: 167 km/h
- Batteriekapazität: 64 kWh (netto)
- Reichweite: 452 km
- Verbrauch: 15,7 kWh/100 km
- Ladezeit 100 kW 0-80 Prozent: 54 min.
- Ladezeit 7,2 kW 0-100 Prozent: 9 h 35 min
- Ladezeit Haushaltssteckdose: 31 h
- Länge: 4.195 mm
- Breite: 1.800 mm
- Höhe: 1.605 mm
- Radstand: 2.600 mm
- Kofferraumvolumen: 315-1.339 l
- Gewicht: 1.757 kg
- Batteriegewicht: 457 kg
- Preis: ab 37.990 Euro