Der Citroën C4 Cactus II im Alltagstest
Kompakt, geräumig, sparsam: Der Citroën C4 Cactus behält nach dem Facelift viele Stärken - und einige Schrullen. Erfahre mehr zum Kompaktwagen im Alltagstest.
Als Citroën Ende 2017 das Facelift des C4 Cactus vorstellte, das der Hersteller selbst als zweite Generation bezeichnet, strichen die Franzosen etliche Flausen aus dem Kompaktmodell. Sie machten es irgendwie, nun ja, reifer und gewöhnlicher.
Auf die Welt kam der C4 Cactus Anfang 2014 mit einigen Verkaufshindernissen, aber auch mit einem äußerst eigenen Design. Ein Markenbotschafter sollte er sein und das Profil der französischen Traditionsmarke Citroën stärken. Die 2018er-Version muss jedoch zusätzlich den Golf-Gegner C4 ersetzen. Und wurde daher alltagstauglicher, komfortabler, aber auch etwas langweiliger. Wie sie sich im Alltag schlägt, liest Du in unserem Fahrzeugtest.
Abmessungen, Platzangebot, Karosserie
Statt von SUV sprechen die Hersteller heute gern von „Crossover“, also einer Kreuzung aus bekannten Karosserieformen. Auf den Citroën C4 Cactus trifft das voll zu. Er sieht aus wie ein SUV, ist aber mit 1,48 Metern Höhe so flach wie ein Opel Astra. Er bietet Platz wie ein Kompakter, gehört aber mit 4,17 Metern Länge zu den kürzesten Modellen im Segment. Und er unterbietet beim Gewicht (mit etwas Ausstattung und Fahrer 1.140 Kilo) die meisten Kleinwagen.
Ein erheblicher Teil des Mehrgewichts gegenüber dem Vor-Facelift-Modell dürfte auf die neue Bestuhlung zurückzuführen sein, vor allem auf die geteilte Rückbank (60:40). Wo vorher nur eine dünn gepolsterte, einteilige Notbank montiert war, sitzt es sich nun richtig gut. Die Variabilität profitiert ebenfalls, auch wenn der Cactus spüren lässt, dass das so eigentlich nicht vorgesehen war: Legt man die Lehne um, entstehen sowohl eine unpraktische Stufe als auch eine ansteigende Ladefläche. Bei der Variabilität ist der Cactus also auch nach dem Facelift nicht ganz vorne.
Überhaupt wirkt die Karosserie verbaut. Das merkt man nicht sofort, wenn man entspannt in den bequemen, breiten und gut gepolsterten Sesseln sitzt. Aber sobald sich der Fahrer aufsetzt, sieht er durch die relativ schmale Frontscheibe nur noch schlecht hinaus. Ist man der erste an der Ampel, ist diese oft nicht zu sehen.
Dann spüren die Insassen: Die gute Kopffreiheit entsteht durch zwei Aussparungen in der Dachverkleidung, im Grund geht es eher beengt zu im Cactus. Besonders problematisch im Stadtverkehr: Die breite C-Säule verdeckt effektiv den Schulterblick auf den Radweg. Das führt in der Stadt immer wieder zu gefährlichen Situationen.
Auf der Rückbank sitzt man bequemer, aber nicht luxuriös. Der Einstieg ist beengt, trotz eigener Tür. Und: Passagiere müssen sich weiterhin hinten mit Ausstellfenstern begnügen. Vorne gibt es dafür nun eine Komfortschaltung für die Fensterheber.
Innenraum, Verarbeitung, Materialien
Innen sieht man nicht viel davon, dass Citroën viel Mühe in die Weiterentwicklung des C4 Cactus steckte. Die coolen Kofferschlaufengriffe an den Türen bleiben erhalten, ebenso wie das nach oben öffnende Handschuhfach, die lustig-reduzierte, digitale Tachoeinheit und der Innenausbau. Den Innenraum verschalen die Franzosen mit großflächigen Plastikwülsten. Dort, wo man öfter anfasst, mit netteren Materialien getarnt. Ist das ehrlich oder billig? Die Meinungen gehen in der Redaktion auseinander. An der Verarbeitung des Testwagens gibt es nichts zu kritisieren. Solide fühlt sich sogar der Schaltknüppel an, das war bei PSA oftmals nicht der Fall.
Komplettt neu sind die Stühle, vorn wie hinten. Citroën bezeichnet sie als „Advanced Comfort Sitze“. Breit sind sie wie zuvor, Seitenhalt kümmert sie weiterhin wenig. Der dichtere Kunststoff bietet jedoch mehr Festigkeit und eine breitere Kontaktfläche, wodurch sich der Cactus beim Sitzen deutlich griffiger anfühlt. Auf der Rückbank ist der Kontrast zur Vor-Facelift-Bank enorm.
Auch die deutlich verbesserte Dämmung führt zu einem höheren Qualitätseindruck. Die Türen fallen nun mit einem satten „Plopp“ statt mit einem blechernen „Klonk“ ins Schloss. Vor allem Psychologie, die aber eine Menge ausmacht.
Infotainment, Radio, Konnektivität
Citroën wollte das Cockpit Anfang des Jahrzehnts anders gestalten und verbannte die Bedienung von Navi, Musik und Klimaanlage komplett ins Infotainment. Das wirkte damals irgendwie „High-Tech“ und erlaubte den Verzicht auf viele Knöpfe. In der Praxis bewährt hat sich das Prinzip nicht. Der Ablenkungsfaktor für den Fahrer ist größer, wenn er ins Menu abtauchen muss, um die Temperatur zu verstellen. Es dauert eben länger, als kurz einen Knopf zu drehen. Erst recht, wenn die Touchfläche nicht auf den Finger des Fahrers reagiert, weil der gerade zu trocken, zu feucht, zu kühl oder sonstiges sein mag.
In neueren Modellen rücken Citroën und Peugeot deshalb zum Teil wieder davon ab. Im Cactus noch nicht. Hat man sich damit arrangiert, gibt es am Funktionsumfang nichts zu bemängeln – Handy per Android Auto, Apple Carplay oder Mirrorlink koppeln, Sender im Empfangsstandard DAB+ einstellen, Musik streamen: die Standards funktionieren gut.
Mehr als diese sollte man in diesem Auto jedoch nicht erwarten. Mit einer lobenswerten Ausnahme: Das Navi mit Live-Daten von TomTom funktioniert hervorragend, informiert über Staus und deren Dauer erstaunlich frühzeitig, schnell und zuverlässig. So lassen sich tatsächlich viele Engpässe umfahren. Der Dienst ist drei Jahre inklusive und kostet danach 130 Euro für weitere drei Jahre.
Assistenzsysteme und Sicherheit
Auch beim Thema Assistenztechnik überrascht der C4 Cactus: Gar nicht mal so schlicht dafür, dass der PSA-Konzern die alte C3-Plattform, die ihn trägt, nach und nach aussortiert. Der Cactus beherrscht seit dem Facelift das selbständige Einparken, warnt vor Autos im toten Winkel, hilft beim Spurhalten und warnt bei Müdigkeit. Die zuverlässige Verkehrszeichenerkennung stellt ihre Erkenntnisse angenehm unaufgeregt im schlichten LCD-Tacho dar. Der Notbrems-Assistent dosiert seine Warnungen ebenfalls sehr angemessen und ohne den Panik-Faktor, den andere Hersteller oft einbauen. Gut gelöst.
Die neuen Assistenten schließen die Lücke, die die Crashtest-Organisation Euro NCAP 2014 beim ersten Cactus ausmachte. Es wird allerdings (für diese Klasse) teuer, wenn der Cactus all das können soll: Die Fahrassistenz (750 Euro) summiert sich zur Parkassistenz (1.200 Euro) - jedoch nur in der Topausstattung. In niedrigeren Ausstattungsstufen koppelt Citroën die Parkassistenz an die Klimaautomatik. Die passiven Sicherheitseigenschaften bewerteten Prüforganisationen als ordentlich bis gut, lediglich der Fußgängerschutz bot wegen der harten A-Säulen und unteren Frontscheibenrahmen Anlass zur Kritik.
Antrieb, Motor, Getriebe
Zum Modellwechsel verordnete Citroën dem Cactus etwas „Unvernunft“: Die schwächsten Motoren flogen aus dem Angebot. In manchen Märkten bieten die Franzosen noch einen 82-PS-Basisbenziner an, in Deutschland bildet ein 110-PS-Benziner den Einstieg.
Das ist für den leichten Kompaktwagen durchaus eine sinnvolle Motorisierung. Der aufgeladene 1,2-Liter-Dreizylinder spielt beim Verbrauch in der Kleinwagen-Liga, bei den Fahrleistungen aber deutlich darüber. Der Motor spricht nicht knackig, aber bestimmt an und lässt sich in jedem Gang weit ausdrehen. Er verleiht dem Cactus keinen sportlichen, aber doch einen überraschend souveränen Charakter. Trotz der deutlich verbesserten Dämmung wird es oberhalb der in Frankreich erlaubten Autobahngeschwindigkeit von 130 km/h laut.
Das Sechsgang-Getriebe flutscht mit wenig Hakeln durch die Gassen, die Abstimmung der Kupplung gefiel jedoch nicht jedem Testredakteur. Der Weg schien mitunter etwas weit. Unser Verbrauch: 6,2 l/100 km im dichten, städtischen Berufsverkehr. Bei zügiger (140-160 km/h) Fahrt auf der Autobahn standen am Ende 6,7 l/100 km auf der Uhr.
Citroën C4 Cactus: Fahrverhalten, Fahrwerk, Lenkung
Immer noch sehr leicht, daher sparsam und relativ flott: Der Citroën C4 Cactus stresst nicht groß beim Fahren oder beim Parken. Man sieht beim Rangieren gut, wo er anfängt und wo er aufhört. Wer in einer engen Seitenstraße in 3 Zügen wenden will, bekommt außerdem seine softe Seite zu spüren: Citroëns schwankende „Advanced Comfort“ Federung ist die inoffizielle Nachfolgerin der klassischen Hydropneumatik, und die konnte Fahrer und Fahrzeug sehr effektiv von jeder Rückmeldung der Fahrbahn abkoppeln.
Das gelingt dem neuen System nicht ganz. Dessen Konzept: Zwei hydraulische Anschläge am Stoßdämpfer regeln Druck und Zug. Bei leichter Beanspruchung arbeiten nur Feder und Dämpfer. Wird der Dämpfer stärker gefordert, absorbiert der hydraulische Anschlag überschüssige Kräfte und schwächt die Rückfederung ab.
In der Realität wirkt das anders. Da schwingt der Cactus bei jedem Lastwechsel ausgiebig nach. Offenbar sahen sich die Franzosen motiviert, zur Demonstration ihrer Technik spürbar weichere Federn zu verwenden als bisher. Darauf lässt sich der Cactus beim Bremsen und Anfahren ordentlich hin- und herschleudern.
Lange Bodenwellen auf der Autobahn machen dagegen Spaß, ebenso Kopfsteinpflaster und schlechte Straßen. Man spürt sie einfach nicht. Wirklich unpräzise fühlt sich der Cactus deshalb nicht an. Bei hohen Geschwindigkeiten reagiert die Lenkung allerdings um die Mittellage etwas indifferent, zudem ist der Kompakte dann recht windanfällig.
Ausstattung, Preis, Fazit
Als der Cactus antrat, sollte er mit einem günstigen Preis punkten. Davon hat sich Citroën zum Teil verabschiedet. Mit den schwächeren Motoren entfallen die niedrigen Einstiegspreise. So wirkt der C4 Cactus nicht mehr viel günstiger als andere Kompaktwagen. Los geht es zu einem Listenpreis von 17.890 Euro für die Basisausstattung „Live“ mit dem 110 PS starken Turbo-Dreizylinder-Benziner. Klima und Audio gehören allerdings erst ab der zweiten Ausstattung „Feel“ zum Umfang – da liegt man schon bei knapp 20.000 Euro.
Damit kostet der C4 Cactus nur etwas weniger als die deutschen Konkurrenten. Aber es gibt direkte Wettbewerber: Im klasseninternen Preisvergleich orientiert sich der schrullige Franzose ziemlich exakt am weniger schrulligen Renault Mégane. Ein Hyundai i30 mit Direkteinspritzer-Benziner (120 PS) startet bei 20.100 Euro.
Die Topausstattung „Shine“ beginnt im Cactus bei 21.690 Euro. Im Testwagen stecken zusätzlich Fahrassistenten für knapp 2.000 Euro, aufpreispflichtige Design-Felgen in 17 Zoll und ein Stoff-Leder-Paket für 990 Euro sowie Live-Navigation. Macht zusammen 25.130 Euro. Vergleichbare, neue C4 Cactus finden sich auf mobile.de ab knapp unter 20.000 Euro. Wer ein EU-Fahrzeug, eine Tageszulassung oder eine fünfstellige Laufleistung akzeptiert, spart deutlich.
Fazit: Etwas schräg ist der Citroën C4 Cactus weiterhin. In Deutschland bietet ihn Citroën zum Beispiel nicht ohne die gewöhnungsbedürftige Federung an. Deutlich günstiger als manch anderer Kompaktwagen ist der gut ausgestattete Franzose auch nicht mehr. Man muss ihn also schon ein stückweit wollen – und findet dafür auch gute Argumente. Wenn man will.
Citroën C4 Cactus II: Technische Daten
- Modell: Citroën C4 Cactus Puretech 110
- Motor: 1,2-l-Turbo-Dreizylinder-Benziner
- Leistung: 110 PS (81 kW)
- Drehmoment: 205 Nm b. 1.750 U/min
- Getriebe: Sechsgang-Schaltgetriebe
- 0-100 km/h: 10,3 s
- Höchstgeschwindigkeit: 196 km/h
- Normverbrauch: 4,6-4,7 l/100 km
- Testverbrauch: 6,2 l/100 km
- CO2: 106-107 g/km
- Länge: 4.170 mm
- Breite: 1.714 mm
- Höhe: 1.480 mm
- Radstand: 2.595 mm
- Leergewicht: 1.140-1.242 kg
- Kofferraum: 358-1.170 l
- Anhängelast: 950 kg
- Basispreis C4 Cactus: 17.890 Euro
- Testwagenpreis: 25.130 Euro