Der Audi A6 Avant Mild-Hybrid im Test
Mit dem Audi A6 Avant schwelgt man im Alltag im Überfluss. Das muss man allerdings teuer bezahlen – beim Kauf und auf der Straße. Der A6 Avant 55 TFSI im Test
- Kofferraumvolumen, Platzangebot, Abmessungen
- Innenraum, Verarbeitung, Materialien
- Infotainment, Radio, Konnektivität
- Assistenzsysteme und Sicherheit
- Antrieb, Motor, Getriebe
- Fahrverhalten, Fahrwerk, Lenkung
- Ausstattung, Preis
- Audi A6 Avant Sport 55 TFSI Quattro: Fazit
- Audi A6 Avant 55 TFSI Quattro: Technische Daten
Große Kombis mögen auf den Weltmärkten nicht wichtig sein. Bei uns sind sie die Kür. Vor allem bei den sogenannten Premium-Herstellern in der oberen Mittelklasse. Die ist alles andere als mittelmäßig. Die Grenzen zur Oberklasse werden fließend. Beim Infotainment, bei den Assistenten und bei den Fahreigenschaften.
Im Alltagstest zeigt der Audi A6 Avant der seit 2018 auf den Straßen rollenden Generation (C8) das beispielhaft – aber nicht in allen Disziplinen mustergültig. Wo er überzeugt, wo er glänzt und wo er patzt, liest Du hier.
Kofferraumvolumen, Platzangebot, Abmessungen
Maximale Raumausnutzung hat in der Business-Klasse nicht die oberste Priorität. Platz gehört dennoch zu den Stärken des Audi A6, allerdings nur auf der Rückbank. Hier sitzt man angenehm mit reichlich Raum für Bein und Kopf. Hinter der zweiten Reihe geht es mit 565 bis 1.680 Litern Kofferraumvolumen nicht ganz so großzügig zu. In den 5er Touring von BMW passt ein Hauch mehr (570 bis 1.700 Liter), die Mercedes E-Klasse bringt 640 bis 1.820 Liter unter.
Nach absoluten Maßstäben gibt es trotzdem reichlich Platz im großen Audi. Sollte es angesichts der Länge von 4,94 Metern aber auch. Die Grundfläche des Laderaums ist groß, die Ladekante angenehm niedrig, Schienen mit verschiebbaren Ösen helfen bei der Ladungssicherung (175 Euro). Die Rückenlehne klappt per Hebel aus dem Kofferraum um. Waschmaschinen oder Kühlschränke könnten allerdings an der schicken, schräg stehenden Heckscheibe anschlagen.
Fahrer und Beifahrer sitzen sportlich tief und gut eingebaut von der breiten Mittelkonsole. Was fehlt, sind leicht zugängliche Ablagen. Zwei Becherhalter sichern Kaffee oder Tee, unter die Armlehne passen das Handy (hier stecken auch die USB-Anschlüsse dafür) und ein bisschen Kleinkram. Das Fach bietet wenig Tiefe und lässt sich nur mit leichten Verrenkungen erreichen. Weiter vorne besetzt der untere der beiden großen Bildschirme Platz für ein mögliches weiteres Fach, das in besserer Reichweite liegen würde. Der Schalthebel (ein echter Handschmeichler) blockiert die Konsole neben den Becherhaltern.
Innenraum, Verarbeitung, Materialien
Es sieht schon schön aus im Audi A6. Modern, technisch, klar geformt und mit ganz viel Bildschirmfläche breitet sich das Cockpit vor den Insassen aus. Es glänzt wie im Spiegelkabinett. Bis man etwas anfasst. Ruck, zuck sind die geschmeidigen Oberflächen der Touchscreens von Fingerabdrücken übersät. Zum Glück kommen sie erst dann richtig zum Vorschein, wenn die Bildschirme schwarz werden. Die hochglänzende Zierfläche, die sich über die volle Breite zieht, ist jedoch immer schwarz. Also, Finger weg! Das Dekor in Aluoptik kann tapsige Finger besser ab (gibt es auch in Holz).
Das edel vernähte (Kunst-)Leder im oberen Bereich des Armaturenbretts und darunter sieht uneingeschränkt gut aus und fühlt sich auch so an. Wie vieles im Audi A6, doch den Klopftest bestehen die Dekors nur bedingt. Sie klingen hohl und fast ein wenig klapprig. An die Solidität der Vorgänger-Generation, die in weiten Teilen wie aus dem Vollen gefräst wirkte, kommt der A6 C8 nicht ran. Schön ist es im Avant jedoch allemal. Allerdings müssen wir gestehen: Die Kontursitze im Testwagen waren mit "Leder Valcona" bezogen, für 2.350 Euro Aufpreis. Das hilft natürlich, sich wohlzufühlen.
Infotainment, Radio, Konnektivität
Audi hat kürzlich einen radikalen Wechsel vollzogen. Hin zu mehr Touchscreens und weniger Dreh-Drück-Stellerei. Wer nicht über Lenkradtasten durch das umfangreiche Infotainment navigiert, bedient es komplett über zwei Bildschirme. Der untere steuert auf den ersten Blick nur wenig. Klimaanlage, Sitzheizung und ähnliche Funktionen werden hier bedient. Sobald man jedoch am oberen Display beispielsweise ein Navigationsziel eingeben will, wird das untere zur Schreibfläche. Von der Bedienlogik ist das nicht konsistent.
Eigentlich gut gedacht: Es lassen sich komplette Wörter in einem Rutsch eingeben. In der Praxis setzt man aber doch mehrmals an. Wer noch immer die alte Sauklaue aus der Schulzeit hat, muss sich Mühe geben, sonst erkennt das System nicht alle Buchstaben. Optional lässt sich auch eine simple Tastatur einblenden.
Uns überzeugte das System nicht gänzlich. Es erfordert – typisch Touchscreen – eine Spur zu viel Aufmerksamkeit. Das haptische Feedback hilft da wenig, denn es erhöht die nötige Kraft, mit der man auf den Bildschirmen hantieren muss. Wir stellten es aus, um das vom Smartphone gewohnte Gefühl zurückzuholen. Alternativ gäbe es Sprachsteuerung, doch hier hängt Audi zurück. Natürliche Sprache wie bei BMW oder Mercedes versteht das System nicht. Selbst mit einfachen Standardbefehlen (z. B. "navigiere nach ...") war das System oft überfordert. Hier muss Audi nacharbeiten.
Das Navi allerdings funktioniert insgesamt gut. Verkehrsfluss, Routenplanung und berechnete Ankunftszeiten liegen nahezu auf dem Niveau von Google Maps. Für uns immer noch die Referenz in dem Bereich.
Assistenzsysteme und Sicherheit
Alle reden vom automatisierten Fahren nach Level 3, vor allem Audi. Für den A8 ist das bereits angekündigt, der A6 hat noch Probleme, Level 2 in den Griff zu bekommen. Er unterstützt zwar gut beim Lenken und Spurhalten, folgt Vorausfahrenden, bremst bis zum Stillstand ab und fährt auch wieder von alleine an. Wir bekamen jedoch mehrfach Fehlermeldungen angezeigt, dass bestimmte Systeme nicht verfügbar seien. Waren sie dem Gefühl nach zwar, doch verlassen mag man sich darauf nicht.
In Kombination mit dem sogenannten "prädiktiven Effizienzassistenten" übernimmt der Audi A6 Avant selbstständig Tempolimits und passt die Geschwindigkeit an den Streckenverlauf an. Doch was gut gedacht ist, funktioniert im Test nicht immer zuverlässig. So nahm unser A6 Avant auf der Autobahn in Erwartung einer Geschwindigkeitsbegrenzung öfter unvermittelt Tempo raus, doch das Limit-Schild sahen wir nie. Das irritiert. Vor allem, wenn man auf der linken Autobahnspur unterwegs ist und einen ungeduldigen Hintermann hat. Oder wenn das Auto unvermittelt innerorts von 50 auf 100 km/h beschleunigen will.
Der Einparkassistent arbeitete ebenfalls nicht ohne Schluckauf. Eigentlich gut: Parkpiepser weisen am A6 Avant auch darauf hin, wenn die Felgen einem Kantstein zu nahe kommen. Doch im Test schlug das System auch bei einem objektiv unproblematischen Einparkmanöver an und bremste abrupt ab. Nervig. Insgesamt muss Audi noch an vielen Stellen nachjustieren.
Antrieb, Motor, Getriebe
Unser Kombi kam als großer Benziner mit Mild-Hybrid-Technik. Voller Name: Audi A6 Avant Sport 55 TFSI Quattro. Unter der Haube sitzt ein 3,0-Liter-V6-Benziner mit 340 PS (250 kW) und einem maximalen Drehmoment von 500 Newtonmetern. Ein Riemen-Starter-Generator (RSG), der mit 48 Volt Spannung arbeitet, schaltet den Verbrenner aus, wenn er nicht gebraucht wird, und auch wieder an. Dazu rekuperiert er beim Verzögern. Anders als bei anderen Herstellern unterstützt er den Verbrenner jedoch nicht beim Beschleunigen.
Braucht er auch nicht. Der Motor legt auch so spontan los und schiebt das schwere Auto vehement nach vorne. Man spürt, dass das maximale Drehmoment schon früh anliegt (ab 1.370 U/min). Allerdings erst im "Dynamic"-Modus. Im Standard-Fahrprogramm oder im Sparbetrieb vergeht gefühlt zu viel Zeit, bis sich das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (S Tronic) sortiert hat und runterschaltet. Ansonsten arbeitet es recht sanft und zuverlässig. Anders als in der Kombination mit vielen kleineren Motoren harmoniert das Getriebe gut mit dem Audi A6. Die Achtgang-Automatik, die Audi in den größeren Dieseln verbaut, vermisst man nicht. Insgesamt ist der A6 Avant als 55 TFSI beinahe unverschämt schnell und kräftig.
Und leider auch recht durstig. Im Stadtverkehr schafften wir es nicht, ihn mit weniger als 13 Litern im Schnitt zu bewegen. Die Hoffnung, dass moderate Geschwindigkeiten auf der Autobahn den Verbrauch zügeln, erfüllte sich auch nicht wirklich. Bei ziemlich konstanten 130 km/h flossen alle 100 Kilometer rund 10 Liter durch die Brennräume. Im Schnitt verbrauchten wir über den gesamten Testzeitraum 10,2 Liter. Wobei ein großer Teil stark tempobegrenzter Autobahn das Ergebnis schönt.
Fahrverhalten, Fahrwerk, Lenkung
Hier schlägt die Stunde des A6 Avant. Audi hat beim Fahrwerk richtig gute Arbeit geleistet. Jedenfalls wenn es mit Luft federt wie in unserem Test-A6. 2.000 Euro kostet die "Adaptive Air Suspension", doch die lohnen sich. Der Avant rollt damit unbeeindruckt über Buckel, durch Schlaglöcher und über Kanten. Er federt fast alles weg, was ihm der Straßenbelag hinwirft. Dabei fühlt sich der A6 solide an, schwingt nicht zu viel und wirkt dennoch weich.
Selbst auf "Dynamic" wird das Fahrwerk nicht hart, sondern nur etwas straffer und verbindlicher. Dazu gewinnt die Lenkung an Gewicht. Viel Gefühl transportiert sie zwar nie, doch der A6 Avant steuert präzise durch Kurven. Klar, dass er sich auf winkligen Landstraßen nie leichtfüßig anfühlt, dafür ist der Kombi schlicht zu groß, doch dank des kräftigen Motors wirkt er zumindest geradeaus ganz schön schnell. Der Quattro-Allradantrieb gibt sich wie bei Audi üblich konservativ sicher. Bei glitschiger Fahrbahn weiß man das zu schätzen.
Ausstattung, Preis
So richtig günstig kommt man nicht an einen Audi A6, das dürfte bekannt sein. Glatte 50.000 Euro kostet der Audi A6 Avant mindestens. Dann arbeitet ein 2,0-Liter-Diesel mit 163 PS im Kombi. Der Preis für die Motorisierung im getesteten A6 liegt bei mindestens 63.000 Euro, unser Exemplar kam mit der Ausstattung "Sport" für mindestens 65.300 Euro. Funktional macht "Sport" kaum einen Unterschied, die meisten Änderungen sind optischer Natur.
Dazu schaffte es Audi, Extras für fast 32.000 Euro im A6 unterzubringen. Und trotzdem war unser Avant noch nicht "voll-voll". Na ja, abgesehen vom Head-up-Display fiel uns eigentlich kaum ein Extra auf, das gefehlt hätte. Nicht alles, was in unserem Avant steckt, muss man haben. Die Luftfederung (2.000 Euro) sollte dabei sein, LED-Scheinwerfer, die den Gegenverkehr aus dem Lichtkegel nehmen und die Straße wunderbar ausleuchten, würden wir ebenfalls nehmen.
Ohne dynamisches Blinklicht kosten sie 1.410 statt der 1.960 Euro am getesteten Audi A6. Das Business-Paket erscheint mit 4.150 Euro teuer, doch es enthält unter anderem die 4-Zonen-Klimaautomatik, eine Sitzheizung und das Assistenzpaket Tour mit adaptivem Tempomaten und Stauassistent. Trotz der Detail-Schwächen ein empfehlenswertes Extra für lange Strecken.
Die Dynamik-Allradlenkung (1.900 Euro) braucht man nicht, so sportlich muss der Audi A6 Avant nicht sein. Leder Valcona ist schön, mit 2.350 Euro aber teuer. Sitzbelüftung und Massage finden wir übertrieben (1.550 Euro), das S-Line-Exterieur (1.850 Euro) und die 2.200 Euro teuren Alu-Räder am Testwagen auch. Wer auf die MMI Navigation Plus und das "Virtual Cockpit" verzichten mag, kann weitere 2.395 Euro sparen. Man gewöhnt sich jedoch schnell an die vielseitigen digitalen Anzeigen. Für den größeren oberen Infotainment-Bildschirm (10,1 statt 8,8 Zoll) gilt im Grunde die bewährte Maßgabe: Wenn schon, denn schon.
Audi A6 Avant Sport 55 TFSI Quattro: Fazit
In jedem Fall wird man es schwer haben, weniger als 80.000 Euro für den Audi A6 mit Kombiheck und kräftigem Benziner mit Mild-Hybrid auszugeben. Ohne MMI Plus, aber mit allen Sicherheitsfeatures haben wir es geschafft, mit großem Navi muss man woanders Abstriche machen. Aber das T-Modell der E-Klasse von Mercedes wird im Zweifel noch teurer, der BMW 5er Touring landet bei einem ähnlichen Preis. So ist das eben in der oberen Mittelklasse. Beim Preis ist sie Oberklasse.
Immerhin bekommt man mit dem Audi A6 Avant ein ausgesprochen komfortables Auto mit genügend Platz, ausgezeichneten Fahreigenschaften und modernem Infotainment. An den Assistenzsystemen sollte Audi noch arbeiten. Und am Preis. Wobei: Ein kleinerer Benziner oder Diesel reicht locker. Und spart nicht nur beim Preis, sondern auch auf der Straße.
Audi A6 Avant 55 TFSI Quattro: Technische Daten
Modell | Audi A6 Avant 55 TFSi Quattro |
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Motor | 3,0-Liter-V6-Turbobenziner mit RSG und 48-V-Technik |
Leistung | 340 PS (250 kW) b. 5.000-6.400 U/min |
Drehmoment | 500 Nm b. 1.370-4.500 U/min |
Antrieb | 7-Gang-Doppelkupplungs-Getriebe, Quattro Allrad | 0-100 km/h: 5,3 s |
Geschwindigkeit | 250 km/h |
Verbrauch laut Norm | 7,6-7,3 l/100 km |
CO2-Ausstoß | 174-165 g/km |
Testverbrauch | 10,2 l/100 km |
Länge | 4.939 mm |
Breite | 1.886 mm |
Höhe | 1.467 mm |
Radstand | 2.924 mm |
Kofferraumvolumen | 565-1.680 Liter |
Gewicht | 1.910 kg |
Anhängelast | 2.000 kg |
Preis A6 Avant | ab 50.000 Euro |
Preis A4 Avant 55 TFSI Quattro | ab 63.000 Euro |