Die Autos mit der längsten Bauzeit
Generationen sitzen im Käfer, ein Geländewagen überlebt neun US-Präsidenten: Wir zeigen automobile Methusalems – die Autos mit der längsten Bauzeit.
- Die Autos mit der längsten Bauzeit
- Land Rover Defender (1948 - 2016), 68 Jahre
- VW Käfer (1938 - 2003), 65 Jahre
- Nissan Junior (1970 - heute), 50 Jahre
- Fiat 124/Lada Nova (1966 - 2014), 48 Jahre
- VW T2 „Bulli“ (1967 - 2013), 46 Jahre
- Lada Niva (1976 - heute), 44 Jahre
- Jeep CJ (1944 - 1986), 42 Jahre
- Fast geschafft, aber leider zu jung
Die Zeit ist schnelllebig. Der Volkswagen-Konzern teilt 2014 mit, man wolle den Lebenszyklus vieler Modelle von bisher sieben auf künftig nur noch fünf Jahre verkürzen. Ausgerechnet Volkswagen? In der Modellgeschichte der Wolfsburger stecken einige Autos, die so lange gebaut werden, bis es wirklich nicht mehr geht. Zwei davon zählen zu den Modellen mit der längsten Bauzeit überhaupt. Da haben sich die ursprünglichen Entwicklungskosten mehr als rentiert. Zwei andere Modelle laufen auch heute noch fast unverändert vom Band – Oldtimer frisch aus dem Autohaus, auch die gibt es noch. Aber: Die Methusalems werden rar. Abgas- und Sicherheitsvorschriften haben so manchem von ihnen das Fließband stillgelegt. Schade oder richtig so? Hier kommt unsere Liste der Autos, die am längsten gebaut wurden.
Die Autos mit der längsten Bauzeit
- Land Rover Defender
- VW Käfer
- Nissan Junior
- Fiat 124
- VW T2 “Bulli”
- Lada Niva
- Jeep CJ
- Citroën 2 CV
- Austin/Rover Mini
- Mercedes G-Klasse
Land Rover Defender (1948 - 2016), 68 Jahre
Autofans muss man den Land Rover nicht vorstellen, alle andere kennen ihn spätestens seit der Netflix-Serie „The Crown“. Königin Elisabeth II. gehört zu den prominentesten Nutzern des Offroad-Urgesteins. 1948 startet der Land Rover als erstes ziviles Allrad-Fahrzeug der Welt. Die Idee hat der Rover-Direktor Maurice Wilks, inspiriert von Militärjeeps, die US-Truppen in England zurückgelassen hatten. 1967 geht die Produktion von Rover auf British Leyland über, 1983 kommen ein großes Facelift mit neuer Fahrzeugfront – und der Name Defender. Das letzte größere technische Update: Ab 2012 erfüllt das Modell die Abgasnorm Euro 5.
Ob die lange Geschichte des Landy weitergeht? Eher nicht: 2016 weigert sich Land Rover, dem britischen Milliardär Jim Ratcliffe die Rechte am Modell oder Teile der Produktionsanlagen zu verkaufen. Ratcliffe entwickelt ein eigenes Auto, das keine direkte technische Kopie des Defender darstellt. Für die Produktion des Ineos Grenadier kauft Ratcliffe im Dezember 2020 von Daimler das Smart-Werk im französischen Hambach.
Das Angebot an gebrauchten Defender ist gut: 700 Angebote finden sich auf mobile.de im Dezember 2020. Darunter sind verlebte Sanierungsfälle für weniger als 10.000 Euro, ebenso gepflegte Sammler-Umbauten im Depot-Zustand für Preise um die 200.000 Euro. Gute Defender jüngeren Jahrgangs kosten je nach Aufbau und Laufleistung zwischen 20.000 und 40.000 Euro.
1948 läuft der erste Land Rover Defender vom Band. Für das Jahr 2020 legt Land Rover den Klassiker neu auf.
VW Käfer (1938 - 2003), 65 Jahre
Der VW Käfer (offiziell: Volkswagen Typ 1) beginnt sein Leben als „KdF-Wagen“, die eigentliche Produktion startet erst nach dem 2. Weltkrieg. Am ursprünglichen KdF-Sparprogramm nehmen im Nationalsozialismus 330.000 Sparer teil, keiner erhält seinen Wagen. Erst 1960 kommt es zu einem Vergleich. Ab 1950 exportiert Volkswagen den Typ 1 in alle Welt – die Bezeichnung „Käfer“ geht wohl auf einen Artikel der „New York Times“ zurück, die den Wagen „Beetle“ tauft. VW übernimmt den Begriff erst 1968.
Insgesamt laufen mehr als 21 Millionen Käfer von Band – 1978 ist in Deutschland Schluss, der technisch völlig veraltete Vorkriegswagen längst durch den Golf ersetzt. Das Cabrio wird noch bis 1980 in Osnabrück gebaut. Aber: In Mexiko produziert VW den Käfer weiter, und zwar bis 1985 auch für den europäischen Markt. Danach kommen noch vereinzelte Nostalgie-Editionen über den Atlantik. Erst 2003 endet in Mexiko die Ära des Käfer – nach 65 Jahren.
In Deutschland ist der Käfer heute der meistzugelassene Oldtimer. Auf mobile.de finden sich im Winter 2020 fast 500 Angebote. Die Preise reichen von rund 3.000 Euro für mäßig erhaltene 1200er oder den 1302 sowie Mexiko-Modelle bis zu mehr als 40.000 Euro für seltene, frühe Brezel-Käfer oder restaurierte Cabrios. Gut erhaltene VW Käfer starten bei etwa 10.000 Euro.
Die eigentliche Produktion des VW Käfer beginnt nach dem 2. Weltkrieg.
Nissan Junior (1970 - heute), 50 Jahre
Ein Hit war der Nissan Junior der dritten Generation eigentlich nicht. Schnell nach dem Marktstart begrenzt Nissan den Verkauf des robusten Pick-ups auf Asien, weshalb er in Europa als Oldtimer kaum zu finden ist. 1979 erhält er ein technisches Update, 1982 stellt Nissan die Baureihe ohne Nachfolger ein. Da hat das Modell den längsten Teil seiner Geschichte noch vor sich: Die Produktionsanlagen verkauft Nissan in den Iran, wo der Pick-up seit 1982 für arabische Märkte weitergebaut wird. Erst als Saipa Z24, dann als Zamyad Z24.
Damit ist der Nissan-Lastsesel nicht nur eines der am längsten gebauten Autos überhaupt. Er wird bis heute produziert. Optisch unterscheidet sich die aktuelle Version des iranischen Herstellers Saipa dabei kaum vom Original. Technisch dagegen schon: Der Benzinmotor der aktuellen Version erfüllt immerhin die Abgasnorm Euro 4. Alternativ steht ein Diesel zur Verfügung, der die Abgasnorm Euro 3 erfüllt. Die einzige erhältliche Zusatzausstattung ist eine hydraulische Servolenkung. Kostenpunkt im Iran: umgerechnet rund 7.500 Euro. Angebote auf mobile.de: keine.
Fiat 124/Lada Nova (1966 - 2014), 48 Jahre
Beim Fiat 124 führen viele Leben zu einer ungewöhnlich langen Bauzeit. 1966 ist die Mittelklasse-Limousine mit Quermotor und Frontantrieb eine technische Sensation. In Italien endet die Produktion des kantigen Stufenheckmodells 1975 nach einer recht gewöhnlichen Bauzeit, aber: Der Fiat 124 ist eines der am häufigsten in Lizenz gefertigten Autos aller Zeiten. Gebaut wird der Fiat 124 in Lizenz unter anderem in Deutschland, Spanien, Bulgarien, Südkorea, der Türkei und Indien – vor allem aber in Russland.
Rund 17 Millionen der 23 Millionen gefertigten Exemplare stammen vom russischen Autohersteller Avtovaz. Ab 1970 läuft das Modell in Togliatti vom Band – und mobilisiert von dort aus den gesamten Ostblock. Als Lada Nova wird er auch in Westeuropa mit einigem Erfolg vermarktet. Die Produktion in Russland endet 2012, danach wird der Fiat 124 noch zwei Jahre lang in Ägypten gebaut. Ein echter Methusalem des Automobilbaus also.
Auf dem Gebrauchtmarkt spiegeln sich die vielen Leben des Oldtimers. Während italienische Fiat 124 rar und teuer sind, lassen sich russische Fabrikate recht günstig finden. 10 originale Fiat 124 stehen auf mobile.de im Winter 2020 zum Verkauf. Allesamt gepflegte Oldtimer zu Preisen zwischen 9.000 und 15.000 Euro. Lada Nova gibt es im verlebten Zustand bereits für 1.200 Euro. Restaurierte Liebhaberfahrzeuge liegen jedoch auch hier bereits um die 10.000 Euro.
Im Jahr 1966 ist der Fiat 124 als Mittelklasse-Limousine mit Quermotor und Frontantrieb eine technische Sensation.
VW T2 „Bulli“ (1967 - 2013), 46 Jahre
Nach dem Typ 1 (Käfer) bringt VW 1950 den Typ 2 (Transporter) auf den Markt. 1967 folgt die 2. Generation T2. Damals ist sie ein Riesenerfolg, heute ein gesuchter Klassiker. Volkswagen produziert in Hannover bis 1979 mehr als 2,5 Millionen Exemplare. Schluss war damit noch lange nicht. Parallel läuft der Bulli T1 und später der T2 in Brasilien seit 1959 vom Band, unter dem Namen Kombi. 1988 stellt VW von Luft- auf Wasserkühlung um. Erst 1997 löst der T2c eine Mischkonstruktion aus T1 und T2 ab. Er wird bis Dezember 2013 gebaut.
2014 kommen noch einmal 25 neue T2 Bulli aus der “Final Edition” nach Deutschland. Preis: rund 40.000 Euro. Zwar sind die Brasilien-Busse in Deutschland selten und teuer. Echte Bulli-Fans bevorzugen dennoch den Oldtimer. Der ist stabiler verarbeitet, fährt besser und hat über sein H-Kennzeichen keine Probleme mit der Abgasnorm. Lediglich der wassergekühlte Motor verschafft dem Import nach Ansicht von Fans einen Vorteil.
Die Preise für VW T2 sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Unterhalb von 20.000 Euro gibt es nur “Projekte”, unterhalb von 10.000 Euro im Grunde nur Kernschrott. Ab 20.000 Euro lohnt sich ein zweiter Blick. Ein restaurierter und gepflegter Oldtimer kann schnell 40.000 Euro kosten. Rund 200 Angebote finden sich im Dezember 2020 auf mobile.de, darunter sind nur zwei Brasilien-Modelle. Preisvorstellung für ein kaum bewegtes T2c-Exemplar: 75.000 Euro.
Mit voller Campingausstattung gilt der VW T2 Westfalia als Outdoor-Klassiker.
Lada Niva (1976 - heute), 44 Jahre
Viele Namen trägt auch der Lada Niva, allein bei uns in den letzten Jahren: Niva, Taiga, 4x4. Ansonsten hat sich bei dem russischen Geländewagen seit 1976 wenig geändert. 1970 beauftragt die sowjetische Regierung das staatliche Avtovaz-Werk mit der Entwicklung eines “Geländewagens für unsere Dorfbewohner”. An dieser Bestimmung hat sich ebenfalls nicht viel geändert. Technisch tut der Niva das, was er soll: Er fährt mit seinem Allradantrieb fast überall hin, wenn auch nicht besonders schnell. Und er springt auch im sibirischen Winter an.
Auch nach dem Ende der Sowjetunion endet seine Karriere nicht, obwohl Avtovaz erst ein Joint-Venture mit General Motors eingeht und sich später der Renault-Gruppe anschließt. In den 1990er-Jahren erhält der Niva verschiedene Motoren und Radstände, 2010 ein neues Armaturenbrett und ein stabileres Fahrwerk, 2013 erstmals ABS. Im Grunde reicht das nicht mehr: In Deutschland wird der Niva in den letzten Jahren mit Nutzfahrzeug-Zulassung und Kleinserien-Sonderregelung verkauft. Lada arbeitet seit einigen Jahren an einem Nachfolger.
In Deutschland bekommt man den Niva beim deutschen Lada-Importeur in Buxtehude ab rund 13.500 Euro. Der nimmt auch die obligatorische Hohlraumversiegelung vor – sonst rostet der Geländewagen häufig innerhalb weniger Jahre. Gebrauchte Exemplare gibt es schon für weniger als 4.000 Euro, gepflegte und versiegelte Niva/Taiga kosten um die 8.000 Euro. Auf mobile.de finden sich im Dezember 2020 rund 370 Inserate.
Der Lada 4x4 ist für das Gelände entwickelt. Davon zeugt auch die Steigfähigkeit von 58 Prozent.
Jeep CJ (1944 - 1986), 42 Jahre
Der Ur-Jeep ist die Zivilversion des Willys MB, den Willys-Overland ab 1942 für die US-Armee fertigt. CJ steht dabei für “Civilian Jeep”. Die offene Konstruktion, die nach vorn klappbare Windschutzscheibe und die hohe Geländekompetenz des kleinen Allrad-Zwergs zeichnen ihn bis heute aus. Zu Beginn entwickelt sich das Modell schnell: Die ersten vier Generationen legt Willys innerhalb von sechs Jahren auf, jeweils mit kleinen technischen Verbesserungen. Aber: In Grundzügen verändert sich der Ur-Jeep bis 1986 nicht mehr. Dann löst der Jeep Wrangler den CJ ab.
Der Willys-Jeep überlebt damit neun US-Präsidenten. Auch bei diesem Modell spielen Lizenznachbauten eine wichtige Rolle. Jeep CJ gibt es von Mitsubishi, Mahindra oder aus der Türkei. Mitsubishi produziert den Willys bis 1998. Mahindra verkauft ab 2018 in den USA den Roxor, der sich optisch eng am Jeep-Klassiker orientiert. Eine Lizenz besitzen die Inder nicht: Jeep-Eigner Fiat-Chrysler klagt gegen das offensichtliche Plagiat und erhält recht.
In Europa sind Jeep CJ selten und teuer geworden. Auf mobile.de finden sich im Dezember 2020 nur 60 Angebote. Sanierungsfälle sind nicht darunter, erst bei 6.000 Euro geht es los. Die meisten CJ liegen, liebevoll restauriert, zwischen 20.000 und 25.000 Euro. Den weitgehenden Verzicht auf Komfort muss man sich eben leisten können. Am begehrtesten und mit am teuersten ist heute der Jeep CJ-8 Scrambler, der ab 1981 mit einem Pick-up-Aufbau auf den Markt kommt.
Das CJ im Jeep CJ steht für “Civilian Jeep”. Mittlerweile sind die CJ Modelle selten und teuer geworden.
Fast geschafft, aber leider zu jung
Einige Klassiker hätten einen Platz in dieser vermutlich ewigen Liste verdient – haben es als "Jungspunde" aber nicht auf eine hinreichend dauerhafte Bauzeit gebracht. Knapp zu jugendlich geraten Citroën 2 CV (1949-1990) und der Austin/Rover Mini (1959-2000) mit jeweils 41 Jahren Bauzeit. Schon etwas stärker zurück fallen die Mercedes G-Klasse (1979-2018) mit 39 Jahren Bauzeit und der erste VW Golf (1974-2009, 35 Jahre). Auf den weiteren Plätzen: der ostdeutsche Trabant (1957-1991) mit 34 Jahren und der französische Renault R4 (1961-1992) mit 32 Jahren Bauzeit.