Das ist zu tun, wenn ein Elektroauto brennt
Elektroautos brennen anders als andere Fahrzeuge. Wie es dazu kommt, was dagegen hilft und ob Du mit Einschränkungen rechnen musst, liest Du hier.
Als im Jahr 2013 ein rein elektrisches Tesla Model S nach einem Unfall ausbrennt, bricht der Aktienkurs des Herstellers ein. Tesla verliert drei Milliarden US-Dollar an der Börse – zum damaligen Zeitpunkt sind das zwölf Prozent des Firmenwertes. Verletzt wird niemand. Nur wirtschaftlich entsteht ein schwerer Schaden.
Elektroautos transportieren keine brennbare Flüssigkeit in Tanks unter der Rückbank. Aber sie haben eine große Menge elektrische Energie an Bord. Dass sie brennen können, sollte Kunden bewusst sein. Auch, weil Samsung 2016 das Smartphone Galaxy Note 7 stoppte, nachdem in mehreren Geräten der Akku brannte und Passagiere sie nicht mehr mit ins Flugzeug nehmen durften. Sony kaufte 2006 wegen Brandgefahr zehn Millionen Laptop-Akkus zurück. Boeing pausierte den Betrieb des Dreamliners, nachdem ein Akku Feuer gefangen hatte.
Brennende Akkus sind heikel. Besonders dann, wenn viele von ihnen miteinander verbunden sind – wie in Elektroautos. Umgang und Auswirkungen damit sind für alle Beteiligten noch ungewohnt. Das Problem: Elektroautos brennen anders als andere Fahrzeuge. In der Batterie kann es zu einer Kettenreaktion von Kurzschlüssen kommen. Nachdem das Feuer gelöscht ist, kann es an anderer Stelle wieder aufflammen. Das Feuer in einer Akkuzelle erzeugt einen Brand in der nächsten.
Experten sprechen vom sogenannten „Thermal Runaway“. Hinzu kommen die unterschiedlichen Ursachen für brennende Elektroautos:
- Schwere Beschädigung des Akkus durch einen Unfall oder Fremdkörper
- Starke Überhitzung des Akkus
- Unsichtbare Defekte in Akkuzellen, bei denen sich die Elektroden berühren
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Keine größere Brandgefahr bei einem Elektroauto
Sind Elektroautos also gefährlicher als Verbrenner? Zunächst einmal brennen sie nicht häufiger. Das bestätigt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) auf Anfrage von mobile.de: „Von Elektroautos geht unserer Einschätzung nach grundsätzlich keine höhere Brandgefahr aus als von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren.“ Karl-Heinz Knorr, Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrbandes, sagte zur Deutschen Presseagentur: „E-Autos brennen (…) weder heftiger noch häufiger als Benziner oder Diesel, nur anders.“ Der ADAC spricht von einem vergleichsweise geringen Risiko.
GDV und Feuerwehr führen keine Statistiken zum Verhältnis der Antriebsarten brennender Autos. Weil Elektroautos neu auf dem Markt sind, wird aber intensiver über Brände berichtet. Zur Einordnung: Im Jahr 2017 regulieren Versicherer in Deutschland insgesamt 13.115 Fahrzeugbrände. Das entspricht 36 brennenden Fahrzeugen pro Tag. Bezogen auf den gesamten Fahrzeugbestand müsste für den statistischen Gleichstand alle neun Tage ein Elektroauto oder ein Plug-in-Hybrid aufgrund eines Defekts im Akku brennen.
Maßnahmen zum Schutz der Akkus
Die Hersteller der Elektroautos wissen um die Unsicherheit der Kunden. Daraus leitet sich im schlechtesten Fall ein negatives Image der Antriebsform ab. Deshalb schützen die Autobauer die Akkus ihrer Fahrzeuge mit folgenden Maßnahmen:
- Automatische Schaltungen trennen die Stromversorgung, wenn im Auto ein Airbag auslöst.
- Eine Software überwacht Lade- und Entladevorgänge, um Überhitzungen zu vermeiden.
- Akkupakete sind besonders stabil aufgebaut und Teil der tragenden Struktur des Autos.
- Spezielle Materialien schützen Akkus vor Fremdkörper-Einschlägen.
Viele Elektroautos erreichen in den offiziellen Euro NCAP-Crashtests die höchsten Bewertungen in allen Disziplinen. Schäden an den Akkugehäusen wurden nicht festgestellt. Die Bauteile tragen sogar einen Teil zur Stabilität der übrigen Karosserie bei. Nach vorn und hinten werden die Akkupakete durch die Knautschzonen geschützt.
Kritisch könnte laut Angaben des ADAC ein seitlicher Einschlag sein, der den Akku deformiert. Dabei gibt es einen deutlich kleineren Bereich, der die Energie auffängt. Im Crashtest wird diese Situation durch einen Aufprall mit einem Rammbock (50 km/h) und einem Pfahl (34 km/h) simuliert. Bisher fiel kein Elektroauto negativ auf, sagt der Club. Der ADAC weist jedoch darauf hin, dass das keinen Anhaltspunkt für heftigere Einschläge liefert.
Brennendes Elektroauto: Mehr Wasser zum Löschen
Was ist zu tun, wenn ein Elektroauto trotz aller Maßnahmen brennt? Ein Experte der Feuerwehr erklärt gegenüber mobile.de: „Wir bekommen das Feuer aus, aber es ist aufwendiger.“ Konkret brauche man viel mehr Wasser, um den Akku über einen langen Zeitraum zu kühlen. So wird der Thermal Runaway verhindert.
Eine Gefahr durch einen Stromschlag beim Löschen gibt es nicht, denn der Wasserstrahl der von der Feuerwehr benutzten Strahlrohre besteht aus vielen Tropfen, die den Strom nicht zum Retter leiten. Eine spezielle Schutzausrüstung tragen die Rettungskräfte nicht. Gefährliche Dämpfe durch brennende Kunststoffe gibt es in allen Fahrzeugkategorien. Das Elektroauto ist hier keine Besonderheit.
• Motor: Elektro
• Leistung: ab 136 PS
• 0-100 km/h: 9,7 s
In Städten sei das Wasser-Problem dank der verfügbaren Hydranten einfach zu lösen. Auf Autobahnen müsse man sich mit einem zusätzlichen Einsatzfahrzeug darauf einstellen oder vorab die Umgebung nach einer Wasserquelle absuchen. Dem Notruf solle deshalb mitgeteilt werden, wenn ein Elektroauto in den Unfall verwickelt ist.
Tesla gibt an, dass für den Löschvorgang eines brennendes Model S rund 11.000 Liter Wasser nötig seien. Normale Einsatzfahrzeuge speichern ungefähr 2.000 Liter Wasser, üblicherweise genug für brennende Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Für die gibt es außerdem Zusätze oder Löschschaum, der speziell für solche Brände entwickelt wurde.
Die Feuerwehr arbeitet an besseren Lösungen
Die Entwicklung spezieller Mittel gegen brennende Elektroautos läuft bereits. Aktuell können die Fahrzeuge in einer großen, mit Wasser gefüllten Wanne gelagert werden, um ein weiteres Entzünden zu verhindern. Das vereinfacht die Akkukühlung, funktioniert aber nur bei Pkw, nicht bei Lkw oder Bussen. Ein sogenannter Nagel könnte künftig das Löschwasser direkt in den Akku einbringen. Löschzusätze könnten den Akku besser kühlen.
Bis es neue Mittel gibt, empfiehlt der Deutsche Feuerwehrverband in seiner „Risikoeinschätzung Lithium-Ionen Speichermedien“ folgendes Vorgehen: „Die Feuerwehr führt wirksame Löschmaßnahmen mit Wasser durch und verhindert eine weitere Brand- und Rauchausbreitung in andere Brandabschnitte. Im weiteren Verlauf sollte die Wärmeentwicklung des Lithium-Ionen-Speichermediums, z. B. mittels Wärmebildkamera, überwacht werden.“
Es lässt sich allerdings nur schwer feststellen, ob das Feuer tatsächlich gelöscht ist: „Indikatoren, aus denen mit ausreichender Sicherheit eine Rückzündung ausgeschlossen werden kann, fehlen. Aus diesem Grund sollten Lithium-Ionen-Speichermedien an einen sicheren Ort verbracht oder einem Entsorger übergeben werden.“
Bei einem Elektroautobrand gibt es für die Feuerwehr also mehr zu tun. Löschvorgang und Entsorgung bedeuten mehr Aufwand. Je nach Ort des Brandes und Infrastruktur vor Ort müssen sich die Einsatzkräfte speziell organisieren. Aber Lösungen für diese Probleme sind in der Entwicklung. Vom Elektroauto selbst geht keine größere Gefahr aus.
Das ist beim Brand eines Elektroautos zu beachten
Mit einem Elektroauto muss man sich daher nicht einschränken. Man darf überall fahren, parken und laden, auch in engen Tiefgaragen: „Zertifizierte Ladeeinrichtungen auf Einstellplätzen in Garagen können aus heutiger Sicht auch in Tiefgaragen als notwendige Bestandteile des Betriebs und Abstellen von Fahrzeugen akzeptiert werden“, heißt es in der Risikoeinschätzung.
Fängt ein Elektroauto Feuer, gilt für die Passagiere im Prinzip das Gleiche wie bei dem Brand eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor. Sie sollen:
- Das Auto so schnell wie möglich verlassen
- Den Brand melden und darauf hinweisen, dass es sich um ein Elektroauto handelt
- Dem brennenden Auto fernbleiben: Von Airbags, Stoßdämpfern und Reifen geht Gefahr aus
- Sich dem gelöschten Fahrzeug nicht nähern, bis es von der Feuerwehr freigegeben ist
Die Rettungskräfte müssen:
- Eine größere Menge Löschwasser bereitstellen
- Die Temperatur des Akkus nach dem Löschen überwachen
- Einen speziellen Abtransport organisieren, der berücksichtigt, dass der Akku erneut Feuer fangen kann
- Das Fahrzeug in Quarantäne lagern, um bei einer erneuten Entzündung keine anderen Fahrzeuge zu gefährden