Dacia Duster II im Alltagstest
Ist günstig Argument genug? Wir wollen beim Test des Dacia Duster den Preis einmal außen vor lassen. Überzeugt das SUV in zweiter Generation dennoch?
Dacia wirbt gern mit dem stärksten Argument: Ein so niedriger Preis, dass Autokäufer sich durchaus zwischen einem neuen Duster und einem gebrauchten SUV der Konkurrenz entscheiden können. Aber ist das alles, und trifft es immer zu? Spätestens im Alltag zählen die inneren Werte mehr. Um genau diese Werte ging es uns bei unserem Alltagstest. Zudem: Mit Allradantrieb, Diesel und Top-Ausstattung kratzt der Dacia an der 20.000-Euro-Marke. Absolut gesehen gibt es dafür schon viele gute Autos. Also seien wir fair, nicht nachsichtig.
Abmessungen, Platzangebot, Karosserie
Man muss schon zweimal hinsehen, um den zweiten Duster zu erkennen. Er sieht seinem ab 2010 gebauten Vorgänger sehr ähnlich. Der Unterschied liegt im Detail: Die A-Säule steht flacher, die Lichter sind weiter nach außen gezogen. Mit 4,341 Metern Länge ändert sich am Format nicht viel, auch der Radstand bleibt mit 2,673 Metern gleich. Auf der Rückbank finden Passagiere ausreichend Raum vor. Sogar der Mittelplatz ist zumutbar: Für ein Allradmodell befindet sich hier ein überraschend flacher Mitteltunnel.
Im Schlitz zwischen den Sitzen finden Handy und Geldbörse Platz, allzu viele Ablagemöglichkeiten stecken im Duster jedoch nicht. Im Komfort-Paket der Prestige-Ausstattung gibt es eine Schublade unter dem Beifahrersitz - dem Fahrer nutzt das nicht viel.
Der Kofferraum fasst 376 bis 1.431 Liter und bietet mit etwas Sitzbank-Tetris eine fast ebene Ladefläche. Dabei werden die hinteren Sitzflächen nach vorne geklappt und schaffen Platz für die Lehnen, deren Kopfstützen zuvor entfernt werden müssen. Die Teile wirken etwas filigran: Wo das Raumkonzept endet und Sachbeschädigung beginnt, lässt sich beim Erstversuch nicht sofort erkennen. Zur Beruhigung: Ganz so leicht geht dann doch nichts kaputt. Die Handhabung der Gurtschlösser beim Wiederaufbau der Lehne ist etwas fummelig und braucht Geduld und Übung.
Innenraum, Verarbeitung, Materialien
Rumänische Weinbauern wissen es längst: In einen Duster gehören zweckmäßige Oberflächen. Armaturenbrett und Seitenverkleidung bestehen daher aus solidem robusten Plastik. Das im neuen Duster deutlich hübscher aussieht als in früheren Dacia-Modellen.
Keine Science-Fiction: Die Klima-Automatik für 200 Euro Aufpreis zeigt per Digitalanzeige Temperatur und Gebläsestufe. Ob Weinbauern Interesse an Anthrazit-Lederbezügen auf den Sitzen (500 Euro) hätten, wissen wir nicht. Uns gefallen sie.
Die vorderen Sitze verfügen über feste Wangen und bieten damit trotz fehlender Taillierung einen guten Seitenhalt in Kurven. Aber: Höhenverstellung und Mittelarmlehne gibt es selbst in der Top-Ausstattung Prestige nur für den Fahrer.
Antrieb, Motor und Getriebe
Dacia stellte den Duster im September 2018 auf die Abgasnorm Euro 6d-Temp um und bietet seitdem drei Benziner (114 PS, 131 PS, 150 PS) und zwei Dieselvarianten (95 PS, 116 PS) an. Vor allem beim Diesel sollten Interessenten bedenken, dass ein Modell mit früherer Zulassung womöglich von künftigen Innenstadt-Fahrverboten betroffen sein könnte.
Der 114 PS starker 1,6-Liter-Vierzylinder-Sauger ist optional als LPG-Variante erhältlich. Darüber rangiert mittlerweile ein aufgeladener 1,3-Liter-Vierzylinder mit 131 oder 150 PS, der aus der Kooperation zwischen Renault und Daimler stammt. Wir fahren die stärkere Selbstzünder-Variante mit 116 (vormals 109) PS. Viel auf der Autobahn, manchmal auf der Landstraße und am meisten im Stadtverkehr. Bei freier Fahrt verbrauchen wir um die 5,4 Liter DIesel auf 100 Kilometer, in der Stadt steht auch mal eine 6 vorn.
Das maximale Drehmoment beträgt 260 Newtonmeter und liegt bei 2.000 Umdrehungen an. Die Höchstleistung erreicht der 1,5-Liter-Diesel bei 3.750 Touren. Spätestens ab etwa 3.500 Umdrehungen wird der Motor aber unangenehm laut, besser man hält die Drehzahl mittels des kurz übersetzten Sechsgang-Getriebes weiter unten. Bei 50 km/h lässt es sich gut im fünften Gang durch die Stadt gleiten. Die Spitze liegt bei akzeptablen 180 km/h.
Eine Automatik bietet Dacia im Duster derzeit nicht an, bis September 2018 war der 109-PS-Diesel mit Doppelkupplungsgetriebe lieferbar. Die Nachfrage war offenbar zu gering. Alle Motoren sind für 1.900 Euro Aufpreis mit Allrad kombinierbar - wie unser Testwagen. Ein Drehregler an der Mittelkonsole erlaubt die Wahl zwischen 2 WD (Frontantrieb), 4 WD (Allrad) und Lock. Dann schickt das Getriebe stur eine 50:50 Grundverteilung an die Achsen.
Fahrverhalten, Fahrwerk, Lenkung
In der Stadt, wo die meisten SUV unterwegs sind, braucht man einen Allradantrieb natürlich nicht. Auch auf trockenen, geteerten Straßen bringt er nur überschaubare Vorteile. Selbst im 2WD-Modus bleibt die Lenkung fast frei von störenden Antriebseinflüssen. Leider übermittelt sie auch sonst kaum Einflüsse und verrät wenig, wie es um die Fahrbahnbeschaffenheit oder den Grip der 17-Zöller steht. Bei schnellerer Fahrt steigt der Widerstand geringfügig.
Das Fahrwerk stimmt Dacia weich ab, es lässt die Karosse beim Bremsen nicken und drückt sie in schnellen Kurven in Richtung des äußeren Vorderrades. Insgesamt fährt so ein Duster am liebsten gemütlich. Dann filtert das Fahrwerk Stöße problemlos, ruppiges Kopfsteinpflaster unter den Reifen lässt sich allenfalls erahnen. Bei Unebenheiten in der Kurve versetzt der Dacia mitunter leicht. Wer es komfortabel mag, bekommt ein komfortables Auto - nicht nur “für den Preis”.
Assistenzsysteme und Sicherheit
Baut Dacia überhaupt ein SUV; oder ist der Duster doch eher ein leicht geglätteter Geländewagen? Der Duster kommt in der zweiten Generation optional mit einem Multiview-Kamera-Paket (ab 450 Euro im Paket mit Totwinkel-Warner). Über Front-, Heck-und Seitenkameras sieht der Fahrer frühzeitig, was hinter der nächsten Kuppe liegt oder wie viele Zentimeter ihn vom Felsen trennen.
Glücklicherweise taugt die Offroad-Videoanlage auch für das Ausspähen geeigneter Parklücken. Mehr Unterstützung zusätzlich zum Parkpiepser gibt es nicht: Ein selbsttätig lenkender Parkpilot fehlt in Dacias Aufpreisliste.
Als erster Dacia bietet der Duster II Vorhangairbags. Außerdem stattet die Renault-Tochter ihn serienmäßig mit automatischem Abblendlicht und einer Berganfahrhilfe aus. Ab der zweithöchsten Ausstattungslinie gehört eine Bergabfahrhilfe zur Ausstattung.
Bedienung und Infotainment
Retro-Fans werden es lieben: Dacias Infotainmentsystem erinnert auf den ersten Blick etwas an die Sendersuche eines 1990er-Jahre-Röhrenfernsehers. Aber es ist übersichtlich aufgebaut und leicht zu verstehen. Neben Navi, Telefon und Radio lässt sich im Touchscreen das Eco-Programm anwählen. Dann vergibt der Duster Punkte für spritsparendes Fahren und zählt die per Motorbremse zurückgelegten Meter. So anschaulich verdeutlicht sonst kein Hersteller das Sparpotenzial des Schubbetriebs.
Zum Allrad-Paket gehört außerdem ein “4x4-Monitor”, der die seitliche Neigung und das Gefälle grafisch auf dem Bildschirm darstellt. In der Mitte zeigt ein Kompass die Himmelsrichtung. Auch dieses Feature zeigt: Dacia sieht sich durchaus als Offroad-Marke.
Preise und Ausstattung
Den Preis komplett ignorieren? Würden Dacia-Kunden nie tun. 11.490 Euro kostet die Basisversion mit 114-PS-Benziner und Frontantrieb in der “Access”-Ausstattung. Die so karg gar nicht mehr daherkommt: Immerhin gehören elektrische Fensterheber vorn, ein Lichtsensor, Tempomat und Berganfahrhilfe zur Serienausstattung. Klimaanlage oder Radio kosten allerdings extra. Die nächsthöhere Variante “Essential” (ab 12.500 Euro) bringt zusätzlich Dachreling, Nebelscheinwerfer und ein Radio mit.
Die stärkeren Motoren sind an die Ausstattungslinien “Comfort” und “Prestige” gekoppelt. Die Topausstattung kostet ab 16.850 Euro.
Der getestete, stärkere 1,5-Liter-Turbodiesel mit 116 PS ist ab 15.900 Euro in der “Comfort”-Ausstattung erhältlich. Mit der “Prestige”-Linie steigt der Preis auf mindestens 17.200 Euro. Im Testwagen kam Allrad (1.900 Euro) hinzu, ebenso Kamerasystem und Totwinkel-Warner (im Paket 450 Euro), Lederbezüge (500 Euro), Sitzheizung vorne (150 Euro) sowie der Metallic-Lack. In Summe kostet der Testwagen so mehr als 20.000 Euro.
Dafür bekommt man bereits einen Suzuki SX4 S-Cross, Kia Sportage oder Mitsubishi ASX. Oder einen Opel Mokka X. Mit Allrad und Diesel kosten diese Modelle allerdings deutlich mehr.
Fazit Dacia Duster II: Viel Auto fürs Geld?
Ja, man bekommt beim Dacia Duster viel geboten und muss nicht in allen Punkten den Nachsatz “für den Preis” hinzufügen. Abstriche erfordert er jedoch ebenfalls, vor allem beim Fahrverhalten und bei der Materialanmutung. Der zweite Duster II fährt besser als der erste, aber dennoch schwammiger als die meisten Konkurrenten. Wer Fahrdynamik erwartet, ist hier definitiv falsch, woran auch ein günstiger Preis nichts ändern kann.
Wer jedoch komfortabel und ökonomisch im Alltag unterwegs sein möchte, sollte sich den Dacia Duster ruhig einmal genauer ansehen. Wenn dazu noch etwas Offroad-Kompetenz gefragt ist, wird der Duster zur Punktlandung. Denn er federt zwar weich, ist aber in der richtigen Ausstattung dennoch kein weichgespültes Stadt-SUV. Gut so!
Technische Daten: Dacia Duster II
- Modell: Dacia Duster dci 115 4x4
- Motor: 1,5-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel
- Getriebe: 6-Gang-Handschalter
- Leistung: 116 PS bei 3.750 Umdrehungen
- Drehmoment: 260 Nm bei 2.000 Umdrehungen
- Verbrauch: 4,2-4,7 l/100 km
- CO2: 152-147 g/km (WLTP)
- 0 – 100 km/h: 10,4 s
- Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
- Länge: 4.340 mm
- Breite: 1.800 mm
- Höhe: 1.620 mm
- Radstand: 2.670 mm
- Leergewicht (EU): 1.480 kg (diese Variante)
- Anhängelast: 1.500 kg
- Kofferraum: 376-1.431 l
- Grundpreis Dacia Duster: ab 11.490 Euro
- Grundpreis dci 115 4x4: ab 17.800 Euro EUR