Cupra Ateca (2019) Test: Mit dem Sport-SUV im Alltag
Den Cupra Ateca kann man als Radau-Bruder des Seat Ateca bezeichnen. Das 300-PS-SUV ist in Grundzügen mehr als wild. Doch im Detail nicht nur wild. Alltagstest.
Seats neue Sport-Submarke Cupra legt zum Debüt ein SUV tiefer. Stattet es mit 300 PS aus. Versieht die Karosse mit Logos im Stil eines Steißbein-Tattoos. Soll heißen: Der Cupra Ateca ist nicht die erste Wahl, um den Nachwuchs zur Fridays-for-Future-Demo zu fahren. Doch das potente Kompakt-SUV hat mehr als die offensichtliche pubertäre Seite. Was der Allradler mit Doppelkupplungsgetriebe im Alltag noch von sich zeigt? Und wie ausgeprägt seine sportlichen Wesenszüge im Detail geraten? Wir testen den sportlichen Ableger des Seat Ateca zwei Wochen im Alltag, um es herauszufinden.
Abmessungen, Platzangebot, Karosserie
Cupra bastelt das erste eigene Sportfahrzeug aus einem Erfolgsmodell: Der Ateca ist das aktuell meistverkaufte SUV der Muttermarke Seat. Bei Plattform (MQB A1) und Grundkarosse besteht kein Unterschied zwischen dem wilden Modell von Cupra und der braven Version des Seat-SUVs, das sich zwischen Arona und Taracco einsortiert. Optisch zeigt der Cupra Ateca das gesteigerte längs- und querdynamische Potenzial mit breiteren Schwellern und größeren Lufteinlässen. Außerdem fällt die Bodenfreiheit um einen Zentimeter niedriger aus als beim Seat Ateca. Offensichtlichstes Unterscheidungsmerkmal zur Brot-und-Butter-Version: die vier Auspuffendrohre – und natürlich das Markenlogo.
Auf 4,37 Metern bietet der Cupra seinen Insassen ausreichend Platz. Hinten gibt es genügend Kopf- und Beinfreiheit für erwachsene Passagiere, lediglich auf dem Mittelplatz wird es eng. In den Kofferraum passen 485 Liter. Ohne die hinteren Sitzgelegenheiten kann das Sport-SUV bis zu 1.579 Liter laden: Die Lehnen fallen im Verhältnis 40:60 – und auf Knopfdruck vom Kofferraum aus. Die entstehende Ladefläche ist nicht ganz eben, eine kleine Stufe bleibt. Am Fahrerplatz moniert man allenfalls die mäßige Rundumsicht beim Schulterblick. Dafür schätzt man die kurzen Überhänge, etwa beim Wenden oder bei der Parkplatzsuche. Denn machen wir uns nichts vor: Cupra Ateca und andere Sport-SUVs werden nicht nur für einsame Landstraßen und unbeschränkte Autobahn-Abschnitte gekauft.
Innenraum, Verarbeitung, Materialien
Sport hängt nicht an Speed oder G-Kräften. Sondern an kleinen Kniffen, zumindest in diesem Fall: Die Inneneinrichtung entspricht in Grundzügen jener des Seat-Modells. Der Cupra Ateca behält dessen geschwungenes, mäßig unterschäumtes Armaturenbrett und die geringfügig unterfütterten Armauflagen. Doch das Dreispeichen-Lenkrad mit Daumenauflage, die Alu-Pedalerie und die Carbon-Muster an Einlagen und Sitzbezügen stellen irgendetwas mit der Grundstimmung im Innenraum an. In Summe bleibt das Innere praktikabel, wirkt aber fokussierter.
Zugegeben, ohne die optionalen Schalensitze mit Alcantara-Bezügen (1.875 Euro Aufpreis) würde der Passagierraum dieses Kompakt-SUVs wohl beliebiger anmuten. Außerdem bieten die stark taillierten Stühle tollen Seitenhalt und erlauben eine annehmbar tiefe Sitzposition. Eine längere (oder herausziehbare) Beinauflage wäre der Stützung zuträglich, wenn man das Sport-SUV über kurvige Strecken scheucht.
Fahrwerk, Lenkung, Fahrverhalten
In Kehren nimmt man 1,61 Meter Fahrzeughöhe, 1,63 Tonnen Leergewicht und eine unbequeme Wahrheit mit: dass ein Kompakt-SUV am Eingang eben nicht die gierigen Rotationsbewegungen vieler sportlicher Flachbahner vollzieht. Trotzdem: Schnelle Kurven und zügige Richtungswechsel meistert der Cupra Ateca agil – nicht nur für ein SUV. Im Detail handelt der Ateca die Dynamik recht trocken ab: Cupras Erstlingswerk bietet mit den 19-Zoll-Winterreifen von Pirelli ein fröhliches Eigenlenkverhalten und die Hinterachse steckt Lastwechsel in der Kurve gut weg. Die vordere beißt verlässlich und bringt dabei erfreulich wenig Bewegung in den Aufbau.
Die Seat-Tochter verbaut ein adaptives Fahrwerk (serienmäßig, interne Bezeichnung DCC) mit Comfort-, Normal- und Sport-Stellung. Straff arbeiten die Dämpfer in jedem Fall. Doch andere Sport-Modelle (und Sport-SUVs) muten den Bandscheiben bei Unebenheiten mehr zu.
Der Widerstand an der Lenkung hängt ebenfalls davon ab, in welcher Position das Fahrprogramm-Rädchen steht. Alternativ lässt sich über den Bildschirm eine individuelle Konfiguration erstellen – also die Arbeitsweise von Fahrwerk, Lenkung und Motor getrennt justieren. Wir verordnen dem Steuer meist das schärfste Programm. Hier dreht sich die Lenkung immer noch ausreichend leicht für den Alltag, doch handfest genug für ambitionierte Momente. Keine Auswirkung hat das Fahrprogramm auf den Druckpunkt der Bremse – der dürfte gerne klarer definiert sein. Die Verzögerungsleistung passt: In den vorderen Radkästen des Testwagens steckt die optionale Vierkolben-Bremsanlage von Brembo (2.695 Euro). Ihre gelochten, 310 Millimeter großen Bremsscheiben sind für eine (einigermaßen) gesetzestreue Landstraßen-Bolzerei ausreichend Fading-resistent.
Antrieb, Motor, Getriebe
Sportfahrer kennen diesen Antriebsstrang: Der aufgeladene 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner mit (alternativlosem) Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe steckt in ähnlicher Form unter anderem in den Kompaktsportlern VW Golf R und Audi S3. Im Ateca generiert das Aggregat 300 PS und ein Drehmoment von 400 Newtonmetern. Laut Datenblatt liegt seine Höchstleistung von 5.300 bis 6.500 Umdrehungen konstant an, die maximale Kraft zwischen 2.000 und 5.200 Umdrehungen.
In der Praxis sind zwei Drehzahlbereiche interessant – und ein weiterer vernünftig: Unterhalb von 2.500 Touren fährt der Ateca akustisch unauffällig und mit vertretbarem Durst von knapp weniger als acht Litern (kombiniert). Darüber lässt sich Schub spontan und mit toller Geräuschkulisse abrufen – laut Hersteller entsteht das sonore Grummeln ohne künstliche Hilfestellung. Das Schreien jenseits der 5.000 Umdrehungen sollte damit ebenfalls echt sein – lediglich das Sprotzen bei Gaswegnahme trainierten die Techniker dem Ateca an. Im normalen Modus lässt er das noch bleiben, im Sport-Modus wird sozialverträglich fehlgezündet, im Cupra-Programm darf das SUV herrlich extrovertiert nachschießen.
Die Arbeitsweise der Automatik verändert sich mit den Fahrmodi ebenfalls. In den Sport-Programmen schaltet das System beim Bremsen früh und hart zurück. Doch erfolgt die anschließende Rückkehr aufs Gaspedal plötzlich oder hart, sortiert das DSG die Gänge zu langsam. Wer will, kann über die serienmäßigen Schaltpaddel mitbestimmen. Überstimmt wird man am Kurvenausgang: Bei eingeschlagener Lenkung schickt das System nicht die ganze Kraft an die vier Räder. Schade, denn bei dieser Leistung und (weitgehend) deaktivierbarem ESP wären wohl Side-Steps des Hecks drin. So funktionieren sie allenfalls auf Schnee.
Mehr Chance auf Unfug bietet sich in Längs-Richtung: ESC auf Sport oder Off, linker Fuß auf die Bremse, rechter aufs Gas – so aktiviert man die Launch-Control für schnelle Starts. Nach viel Drama bei rund 4.000 Touren schießt der Cupra beim Bremsenlösen mit optimalem Schlupf weg. 5,2 Sekunden danach zeigt der digitale Tacho 100 km/h.
Infotainment, Radio, Bedienung
Im Cupra Ateca blickt der Fahrer auf stilisierte Rundinstrumente für Drehzahl und Speed. Flankiert wird der digitale Tacho von Balken-Anzeigen für Temperatur und Tankinhalt. Wer mag, holt sich die Navi-Karte zwischen die Armaturen. Und blendet am acht Zoll großen Infotainment-Screen an der Mittelkonsole (Navigationssystem Plus, serienmäßig) Rundinstrumente für technische Detail-Infos ein.
Seats Version dieses SUVs kommt (optional) mit gleichem Bildschirm und ähnlichen Funktionen, daneben stecken vergleichbare Systeme in Armaturenträgern von VW bis Skoda. Die schnelle Bedienung klappt ohne Vor-Erfahrung mit Konzernprodukten: Über Tasten wählt man den Menüpunkt, alle weiteren Anpassungen erfolgen über den Touch-Screen. Die Klimaanlage steuert man über Knöpfe und Drehregler darunter.
Assistenzsysteme und Sicherheit
Serienmäßig verfügt das Sport-Modell über Einparksensoren und ausreichend Kamera-Linsen für ein Top-View-Bild. Doch bei Dunkelheit oder Regen erkennt man zu wenig. Und wechselt mit bangem Blick zwischen Spiegel und Screen – jedenfalls, bis man sich daran gewöhnt, wie knapp der teilautonome Park-Assistent an andere Autos heranfährt. Irgendwann wächst das Vertrauen, denn ein Schnitzer unterläuft dem Ateca im gesamten Test-Zeitraum nie. Das Tempo wählt der Fahrer selbst – notgedrungen, denn die Beinarbeit lässt sich beim Einparken nicht delegieren.
Selbstständig betätigt der Cupra Ateca Gas- und Bremse allenfalls im Stau. Über den adaptiven Tempomaten folgt das Kompakt-SUV dem vorausfahrenden Auto. Dabei agiert der Cupra etwas zu ruckartig. Immerhin arbeitet der Spurhalteassistent mit Spur-Zentrierungsfunktion (inklusive ACC im Paket für 975 Euro) sachter.
Ausstattung, Preise, Kosten
Cupras aufstachelndes Kompakt-SUV mit feiner Technik und pubertärem Charme kostet ab 42.850 Euro. Sein Antriebsstrang steckt in vielen weiteren Modellen des Konzerns. Im gleichen Stall stehen die geringfügig kleineren SUVs Audi S Q2 (ab 44.500 Euro) und Volkswagen T-Roc R (43.995 Euro). Ein Tiguan R soll folgen. Der BMW X2 kommt dem Cupra Ateca in der Länge nahe, doch langt als vergleichbarer X2 M35i (306 PS, ab 55.300 Euro) auch beim Preis zu. Ähnlich teuer wie der Bayer wird Mercedes angekündigter GLB 35 AMG (306 PS) in der Basis.
Der Vergleich zeigt: Ein schlechter Deal ist der Cupra Ateca nicht, wenn man ein sportliches Kompakt-SUV mit potentem Aggregat möchte. Zum Einstiegspreis kommt der Cupra Ateca unter anderem mit Zweizonen-Klimaanlage, großem Infotainment-System, Alu-Pedalerie und Sportlenkrad. Außerdem stellt die Seat-Tochter taillierte Sitze in den Innenraum. Neben den noch schärferen einteiligen Schalensitzen (1.875 Euro) treiben das Panorama-Glas-Schiebedach (1.130 Euro), die Brembo-Bremsanlage (2.695 Euro), das Assistenten-Paket (975 Euro) und die alternativen 19-Zöller „Cupra R Chopper“ (1.100 Euro) den Preis unseres Testwagens nach oben. Zusammen mit Heizfunktionen für Windschutzscheibe (190 Euro) und Sitze (im Winter-Paket, 410 Euro), dem Beats Soundsystem (540 Euro) und der ausfahrbaren Anhängerkupplung (820 Euro) kostet das abgebildete Fahrzeug 54.696 Euro.
Fazit
Der Cupra Ateca bietet in längsdynamischer und akustischer Hinsicht viel – jedenfalls, wenn man für den insgesamt jugendlichen Zugang der Seat-Tochtermarke empfänglich ist. Und die Gaspedalstellung entsprechend wählt. Der Ateca lässt sich auch sozialverträglich und unauffällig bewegen. Dann steuert man schlicht eines von vielen sportlich gezeichneten Kompakt-SUVs durch den Stadtverkehr – mit der Option, jenseits des Ortsschildes mehr Schärfe abzurufen. Wer den Sport richtig ernst und in enge Kurven mitnehmen möchte, wird mit einem Kompakt-Sportler von normaler Höhe glücklicher. Zum Beispiel mit dem Golf-Bruder Leon und demselben Aggregat – die Sport-Version zieht demnächst von Seat zu Cupra um.
Cupra Ateca (2019): Technische Daten
Modell | Cupra Ateca 2.0 TSI DSG 4Drive |
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Motor | 2,0-Liter-Turbobenziner |
Leistung | 300 PS (221 kW) b. 5.300-6.500 U/min |
Drehmoment | 400 Nm b. 2.000-5.200 U/min |
Getriebe | Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, Allradantrieb |
0-100 km/h | 5,2 s |
Höchstgeschwindigkeit | 247 km/h |
Leergewicht (EU-Norm) | 1.632 kg |
Verbrauch | 7,4 l/100 km |
CO2-Ausstoß | 168 g/km |
Abgasnorm | Euro 6d-TEMP |
Länge | 4.367 mm |
Breite | 1.841 mm |
Höhe | 1.611 mm |
Radstand | 2.631 mm |
Kofferraumvolumen | 485 - 1.579 l |
Basispreis Cupra Ateca | ab 42.850 Euro |
Preis des Testwagens | 54.969 Euro |