BMW X1 vs. Volvo XC40 : Zwei starke Kompakt-SUV im Vergleich
Später Start und selbstbewusstes Debüt: Volvo positioniert den XC40 auf Augenhöhe mit dem BMW X1. Beide Kompakt-SUV mit großen Benzinern im Vergleichstest.
Berlin – So ganz wörtlich muss man die Augenhöhe nicht nehmen. Tatsächlich zieht BMW die Scheinwerfer des X1 weit nach unten, sie blicken Streng aus der Fahrzeugfront. Volvo mag die Horizontale lieber und zeichnet eine Gerade quer durch die Front, an der sich Grill und Lampen ausrichten. Alles in allem ein paar Zentimeter höher als beim X1. Das wirkt erhaben und selbstbewusst.
Eine gute Einstellung, denn Volvo hat dem XC40 ein anspruchsvolles Segment ausgesucht. Er startet in der wichtigen Klasse der Kompakt-SUV mit Blick auf die hochpreisige Konkurrenz. Langfristig sollen weitere Volvo-Modelle seinem Vorbild folgen: Er basiert als erstes Auto auf der neuen Architektur für kleine Fahrzeuge. Der nächste V40 rollt auf dem gleichen Baukasten.
Die kleine Plattform sieht kleine Motoren vor, beginnend bei einem Dreizylinder. Zum Vergleich tritt der XC40 aber mit breiter Brust und großem Antrieb an. Im T5 AWD arbeitet ein 2,0-Liter-Turbobenziner mit 247 PS und Allradantrieb. Sein Konkurrent aus Bayern hält als X1 xDrive25i 231 PS dagegen. Beide Antriebe sind unvernünftig stark für die Klasse. Das macht sie souverän, aber durstig.
Karosserie, Platzangebot und Abmessungen
Der Schwede fühlt sich mehr nach SUV an. Er überragt den X1 um gut fünf Zentimeter, Einstieg und Sitzposition liegen höher. Volvo baut außerdem das breitere Autos. All das nutzt jedoch nichts, wenn es um das Gepäck geht: Beim Thema Laderaum steckt der BMW den XC40 locker in die Tasche.
505 bis 1.550 Liter lädt der Bayer ein, 45 bis 214 Liter mehr als der Volvo. Oft sind das leere Zahlen, hier ist der Unterschied aber deutlich erkennbar. Der BMW hat den breiteren Kofferraum, Freiräume hinter den Radkästen und das größere Fach unter dem Kofferraumboden. Nur mit umgeklappten Lehnen liegt der Vorteil bei Volvo, denn dort entsteht ein topfebener Ladeboden. Im BMW bleibt eine Kante. Beide Autos klappen die Sitze elektrisch um – gegen Aufpreis, versteht sich.
Die Motoren beider SUV sitzen quer unter der Haube, bei BMW in dieser Klasse, bei Volvo generell. Ein Layout, das vorn Platz spart, um hinten Raum zu bieten. Kaum ein Fond-Passagier wird sich die Knie an den Lehnen der Vordersitze aufreiben.
Im Volvo lässt sich aber nicht die ganze Breite nutzen, denn die Polster reichen nicht bis an die Türen. Seitlich kommt Hartplastik zum Einsatz, unschön für die äußeren Mitfahrer. Mittig stört der Tunnel für Kardanwelle und Abgasanlage – er baut höher als beim X1. Ebenfalls besser im BMW: Optional lässt sich die Sitzbank um zehn Zentimeter verschieben, die Lehnen sind dann neigbar. Beide Funktionen kosten 390 Euro, im Volvo sind sie aber gar nicht verfügbar.
Die ansteigende Fensterlinie im Volvo wirkt modern, verschlechtert aber das Raumgefühl. Der BMW bietet den luftigeren Innenraum mit guter Rundumsicht, auch vom Fahrerplatz aus. Gleichzeitig wirkt unser Testwagen dort beengt: Die Sportsitze sind selbst für schlanke Fahrer zu klein, außerdem zu hart gepolstert. Die Verlängerung der Beinauflage drückt unangenehm an den Schenkeln. Ein Extra, das man sich sparen kann.
Innenraum, Verarbeitung und Materialien
Apropos Sparen: Das tun Hersteller ganz gern, auch im „Premium“-Segment der Kompaktklasse. Immerhin gelingt das BMW und Volvo gut, denn sie sparen dort, wo niemand hinfasst. Im X1 fängt das Hartplastik außerhalb der unmittelbaren Reichweite an. BMW setzt haptisch weniger angenehme Materialien bei den Türtaschen und weit unten im Armaturenbrett ein. Insgesamt wirken die Oberflächen Hochwertig, sie werden von hübschen Zierleisten und LED-Lampen verschönert.
Leider schwächelt unser Testwagen dort, wo er oft berührt wird. Das Zierteil unterhalb des Infotainment-Bildschirms knarzt. Wer ihn mit Berührungen bedienen möchte, legt seine Hand zwangsläufig dort ab. Zum Glück bietet bMW als Alternative einen Dreh-Drück-Steller auf dem Mitteltunnel an. Blöd: Bei einem blinden Knopf in der Beifahrertür war die Blende herausgebrochen. Das sollte nicht so leicht passieren.
Patzer, die sich Volvo nicht erlaubt. Dafür gibt es mehr harten Kunststoff. Der startet im Armaturenbrett schon knapp unter dem Aluminium-Dekor, außerdem wird er in der Mittelkonsole und an den Türtaschen eingesetzt. Der Rest fasst sich angenehm an. Volvo setzt im Innenraum viel Filz ein, um die Haptik zu verbessern. Und bringt die besseren Sitze mit angenehmer Polsterung zum Vergleichstest.
Hinten dürfte das Leder aber gern bis ganz nach außen reichen. Die Rückbank sitzt auf einer Konsole aus Kunststoff, die spürbar im Innenraum ankommt. In dieser Preisklasse erwarten wir mehr, zumal sie die nutzbare Breite einschränkt.
Infotainment, Radio und Bedienung
Volvo installiert in allen Modellen der neuen Generation einen großen, vertikalen Touch-Bildschirm. Er lässt sich problemlos intuitiv bedienen, verfügt über eine klare Struktur und ist klug aufgeteilt. Mittlerweile zeigt das System aber sein Alter. Im Vergleich mit dem BMW-System wirkt seine Rechenpower träge. Das fällt besonders beim Zoomen der Navi-karte auf, oder wenn ein Smartphone über Android Auto gekoppelt ist.
Das bayerische Pendant reagiert hingegen zügig und bietet einen riesigen Funktionsumfang. Musik-Streaming geht auch ohne Handy, Apps und Services suchen nach Parkplätzen und unterstützen an vielen Stellen. Android Auto fehlt in der BMW-Aufpreisliste. Apple CarPlay läuft dafür ohne Kabel. Außerdem verstand uns die Sprachsteuerung des X1 besser.
Ein Plus an Komfort, das BMW sich teuer bezahlen lässt. Wo Volvo serienmäßig einen 9-Zoll-Touchscreen einbaut, gibt es bei BMW nur 6,5 Zoll ohne Touch. Ein Navigationssystem kostet im X1 fast 1.300 Euro Aufpreis, bei Volvo hängen die Preise an der Ausstattungslinie (800 bis 1.650 Euro für Navi und Harman-Kardon-Sound). Apple CarPlay und Android Auto gibt es im Paket für 360 Euro. BMW bietet CarPlay nur im Abo an und verlangt 300 Euro für drei Jahre Nutzungsdauer. Mit großem Bildschirm (8,8 Zoll) gibt es die Navigation Plus inklusive Head-up-Display für 2.890 Euro.
Assistenzsysteme und Sicherheit
Volvo bemüht sich um möglichst viele moderne Assistenten in der Basisversion. Ohne Aufpreis bremst der XC40 für Fußgänger, Radfahrer und Tiere, er passt an Kreuzungen auf und hilft dabei, die Spur zu halten. Außerdem erkennt er Verkehrszeichen und Müdigkeit im Gesicht des Fahrers. Letzteres schafft der X1 ebenfalls ab Werk, außerdem lindert ein Bremsassistent Blechschäden.
Wer im BMW mehr Hilfe möchte, muss sie bezahlen. City-Notbremse für Fußgänger, Spurverlassenswarnung und Fernlichtassistent fasst BMW im Paket „Driving Assistant“ für 650 Euro zusammen. Der Abstandstempomat mit Stauassistent kosten im großen Fahrhilfenpaket weitere 750 Euro. Das entsprechende Paket aus Schweden heißt „Intellisafe Pro“ und kostet 1.600 Euro, inklusive Totwinkelassistent, Querverkehrwarner und Heckaufprallabschwächung.
Beide Systeme tun nur das Nötigste. Im BMW unterstützt die Technik den Fahrer, lässt das Auto aber zu nah an Spurbegrenzungen pendeln. Der XC40 agiert bisweilen eigenwillig und zerrt derart stark am Lenkrad, dass man als Fahrer dagegen arbeitet. Volvo verspricht Besserung, zumindest eine Klasse höher beim neueren Mittelklassekombi V60.
Antrieb, Motor, Getriebe und Fahrleistungen
Die großen Motoren waren Volvo im XC40 besonders wichtig – zum Marktstart gab es nur die stärksten Antriebe. Im XC40 T5 AWD leistet ein Vierzylinder-Benziner 247 PS und 350 Newtonmeter, per Achtgang-Automatik verteilt an alle vier Räder. Der gleichgroße Benziner im X1 xDrive25i verfügt über das gleiche Moment und etwas weniger Leistung (231 PS). Im BMW steht die Kraft früher zur Verfügung, fällt aber schneller wieder ab.
Trotz des hohen Gewichts geht es in beiden Autos ordentlich vorwärts. Dem XC40 merkt man seinen stärkeren Motor an, vermisst aber im BMW absolut nichts. Zumal der Bayer ruhiger, tiefer und dadurch größer klingt. Im Vergleich wirkt der Volvo rau.
Spezielle Fahrmodi sollen beim Spritsparen helfen. Im Volvo gerät dieses Programm aber zu träge und verleitet dazu, mehr Gas zu geben. Wer den Verbrauch senken möchte, sollte sich auf seine eigenen Fähigkeiten verlassen und die elektronische Hilfe abschalten. Durstig sind beide Autos in jedem Fall: Auf dem Weg durch dichten Innenstadtverkehr zeigen die Bordcomputer stets zweistellige Werte an.
Besser wird es mit gleichmäßigen Etappen im Fahrprofil. Auf einer Pendelstrecke mit Landstraße, Stadtverkehr und niedrigem Tempo auf der Autobahn spritzte der Volvo 8,9 Liter Benzin pro 100 Kilometer in die Brennräume. Der X1 war auf gleicher Strecke etwa einen Liter sparsamer. Im Testschnitt mit hohem Stadtverkehr-Anteil standen am Ende 10,6 Liter auf der Uhr, der Volvo liegt mit 11,2 Litern deutlich hinten.
Fahrwerk, Getriebe, Lenkung und Fahrverhalten
Dabei animiert die Auslegung des Volvo XC40 eher zum Gleiten. Er lässt sich mit wenig Kraftaufwand lenken – toll für die Stadt, zu lasch für enge Kurven. Sein Verstellfahrwerk schwingt spürbar in der bequemsten Einstellung und spannt sich auf „Sport“ an. Harmonisch wirkt es in keiner Situation. Seine Karosserie rollt und nickt. Der XC40 wirkt vor allem weich, aber nicht komfortabler als sein Konkurrent.
Mehr Sport gibt es im BMW: Der X1 federt straffer und hat mehr Gewicht in der Lenkung. Federn und Dämpfer sind besser abgestimmt, er federt kontrollierter über Straßenschäden. Trotz seiner Härte wirkt auf glattem Asphalt komfortabler. Nur Querfugen bringen akustische Unruhe ins Auto. Im Sport-Modus fängt er an zu hoppeln und zu kippeln.
In beiden Autos arbeiten Wandlerautomaten mit jeweils acht Gängen. Im XC40 gibt es mehr Komfort, weniger Schaltrucken und die bessere Gangwahl, es fehlt jedoch an Geschwindigkeit. Der X1 muss sich den Vergleich mit den größeren Modellen der Marke gefallen lassen. Ganz so sanft und zielsicher schafft es sein Getriebe des Herstellers Aisin nämlich nicht. Insgesamt tun beide Automaten solide ihren Dienst, ihre Schwächen fallen im Alltag kaum auf.
Ausstattung, Preis und Kosten
Zwischen den Basismodellen von Volvo XC40 und BMW X1 liegen exat 100 Euro. Der BMW startet bei 32.350 Euro (X1 sDrive18i, 140 PS, Frontantrieb), der Volvo bei 32.450 Euro (XC40 T3, 163 PS, Frontantrieb). Unsere kräftigen Benziner trennen schmale 600 Euro. Der XC40 T5 AWD ist mit 45.700 Euro das teurere Auto. Dafür beitet er mehr Sicherheit sowie das größere Infotainmentsystem. Der X1 hat dem XC40 Komfortextras voraus, wie die Klimaautomatik mit zwei statt einer Zone (Volvo: 240 Euro) und eine elektrische Heckklappe (Volvo: im Paket für 700 bzw. 1.050 Euro).
Am Ende nützen dem X1 seine kleinen Vorteile wenig. Mit ähnlicher Ausstattung kostet der BMW mehr als der Volvo. Unser üppig bestückter Testwagen kostete 3.000 Euro mehr als der ebenso gestopfte Volvo. Günstig sind beide nicht, sie kosten jeweils deutlich mehr 50.000 Euro. Mit einem kleinen Benziner lässt sich aber viel Geld (und Sprit) sparen.
Unter dem Strich bleibt ein Vorteil für den BMW X1. Er gewinnt vor allem durch seine bessere Raumökonomie und sein ausgewogenes Fahrwerk. Es siegt vor allem das Klischee: Der X1 fährt sportlicher, der XC40 fühlt sich sicherer an. Mit ein paar Nachbesserungen an Fahrwerk und Assistenten könnte der Volvo diesen Vergleich gewinnen. Möglicherweise passiert das sogar zum Facelift. Mehr Platz wird es aber erst mit dem nächsten Modellwechsel geben.
Apropos Facelift: BMW hat den X1 mittlerweile überarbeitet. Neben neuen Details bei Optik und Infotainment ist zum ersten Mal in Europa ein Plug-in-Hybrid im Angebot. Im X1 xDrive25e treiben ein Benziner die Vorderachse und ein Elektromotor die Hinterräder an. Volvo nutzt bei seinen Plug-in-Hybriden eine ähnliche Technik, bietet dieses Konzept im XC40 aber noch nicht an.
Technische Daten BMW X1 und Volvo XC40
Modell | BMW X1 | Volvo XC40 |
---|---|---|
Motor | 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner | 2,0-Liter-Vierzylinder- Turbobenziner |
Leistung | 231 PS (170 kW) bei 5.000-6.000 U/min | 247 PS (182 kW) bei 5.500 U/min |
Drehmoment | 350 Nm bei 1.250-4.500 U/min | 350 Nm bei 1.800-4.800 U/min |
Getriebe | Achtgang-Wandlerautomatik, Allrad | Achtgang-Wandlerautomatik, Allrad |
Höchstgeschwindigkeit | 235 km/h | 230 km/h |
Beschleunigung 0 – 100 km/h | 6,5 s | 6,5 s |
Verbrauch | 6,4 l/100 km (NEFZ) | 7,2 l/100 km (WLTP) |
Testverbrauch | 10,6 l/100 km | 11,2 l/100 km |
Länge | 4,439 m | 4,425 m |
Breite | 1,821 m | 1,863 m |
Höhe | 1,598 m | 1,652 m |
Radstand | 2,670 m | 2,702 m |
Leergewicht laut EU-Norm | 1.615 kg | 1.772 kg |
Zuladung | 525kg | 445kg |
Anhängelast | 2000 kg gebremst | 2.100 kg gebremst |
Kofferraumvolumen | 505–1.550 l | 460–1.336 l |
Basispreis | 45.150 Euro (Advantage) | 46.100 Euro (Momentum) |
Preis Testwagen | 59.050 Euro | 56.250 Euro |