Die bayerischen Bad-Boys X5 M und X6 M
Der BMW-Sportverein M GmbH schickt die Brocken X5 M und X6 M 2020 als Competition-Modelle an den Start. Testfahrt mit 625 PS.
Acht Zylinder, Leistung auf Formel-1-Niveau, die Aerodynamik eines Reisebusses und 2,3 Tonnen Gewicht – grüne Nachhaltigkeit sieht anders aus. Ganz anders. Und sportliche Dynamik eigentlich auch. Kein Wunder, dass Power-SUVs wie der BMW X5 M oder der coupéartige Bruder X6 M einen zweifelhaften Ruf genießen. Auch und gerade in Deutschland, wo der Verkehrsraum knapp ist.
Kein Wunder, dass die M GmbH hierzulande eher weniger von diesem Modell absetzt. Ganz anders die Amis: Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten mit stark tempobegrenzten Highways laufen die hochbeinigen Boliden gut. Mehr als ein Drittel der Produktion – alle X5 M und X6 M werden in Spartanburg in South Carolina gebaut – bleiben in den USA. Ein ähnliches Volumen nehmen, wie sollte es anders sein, Russland und China ab.
2008 begründet der BMW X6 das Segment der SUV-Coupés. 2019 fährt der Bayer in dritter Generation vor.
Das ist neu am BMW X5 M Competition
Daran dürfte sich in Zukunft wenig ändern. Leistung lohnt sich betriebswirtschaftlich. Spaß für den Kunden, hohe Margen für den Hersteller. 575 PS liefert die vorherige Generation des X5 M. Doch die Kollegen bei der Daimler-Sportabteilung Mercedes-AMG und bei Audi haben die Latte auf 600 PS bzw. auf 612 PS hochgelegt. Dass BMW beim X5 M 2020 eine Schippe draufpackt, folgt fast einem Naturgesetz.
Die neue Bestmarke steht bei 625 PS. Wenn hinter dem M das Wort „Competition“ auf der Heckklappe steht. Traditionell werden so die noch stärkeren M-Modelle ausgezeichnet, bei den dicken SUVs wird die Variante zum ersten Mal angeboten. Wie beim Vorgänger gröhlt unter der Haube des X5 M – gleiches gilt für den neuen X6 M – ein Achtzylinder mit 4,4 Litern Hubraum.
Mit dem Vorgänger-Aggregat hat der V8 im Bug des X5 M Competition 2020 wenig gemein. Der intern „S63B44T4“ genannte Motor ist eine Neuentwicklung. Sein Debüt hat der V8 im derzeitigen M5. In der Basisversion des X5 M leistet er schon passable 600 PS. Zwei Turbolader beatmen die Brennräume so effizient, dass im X5 M Competition bereits ab 1.800 Umdrehungen die Kolben 750 Newtonmeter Drehmoment in die Achtgangautomatik drücken. Das Niveau hält der Achtzylinder bis 5.800/min, also praktisch in jeder Lebenslage.
So fährt der BMW X5 M Competition
Welche Urgewalten frei werden, kann man theoretisch nur erahnen. Praktisch lässt die brachiale Beschleunigung den Kopf chancenlos gegen die Nackenstütze prallen und den Oberkörper wehrlos ins gesteppte Merino-Leder sinken, wenn man aufs Gas drückt. Aus dem Stand vergehen 3,8 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h. Sportwagen-Niveau, das sich aber deutlich beeindruckender anfühlt, wenn man dabei Scheunentor-große Tunnel in die Atmosphäre zu bohren scheint.
Dazu passt perfekt der kernig-dumpfe Achtzylinder-Sound, der von einer Klappensteuerung im Auspuff aufgepeppt wird. Wer die leiseren Töne bevorzugt, Knopfdruck auf der Mittelkonsole genügt. Apropos Regelung: Bei 250 km/h werden auch bei der M GmbH der Höchstgeschwindigkeit elektronische Zügel angelegt. Dass es flotter geht, wissen all jene, die das M Driver´s Package in der Preisliste ankreuzen. Nach dem brav absolvierten Sicherheitstraining folgt die Software-Freigabe seitens des Herstellers und der X5 M lässt sich theoretisch mit 290 km/h durch die Landschaft katapultieren.
Fahrwerk vom Feinsten
Praktisch erlaubt der US-Bundesstaat Arizona allerdings nur 75 Meilen pro Stunde, also rund 120 km/h. Und dort stellt BMW den X5 M und das identisch motorisierte Coupé X6 M nun mal vor. Weil, wie gesagt, Amerika der Hauptmarkt ist. Glücklicherweise gibt es in den Bergen nördlich von Phoenix ein paar entlegene Strecken mit ernst zu nehmenden Kurven.
Und: Alle Achtung! Die Fahrwerksentwickler schaffen es, einen deutlich über zwei Tonnen schweren, mannshohen Koloss so abzustimmen, dass man Kurven fast so zielgenau wie mit einem Sportwagen durcheilen kann. X5 M und X6 M bleiben lange neutral, wanken nur unmerklich und kaschieren das hohe Gewicht fast vollständig.
Dafür hat BMW die starken X5 und X6 in ausführlichen Tests über die Nordschleife und andere Rennstrecken gejagt. Fahrwerk und Karosserie haben die Ingenieure versteift, um die Präzision zu verbessern. Serienmäßig rollen BMW X5 M und BMW X6 M auf einem adaptiven M-Fahrwerk. Elektrische Schwenkmotoren gleichen Wankbewegungen aus. Gestoppt wird vorne mit 395 Millimeter großen Scheiben, die von sechs Kolben in die Mangel genommen werden. Hinten bremsen BMW X5 und BMW X6 mit 380 Millimeter großen Scheiben und Faustsätteln.
• Motor: 4,0-Liter-V8-Biturbo
• Leistung: 600 PS
• 0-100 km/h: 3,8 s | Vmax: 305 km/h
Allradantrieb, Achtgangautomatik und „M Differenzial“
Wer rechtzeitig am Kurvenausgang aufs Gas geht, spürt, wie das Hinterteil des Wagens kurz „in die Knie geht“ und sich beim Herausbeschleunigen vom Asphalt abdrückt. BMW legt den Allradantrieb nämlich sehr heckbetont aus. Für weitere Unterstützung an der Hinterachse sorgt das „aktive M Differenzial“. Es teilt das Moment je nach Haftung zwischen den Hinterrädern auf. Eine elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung zwischen Vorder- und Hinterachse verteilt die Kraft voll variabel zwischen den Achsen.
Standardmäßig wirkt die Kraft bei X6 M und X5 M vor allem auf die Hinterräder. Erst wenn dort die Haftung verloren geht, kommt die Vorderachse ins Spiel. Je nach gewähltem Fahrmodus legt der Antrieb die Betonung mehr (4WD Sport) oder weniger (4WD) auf die Hinterräder. Im Modus 4WD Sport sollen sogar kontrollierte Drifts möglich sein, verspricht BMW.
Man merkt bereits: Es gibt ein ganzes Bündel an konfigurierbaren Einstellungen. An die persönlichen Bedürfnisse anpassen lassen sich neben der Auslegung des Allradantriebs die Charakteristik des Motors sowie die Kennlinien für Dämpfer und Lenkung. Nicht einmal das Bremssystem ist davon befreit. Erstmals gibt es in einem X5/X6 zwei Einstellungen für das Gefühl im Pedal.
Rote Knöpfe am Volant
Was man sich letztlich persönlich zurechtlegt, kann abgespeichert und auf Knopfdruck wieder abgerufen werden. Prominent in Rot sitzen hierzu zwei Schalter am Lenkrad, M1 und M2. In den Competition-Modellen steht zudem noch die Einstellung „Track“ zur Auswahl, bei der alle notwendigen Komponenten scharf gestellt sind, um optimale Rundenzeiten hinlegen zu können, gleichzeitig aber Assistenzsysteme wie Spurhaltung und Ähnliches deaktiviert werden.
Wobei man zugeben muss: Es zählt wohl mehr das Prinzip „Können-wenn-ich-wollte“. Echte Rennstrecken werden nur sehr wenige X5 M Competition oder X6 M Competition sehen. Vielleicht ist das besser so. Denn spätestens dort dürfte den Kunden auffallen, dass sich die Physik nicht überlisten lässt. Flacher und leichter kommt man im Zweifel mit deutlich weniger Leistung schneller um den Kurs. Aber, wie sagt BMW-Produktmanager Daniel Schmidt: „Wir verkaufen schließlich auch ein Leistungsversprechen.“
BMW X5 M Competition: Preise, Marktstart
Ein Versprechen, das es nicht umsonst gibt. Mindestens 128.100 Euro kostet schon der X5 M 2020. Die Competition-Version liegt bei 141.400 Euro. Der X6 M – ihn gibt es übrigens nur als Competition – steht mit 144.200 Euro in der Preisliste.
Das klingt nicht nur nach sehr viel Geld, das ist es auch. Bezogen auf die ungeheuren Leistungswerte und die üppige Serienausstattung relativiert sich das natürlich. Hinsichtlich der tatsächlichen dynamischen Kompetenz im Vergleich zu, sagen wir, einem BMW M5 oder gar einem M3, allerdings auch. In umgekehrter Richtung. Immerhin in der Relation Kilo pro Euro aber machen echte Sportwagen BMW X5 M oder BMW X6 M nichts vor.
Technische Daten BMW X5 M, BMW X6 M
Modell | BMW X5 M (Competition) | BMW X6 M Competition |
---|---|---|
Motor | 4,4-l-V8-BiTurbo | 4,4-l-V8-BiTurbo |
Leistung | 600 PS (625 PS) | 625 PS |
Drehmoment | 750 Nm | 750 Nm |
Antrieb | Automatik, 8 Gänge, Allrad | Automatik, 8 Gänge, Allrad |
Beschleunigung 0-100 km/h | 3,9 s (3,8 s) | 3,8 s |
Geschwindigkeit | 250 km/h / 290 km/h | 250 km/h / 290 km/h |
Verbrauch | 13,0-12,8 l/100 km | 12,7-12,5 l/100 km |
Abmessungen in mm (L/B/H) | 4.938/2.015/1.747 | 4.941/2.019/1.692 |
Kofferraumvolumen | 650-1.870 Liter | 650-1.870 Liter |
Gewicht | 2.385 kg | 2.370 kg |
Preis | 128.100 Euro (141.400 Euro) | 144.200 Euro |
Marktstart | April 2020 | April 2020 |