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BMW 700 in der Frontansicht, stehend
Quelle: Gudrun Muschalla
Angetrieben wird der BMW 700 von einem Motorradmotor der BMW R67

Aus dem Heck brummt es, und zwar ziemlich laut. Schon bei einem leichten Gasstoß neigt sich die Karosserie zur Seite. Bei diesem BMW ist vieles anders als bei anderen Modellen der Marke. Und doch ist der 700er ein typischer BMW mit einer ganz speziellen Geschichte.

1958 bricht der Absatz von BMW dramatisch ein. Motorräder sind in der Wirtschaftswunderzeit nicht mehr gefragt. Wer etwas Geld hat, kauft sich ein Auto, aber keinen BMW-Boxer mehr. Auch die Isetta, eine Mischung aus Motorrad und Roller, gefällt den anspruchsvolleren Kunden nicht mehr. Das schließt ihren Nachfolger Typ 600 mit ein. Das Topmodell BMW V8 sollen gehobene Manager fahren, doch BMW fährt damit nur Verluste ein.

BMW 1602 in der Ansicht von vorne-links, stehend
BMW 1602 in der Ansicht von vorne-links, stehend
Oldtimer von BMW

1929 rollt BMWs erstes Serienautomobil mit dem Namen "DA 2" vom Band.

Der bayerische Autohersteller steht kurz vor der Übernahme von Daimler-Benz. Was der Hersteller aus München benötigt, ist ein erfolgreiches, profitables Automodell. Es muss zwischen den beiden Extremen Isetta und V8 angeordnet sein. Ein Auto für die breite Masse. Eines, mit dem BMW wieder Geld verdienen und damit unabhängig bleiben kann.

Der BMW 700 ist genau das. Von einem österreichischen Händler initiiert und mit einem italienischen Designer erdacht, bietet der 700er zwei Türen, große Fenster und Platz für vier Erwachsene mitsamt Gepäck. Der Kofferraum sitzt vorne, darunter befindet sich ein 32 Liter fassender Tank. Besonderer Clou: Die Zweikreis-Belüftungsanlage kann den Fußraum beheizen und gleichzeitig dem Kopf kühle Frischluft zufächeln. Als Antrieb dient der gebläsegekühlte Motorradmotor der BMW R67 im Heck.

Der BMW 700 ist ein flinker Kleinwagen, den es als Coupé, Cabriolet und als familientaugliche Limousine gibt. Im Motorraum leistet der frisierte 700-ccm-Zweizylindermotorradmotor 30 PS. Daneben sitzen zwei Zündspulen und ein Vergaser, mehr nicht. Die Kraft wird direkt auf die Hinterachse übertragen, als Fahrwerk dient eine überarbeitete Version des alten BMW 600er Fahrwerks. Leistung und Fahrwerksauslegung reichen für Autobahngeschwindigkeiten bis 120 km/h.

Viel wichtiger als die Höchstgeschwindigkeit ist ohnehin das elegante Blechkleid. Bereits im Juni 1959 präsentiert der italienische Designer Giovanni Michelotti seinen ersten Entwurf, ein schickes Trapezdesign. Statt einer Knubbelhaube wie bei Isetta und VW Käfer entwirft der Designer einen klassischen Bug, zwei Seitentüren und ein kantiges Stufenheck. Im hier gezeigten 700 LS Luxus von 1964 schafft eine um 32 Zentimeter verlängerte Karosserie mehr Platz für die Passagiere.

Erstmals verwendet BMW eine selbsttragende Karosserie. Das spart Gewicht. Nur 630 Kilogramm wiegt der Zweitürer, der LS später 680 kg. Technisch entspricht der BMW 700 ansonsten weitgehend der Isetta 600. Dadurch bleibt er preiswert in der Anschaffung und im Unterhalt, bietet aber eine weniger biedere Optik als Autos von Ford, Opel oder VW. Auch der Motorsport hilft beim Verkauf: Motorsportlegende Hans Stuck (Vater von Hans-Joachim) gewinnt auf einem BMW 700 die Bergmeisterschaft der Saison. Kurz: Der 700er schafft, was BMW erreichen wollte. Das Modell verkauft sich sehr gut. Schon 1960 rettet sich BMW wieder in die schwarzen Zahlen.

So fährt sich der BMW 700

Der Erfolg des 700 ist auch aus heutiger Sicht plausibel. Der BMW bietet viel Platz und sogar “Freude am Fahren”. Wird der Zündschlüssel in der Mitte gedreht, dauert es nur einen kurzen Augenblick, bis der Motor im Heck anspringt. Schnell wird es im Innenraum laut. Der Zweizylinder-Motorradmotor benötigt viel Drehzahl, um genug Leistung zu liefern. Er vibriert stark, es zischt und knattert im Heck.

Doch nach ein paar Metern und zügigem Hochschalten übertönen die Windgeräusche den Motor. Bei mittlerer Drehzahl hängt der Boxer gut am Gas, vor Kurven wird kurz heruntergeschaltet und gleich wieder beschleunigt. Ein wenig Übung erfordert der BMW 700 im heutigen Verkehr. Der Fahrer muss den Schwung mitnehmen, um mitschwimmen zu können. Hat er einmal den Dreh raus, braucht er keine Angst davor zu haben, die schmalen 135/80-R12-Reifen an ihre Grenze zu bringen.

VW T1 in der Frontansicht, stehend
VW T1 in der Frontansicht, stehend
Der Volkswagen T1

Von 1950 bis 1967 lief der Kult-Bulli vom Band. Auf mobile.de werden vom Volkswagen T1 derzeit rund 120 Fahrzeuge angeboten.

Wer das dünne Bakelit-Lenkrad fest umgreift und sich tief in die weichen Sitze presst, wird den Anschnallgurt nicht vermissen. Der Blick wandert dann nur noch zwischen der Straße und den beiden hübschen Rundinstrumenten hin und her. Die vier Gänge lassen sich schnell und ohne hinzusehen schalten. Das eher weich abgestimmte Fahrwerk bügelt tiefe Löcher einfach weg, die schmalen Reifen ignorieren Spurrillen tapfer. Einzig das Anfahren an der Ampel sorgt für etwas Herzklopfen. Selbst bei schnellem Einkuppeln und anschließendem Vollgas kommt der 700er nicht richtig vom Fleck – von 0 auf 100 km/h vergehen mehr als 30 Sekunden, selbst bis 50 km/h vergeht eine gefühlte Ewigkeit.

Damit sind damalige Kunden aber immer noch gut unterwegs. Ein VW Käfer ist nicht schneller. Im Käfer 1200 Standard leistet ein Vierzylinder-Boxer damals 30 PS und treibt ihn auf bis zu 112 km/h hoch. Dafür bietet der Käfer weniger Platz im Innenraum und sieht vor allem aus wie ein Vorkriegsmodell. 1959 kostet er 3.790 Mark. BMW verlangt für den 700er mindestens 4.760 Mark, die Luxusversion kostet 4.995 Mark und der LS Luxus kostet 1962 sogar 5.320 Mark.

Mit dem 700 LS Luxus entwickelt BMW die Serie weiter. Der Radstand wächst, der Motor bekommt mehr Luft, Motor- sowie Hinterradaufhängung werden verbessert. Doch irgendwann stößt das Heckmotor-Prinzip an seine Grenzen. 1965 endet die Produktion des 700er. Zu diesem Zeitpunkt hat das Modell BMW längst gerettet. Nach rund 190.000 verkauften Fahrzeugen reicht das Geld für die Entwicklung neuer Modelle wie dem 02er und der „Neuen Klasse“. Auch wenn BMW-Fans heute eher auf frühe Dreier oder 02er schielen: An die Bedeutung eines 700 kommen diese Modelle nicht heran. Ohne den BMW 700 hätte es sie wohl nie gegeben.

Technische Daten BMW 700 LS Luxus

ModellBMW 700 LS Luxus
Motor 700-ccm-Zweizylinder-Boxer, gebläsegekühlt,
Getriebe manuelles synchronisiertes Viergang-Getriebe
Leistung 24 kW/32 PS bei 5.000/min
Drehmoment 51 Nm bei 3.400 U/min
Länge 3.860 mm
Breite 1.480 mm
Höhe 1.360 mm
Radstand 2.280 mm
Leergewicht 680 kg
0-100 km/h ca. 30 s
Geschwindigkeit 120 km/h
Verbrauch circa 6,0 l Super/100 km
Neupreis 1959 4.760 Mark

Der BMW 700 in Bildern

Ansicht des rechtsn Kotflügels des BMW 700
BMW 700 in der Frontansicht, stehend
BMW 700 in der Frontansicht, stehend
BMW 700 in der Heckansicht, fahrend
BMW 700 in der Ansicht von vorne-links, fahrend
Frontansicht des BMW 700, stehend
BMW 700 in der Heckansicht, auf einer Autobahn fahrend
Blick auf das LS-Emblem des BMW 700
Cockpit-Ansicht des BMW 700
Quelle: Gudrun Muschalla
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Technisch liegt der BMW 700 nah an der Isetta 600
Quelle: Gudrun Muschalla
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Angetrieben wird der BMW 700 von einem Motorradmotor der BMW R67
Quelle: Gudrun Muschalla
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Den BMW 700 gibt es als Coupé, Cabrio und als Limousine
Quelle: Gudrun Muschalla
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Der Zweizylinder-Motorradmotor im BMW 700 leistet 30 PS
Quelle: Gudrun Muschalla
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Im BMW 700 realisieren die Bayern das erste Mal eine selbsttragende Karosserie
Quelle: Gudrun Muschalla
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Der BMW 700 verkauft sich gut. Schon nach kurzer Zeit bringt der Zweitürer die Münchener wieder in die schwarzen Zahlen
Quelle: Gudrun Muschalla
7 von 9
Die 100-km/h-Marke erreicht der BMW 700 nach etwa 30 Sekunden. Bei 120 km/h ist Schluss
Quelle: Gudrun Muschalla
8 von 9
Der 700 LS Luxus bietet seinen Passagieren mehr Platz im Innenraum. 32 Zentimeter strecken die Ingenieure den BMW 700 in die Länge
Quelle: Gudrun Muschalla
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1962 verlangen die Bayern für die Luxus-Variante des BMW 700 4.995 Mark
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