Vier US-Präsidentenautos von Roosevelt bis Trump
Seit seiner Ausfahrt ist das Chevrolet-SUV von Donald Trump in den Schlagzeilen. Wir erklären warum, und zeigen die Autos früherer US-Präsidenten.
Donald Trumps aktuell häufigster Foto-Partner in Medienberichten sind weder Ehefrau Melania noch Konkurrent Joe Biden. Sondern der Chevrolet Suburban. Nach seiner Infektion mit Covid-19 ließ sich Amerikas 45. Präsident trotz Quarantäne im 5,6-Meter-SUV an seinen Fans vorbeikutschieren. Während die Anhänger vor dem Krankenhaus jubelten, kritisieren Gesundheitsexperten den medialen Stunt – unter anderem wegen eines speziellen Ausstattungsfeatures des Chevy.
In Trumps politischer Karriere spielt das Chevy-SUV bereits zum dritten Mail eine öffentlichkeitswirksame Nebenrolle. Zum zweiten Mal gerät sie wenig schmeichelhaft. Wir erklären die Hintergründe und blicken außerdem zurück auf die Autos früherer US-Präsidenten. Gemessen daran wird Donald Trumps Ausfahrt zur Lappalie.
1. Der „Kontroverse“: Chevrolet Suburban von Donald Trump
„Billions and Billions“ von Anhängern warten am 4. Oktober 2020 nicht vor dem Walter Reed Militärkrankenhaus nahe Washington. Aber ein paar Hundert, die gekommen sind, verleiten den Präsidenten zu einer fragwürdigen Aktion. Trump verlässt die Klinik, steigt in einen Chevrolet Suburban und winkt der Menge vom Rücksitz aus zu. Wer sich darüber garantiert nicht freut: jene beiden Personenschützer, die sich den großen Innenraum mit dem Corona-Infizierten teilen. Laut einem Arzt sei das Infektionsrisiko in diesem SUV riesig: Der kugelsichere Chevrolet Suburban sei hermetisch abgeriegelt, erzählt der Angestellte des behandelnden Krankenhauses. Als Maßnahme gegen chemische Angriffe werde demnach keine Luft aus der Umgebung gezogen.
Damit geht es für Fahrer und Beifahrer direkt aus dem kugelsicheren Chevy in die 14-tägige Quarantäne. Trump wird weltweit für seine Ausfahrt kritisiert.
Im Januar 2018 richtet sich die Kritik direkt gegen das Modell: Damals lässt Trump den Suburban nach Europa schaffen. Er reist mit dem Modell der 2014 ausgelaufenen, elften Generation zum Weltwirtschaftsforum in Davos. Ein lokales Schweizer Nachrichtenportal (Nau.ch) bezeichnet den Chevy als „altes SUV-Monster“. Vor allem der CO2-Ausstoß ruft Kritik hervor, dabei bleiben die Angaben vage. Verbrauch und Gewicht sind nicht bekannt. Wenn es um Präsidenten-Mobile und ihre Begleitfahrzeuge geht, kommunizieren US-Behörden zurückhaltend.
Im Top-Modell der Serienversion bewegt ein 6,2-Liter-V8 mit 410 PS ein Leergewicht jenseits der 2,5 Tonnen. Trumps gepanzerte Version ist garantiert schwerer, mutmaßlich stärker. Eine Limousine aus dem US-Fuhrpark hätte wenigstens die SUV-Kritiker besänftigt. Doch aufgrund des Antriebskonzepts scheiden diese Fahrzeuge aus: Sobald es bergig wird, muss Mr. President im Allradmodell sitzen.
Außerdem fühlt sich Trump in diesem SUV bekanntlich wohl: „Ich mag das Auto, in dem ich gerade sitze. Ein Chevrolet Suburban. Made in the USA“, antwortet der damalige Präsidentschaftskandidat Mitte 2016 auf die Frage nach seinem Lieblingsauto.
Seit 1993 produziert Chevrolet den Suburban (dt.: Vorort). In den USA ist das SUV ein vielgenutztes Polizei- und Militärfahrzeug.
2. Das voll ausgestattete Biest: Barack Obamas Cadillac One
In einer Stretch-Limo namens „The Beast“ vermutet man eher einen Wrestler als einen US-Präsidenten. Doch zu Barack Obamas Dienstfahrzeug passt der Spitzname. Der Cadillac One wiegt mehr als sieben Tonnen. Konkrete Leistungsdaten zum (vermuteten) 6,5-Liter-Dieselmotor gibt es nicht, Insider sprechen von deutlich mehr als 500 PS. Gelegentlich werden Leistungszahlen an der Grenze zur Vierstelligkeit kolportiert.
Seit 1993 kommt das offizielle President-Car von Cadillac. Als Sonderanfertigung, die technisch wenig mit dem regulären Portfolio der Marke zu tun hat. Obamas rund sechs Meter lange Limo basiert auf einem Lkw-Fahrgestell. Lichter und Frontgestaltung übernehmen die Konstrukteure von der gehobenen Mittelklasse-Limo CTS, einige Teile entnehmen die Techniker dem Regal für das SUV Escadale.
Ein wesentlicher Unterschied zur klassischen Stretch-Limo: die Höhe. Rund 1,85 Meter ergeben schlicht den würdevolleren Ausstieg für ein Staatsoberhaupt in offizieller Mission. Im Inneren gibt es sieben Sitzplätze – und Ausstattungsfeatures abseits jeder herkömmlichen Preisliste: Der Cadillac One soll über Sauerstofftanks und ein ansehnliches Waffenarsenal verfügen. Im abgetrennten Fahrerbereich gibt es eine Funkanlage. Irgendwo im Innenraum lagern Blutkonserven für den Ernstfall.
Cadillacs Biest ist länger im Amt als Obama selbst: Obama nutzt das Auto in beiden Amtszeiten (2009 bis 2017), danach steht der Caddy in Trumps Fuhrpark. Denn der Cadillac One für Obamas Nachfolger trifft mit Verspätung ein und geht erst 2018 an den aktuellen Präsidenten. Der Beiname “The Beast” bleibt bei der Neuauflage erhalten.
3. Der Ex-Gangster: Cadillac Town Sedan von F.D. Roosevelt und (womöglich) Al Capone
Es ist, als würde Angela Merkel im beschlagnahmten Auto von Arafat Abou Chaker reisen: US-Präsident Franklin D. Roosevelt (Amtszeit 1933 bis 1945) soll einen Cadillac Town Sedan aus dem Fuhrpark von Unterwelt-Größe Al Capone genutzt haben. Die Legende geht so: Nach dem Angriff auf Pearl Harbour im Dezember 1941 ist der Secret Service übermäßig besorgt um die Sicherheit des Präsidenten. Amtstermine außer Haus werden auf das Nötigste reduziert, Ausflüge gibt es für Roosevelt praktisch keine. Irgendwann wird die Isolation zu viel. Roosevelt will raus. Mit dem Auto.
Allerdings gibt es damals kein gepanzertes Auto im Fuhrpark. In der Asservatenkammer schon. Al Capones Cadillac ist kugelsicher. Er trägt Stahlplatten an der Innenseite der Karosse. Secret-Service-Mitarbeiter Michael Reilly besorgt das Fahrzeug. Und veröffentlicht die Geschichte Jahre später im Buch „Reilly of the White House“ – mitsamt einer griffigen Pointe: „Ich hoffe, Mr. Capone stört es nicht“, habe Roosevelt kommentiert.
Ob sich die Geschichte Mitte des Zweiten Weltkriegs tatsächlich so abgespielt hat? Unklar, doch Capones kugelsicheren Town Sedan gab es definitiv. Der Caddy trägt einen 5,6-Liter-V8 unter der langen Haube, 90 PS gelangen über ein manuelles Dreigang-Getriebe an die Hinterachse. Nützlichstes Ausstattungsmerkmal abseits der Stahlplatten: ein Radio, eingestellt auf die Frequenz des Polizeifunks.
Klar, mit seinen Features und seiner Vorgeschichte hat dieser Caddy nichts bei offiziellen Terminen des Präsidenten zu suchen. Außerdem ist das Modell Anfang der 40er nicht mehr ganz frisch. Zu öffentlichen Auftritten reist Roosevelt in jenen Tagen mit dem Sunshine Special, einer Sonderanfertigung von 1939 des Karosseriebauers Brunn and Company. Angela Merkel absolviert ihre Dienstfahrten übrigens hauptsächlich in einer gepanzerten Langversion des Audi A8 – ohne Vorbesitzer mit Clan-Kontakten.
1940 stellt Lincoln den luxuriösen Continental vor. 1963 geht er, beim Attentat auf John F. Kennedy, in die amerikanische Geschichte ein.
4. Die tragische Nebenrolle: Der Lincoln Continentalvon John F. Kennedy
Die letzten Autos im Leben des John F. Kennedy (im Amt 1961 bis 1963) sind offene Lincoln Continental: In einem weißen Cabrio fährt der 35. US-Präsident vorbei an jubelnden Massen zu seiner Maschine in Richtung Dallas. Am Zielort fällt er in einem schwarzen Lincoln 100-X einem Attentat zum Opfer. Die Ereignisse jenes 24. November 1963 verändern die politische Landschaft und das Selbstverständnis der USA. Bezogen auf die Präsidentenautos führen die Schüsse aus dem Hinterhalt zu einem Umdenken: Fortan fahren US-Präsidenten praktisch nur noch in geschlossenen und gepanzerten Fahrzeugen.
Den Lincoln für die Parade in Dallas überarbeitet der Karosserie-Spezialist Hess & Eisenhardt vorab mehrfach, doch Stahlplatten finden erst nach dem Attentat an die Karosse. Bis 1978 bleibt die Limousine mit abnehmbarem Dach im Fuhrpark der US-Regierung. Seitdem steht sie im Henry Ford Museum in Michigan. Bei Kennedys kurz zuvor genutztem Lincoln handelt es sich ohnedies um einen Zivilisten: Die Behörden mieten das nagelneue Cabrio lediglich für die Fahrt zum Flughafen bei einem Händler an. 2013 geht das restaurierte Modell bei einer Auktion für 318.000 Dollar (umgerechnet knapp 270.000 Euro) weg.