Autofarben 2020: Trends bei Autofarben
Mark Gutjahr arbeitet als Lackdesigner und Farbtrendscout bei BASF. Der Designer weiß, welche Farben bei Autokäufern gut ankommen. Hier erfährst Du mehr.
Silber ist out. Zu alt, zu technisch und nicht mehr schick genug. Wie alte Computer aus den 2000er-Jahren. Erstmals seit 20 Jahren wählten Autofahrer 2018 bei ihren Bestellungen eher blauen statt silbernen Lack. Ein Trend, der für Lackdesigner Mark Gutjahr nicht überraschend kommt.
Der 45-Jährige muss es wissen, denn er kennt die Zukunft der Autofarbe schon ein paar Jahre im Voraus. Er arbeitet seit rund zehn Jahren als Head of Design bei BASF Coatings Division, wo die Autolacke der Gegenwart und Zukunft angemischt werden. Gutjahr ist Lackdesigner und Farbtrend-Scout in der Farbsparte des Chemieriesen. BASF zählt zu den führenden Herstellern von Lacken und beliefert fast alle relevanten Autohersteller mit seinen Produkten. Etwa sieben Jahre blickt Mark Gutjahr in die Zukunft. Er schlägt Automobilherstellern neue Farbtöne vor und entwickelt mit ihnen gemeinsam die neuen Lacke.
Damit trägt er entscheidend zum Auto-Kaufprozess bei. Denn die Farbe ist für viele Autokäufer ein entscheidender Faktor beim Autokauf. „Blau und Grau werden beliebter. Die eine ist zwar eine bunte und die andere eine unbunte Farbe, dennoch bleiben beide neutral, polarisieren nicht oder werden kontrovers diskutiert. Blau steht für Dynamik, Sportlichkeit, Frische, Reinheit und Zukunft. Das kommt bei vielen Kunden gut an“, sagt Mark Gutjahr. Es sei eine Hightech-Farbe und schlage eine Brücke in die digitale Welt.
80 Prozent fahren mit 4 Farben
Blau als chromatische Farbe passt seiner Meinung nach zu vielen Fahrzeugkategorien, ist außerdem neutral und eckt nicht an. Die Farbe spiegele kein Produkt wider und stehe auch nicht für die Natur. „Auch Meerwasser ist nicht blau, ebenso wenig wie die Luft im Himmel“, sagt Gutjahr. Dazu gibt es viele unterschiedliche Farbtöne. „Derzeit existieren rund 140 Blautöne in Europa, bei Grau sind es hingegen rund 110“, erklärt der Lackdesigner. Grau (19 Prozent) gilt derzeit als zweitbeliebteste Farbe in Europa, danach folgen Schwarz (18 Prozent) und Silber (10 Prozent). Die meisten Autos sind allerdings in Weiß lackiert (31 Prozent). Weltweit sind 80 Prozent aller Autos in Weiß, Schwarz, Grau oder Silber lackiert.
Die Farben und deren Bedeutung haben sich in den vergangenen Jahren verändert. Während Weiß noch vor zehn Jahren als langweilige Farbe gesehen wurde, gilt es heute als technische Farbe – Apples iPod und iPhone tragen dafür die Verantwortung. Mittlerweile geben neue visuelle Effekte den Farben zusätzlichen Glanz und Glitter. Wichtig bei Lacken sei die Beständigkeit – sowohl gegenüber Witterungseinflüssen als auch für das ästhetische Empfinden. Autolacke müssen mindestens neun Jahre aktuell bleiben – sonst sieht das Fahrzeug schnell älter aus, als es eigentlich ist. „Die Farbe eines Autos muss zur Marke und zum Modell passen. Zusammen mit dem Design ist sie das wichtigste Alleinstellungsmerkmal der Autohersteller“, sagt Mark Gutjahr.
Autofahrer werden seiner Meinung nach mutiger. Aktuell lägen knallige Farben wie Gelb oder Orange im Trend, wenn auch nur auf speziellen Fahrzeugen und in kleinen Stückzahlen. In Europa war 2018 rund ein Prozent der Autos in diesen Farben lackiert, ebenso in Grün. „Die Töne bringen Aufmerksamkeit und wirken deshalb gut auf Sportwagen. Die Farben unterstützen eine Positionierung des Fahrzeugs“, sagt Gutjahr. Buntfarben sind vor allem in den Segmenten der Klein- und Kompaktwagen verbreitet. Bis auf Pink und Rosa. Auf großen Oberflächen sehen diese Farbtöne künstlich aus und wirken billig – für ein teures Auto unpassend.
Die Farbe ist das drittwichtigste Kaufkriterium
Beim Autokauf kommt es auf die Optik an. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Interessenten zuerst die Marke, als Zweites das Modell und dann die Farbe ihres Wunschfahrzeugs auswählen. Erst danach folgen Entscheidungen zum Motor und zur Innenausstattung. Dabei ist die Farbwahl keine impulsive Entscheidung, sondern wird oft ausführlich im Familien- oder Freundeskreis diskutiert. „Die Autofarbe hat aber selten etwas mit der Lieblingsfarbe des Besitzers zu tun“, sagt Mark Gutjahr.
Sonst würden in Deutschland deutlich mehr blau und rot lackierte Autos die Straßen bevölkern. Hier sei die Zahl der bunt lackierten Autos wegen des hohen Flottenanteils eher gering. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) waren 2017 genau 74,6 Prozent aller Neuzulassungen Firmen- oder Dienstwagen. Autos in Weiß, Schwarz und Grau werden von Unternehmen eher angeschafft als knallige Blechkleider. Das wirkt nüchtern, seriös und erhöht später den Wiederverkaufswert. Deswegen ist blauer Lack nun eine kleine Sensation.
Für die nächsten Jahre prophezeit Gutjahr neben neuen Weiß- und Grautönen vor allem mehr Blau-Nuancen. „Es wird speziellere Farben und mehr Varianten auch für Kleinserien geben“, ist sich der Lackdesigner sicher. Die Farbe Braun wird dagegen auf Autos seltener zu sehen sein. „Die hat eine Zeit lang ganz gut gepasst, kam mit dem SUV-Boom hoch. Wir assoziieren damit Natur- und Erdverbundenheit, etwas Schweres. Das ist in den kommenden Jahren nicht mehblar gewünscht“, sagt Gutjahr.
Um neue Trends aufzuspüren, reisen Gutjahr und seine Mitarbeiter quer über den Globus. Sie schauen sich auf Messen um, nehmen an Konferenzen teil und treffen Designer aus anderen Industriezweigen. „Wir suchen in Magazinen, horten Nagellacke, Modellautos und Paketbänder. Wir fotografieren Objekte, sammeln Informationen und nehmen gesellschaftliche Trends auf.“ Um sich wiederholt ein Bild von neuen Farben machen zu können, sammeln sie Farbbeispiele auf Stimmungstabletts. In Zukunft werden das vermehrt Blautöne sein. Da ist sich Gutjahr sicher.