2.0 TDI (240 PS) und 4.0 TDI: Audi und VW streichen Power-Diesel
Die Dieselmotoren von Audi SQ7 TDI und Skoda Kodiaq RS sind Meisterwerke. Jetzt scheitern sie an einer neuen Abgasnorm. Ein Abschied.
Seit vielen Jahren versucht der Diesel, den Benziner einzuholen. Er möchte genauso stark und sportlich sein, kernig klingen und schnell fahren. Viel fehlt ihm im Jahr 2020 nicht mehr. Trotzdem reicht es nicht. Der Sport verschwindet aus dem Antrieb, weil sich Spontaneität, Stärke und saubere Abgase beim Diesel nur schwer vereinen lassen.
Die jüngsten Opfer dieser Erkenntnis kommen aus dem VW-Konzern. Zwei starke Motoren schaffen es nicht ins kommende Jahr: VW und Audi lassen den V8 TDI aus Touareg, A8, SQ7 und SQ8 Ende 2020 auslaufen. Skoda und VW bieten den starken Vierzylinder-Biturbo-Diesel aus Kodiaq RS, Tiguan, Passat und Arteon nicht mehr an. Sie sind nicht sauber genug für die Zukunft. Dahinter stecken tiefgründige Ursachen.
Der starke 4-Zylinder-Reihenmotor des Kodiaq beweist, wie schnell ein Diesel sein kann. Das Sport-SUV kommt obendrauf mit sieben Sitzen.
Diesel und Motorsport
Diesel sind oft vernünftig und selten aufregend. Die geschassten Antriebe können mehr. Sie liefern viel Kraft, nageln wenig und bewegen ihre Autos souverän. Bei Audi und Skoda treiben sie Sportvarianten großer SUVs an. Der Kodiaq RS hält sogar einen Rekord auf der Nürburgring-Nordschleife. Zugegeben in einer sehr speziellen Kategorie (SUVs mit sieben Sitzplätzen) – aber immerhin.
Es ist müßig, bei Dieselmotoren über Sportlichkeit zu diskutieren. Sie sind keine Rennmotoren im klassischen Sinne. Kein Selbstzünder wird je so hoch drehen wie ein italienischer V12 oder so schön blubbern wie ein amerikanischer V8. Das liegt an seiner Konstruktion.
Wie schnell ein Diesel sein kann, beweist Audi mit acht Gesamtsiegen beim 24h-Rennen in Le Mans. Auf einem amerikanischen Salzsee braust der zigarrenförmige „Dieselmax“ im Jahr 2006 mit 563 km/h zum Weltrekord. Dass Dieselmotoren hohe Tempi erreichen, steht nicht zur Debatte. Es bleibt nur die Frage, ob das „Wie“ gefällt.
Für einen großen Teil der Welt lautet die Antwort: nein. Nordamerika und Asien dulden Diesel in Nutzfahrzeugen und meiden sie in Pkw. Dieselentwickler konstruieren vor allem für den europäischen Markt. Doch seit dem Dieselskandal um manipulierte Abgaswerte schwindet das Interesse in der EU. Sogar im Dieselland Deutschland sinkt der Selbstzünder-Anteil von fast 50 Prozent (2014) auf ungefähr ein Drittel (2018).
Laut Kraftfahrt-Bundesamt ist der VW Tiguan kein SUV. Das KBA sortiert ihn unter Geländewagen ein.
4.0 TDI: Der V8-Diesel läuft aus
So verschwindet mit dem 4.0 TDI der letzte V8-König, es bleibt die Sechszylinder-Bourgeoisie. Vergleichbare Motoren gibt es nicht, die Konkurrenz traut sich nur drei Liter Hubraum. Audi leitet die Entwicklung und erfindet einen filigranen Abgaskrümmer, der die Steuerung der Turbolader signifikant verbessert. Ein elektrischer Verdichter eliminiert die Gedenksekunde. Mit einem 48-Volt-Bordnetz wird der Motor schneller, stärker, sparsamer. Was heute zum Standard gehört, gilt 2016 noch als Sensation.
Dieser Aufwand lohnte sich nur, weil der VW-Konzern den V8 TDI für insgesamt sieben Autos einplant: In Porsche Panamera und Cayenne, Audi A8, SQ7 und SQ8, Bentley Bentayga und VW Touareg soll er ein gut 400 PS starkes und acht Liter sparsames Verkaufsargument sein. Doch mit dem schlechten Ruf der Antriebsform wenden sich zwei Hersteller komplett vom Diesel ab.
Porsche und Bentley beschließen eine Zukunft ohne Diesel, noch bevor der Motor im damals neuen Cayenne ankommt. Mit den reduzierten Abnehmern innerhalb des Konzerns sinkt die Bereitschaft, weiter in das Triebwerk zu investieren. Audi säubert dennoch seine Abgase in mehreren Updates: Der V8 TDI erreicht zunächst nur die Norm Euro 6b, zuletzt Euro 6d-TEMP Evap. Für weitere Verbesserungen fehlt das Geld.
Ab dem 1. Januar 2021 gilt in Deutschland für alle Neuwagen die Abgasnorm Euro 6d. Der dazugehörige Prüfzyklus zwingt den Motor in Lastbereiche, in denen viele Schadstoffe entstehen. Der Konzern müsste erneut Zeit und Geld investieren. Das lohnt sich nicht für die kleine Menge an verkauften Motoren. VW ersetzt den V8-TDI im Touareg mit einem Plug-in-Hybrid. Audi verkauft SQ7 und SQ8 fortan mit Benzinmotoren, der A8 fährt ebenfalls als Hybrid. Den wohl besten und definitiv interessantesten Diesel der Firmengeschichte gibt es nur noch in Gebrauchtwagen.
Dieselmotoren werden in den Baureihen weiter eingesetzt. Sie sind aber nicht außergewöhnlich: drei Liter groß, keine 300 PS stark, deutlich träger und längst nicht so interessant. So viel Eigenständigkeit, wie im V8 TDI steckt, wird der VW-Konzern wohl nie wieder für einen Diesel entwickeln. Einen V8-Diesel erst recht nicht. Ein klares Zeichen: Der Diesel konzentriert sich künftig auf Sparsamkeit und Ausdauer. Er bleibt ein nützlicher Motor für die flotte Langstrecke.
Volkswagen verpasst dem Passat die Coupé-Silhouette. Das "CC" im Namen steht für "Comfort Coupé".
Kein Biturbo-Diesel für Passat, Tiguan, Arteon und Kodiaq
Anders verläuft die Geschichte des stärksten Vierzylinder-TDI. VW entwickelt den Biturbo-Diesel mit 240 PS, damit Passat und Tiguan mit Autos größerer Klassen mithalten können. Die ausgesuchte Konkurrenz bietet Sechszylinder-Diesel an. Solche Motoren passen nicht in Passat, Tiguan und Arteon. Deshalb tunt VW den 2,0-Liter-Diesel mit einem zweiten Turbo auf deren Leistungsklasse. Es wird so eng im Motorraum, dass für den Wechsel des Partikelfilters der ganze Motor raus muss.
2016 übertrifft seine Leistung alle anderen Vierzylinder-Diesel. Selbst vier Jahre später liefert kaum einer mehr Power. VW behält den Motor lange für sich. Erst Ende 2018 darf Skoda ihn im Kodiaq verwenden, aber nur mit einer sportlichen Auslegung. Die Wolfsburger Modelle bleiben die Einzigen, die seine Kraft in der regulären Motorenpalette aufführen.
Eigentlich soll er einen Nachfolger bekommen. Während der Motor auf den Markt kommt, tüftelt VW an der nächsten Diesel-Generation „EA288 Evo“. Sie soll die zukünftigen Abgasnormen erfüllen. In der Theorie funktioniert das, aber der Biturbo-Diesel scheitert am Platz. Der Abgasstrang mit zwei Turboladern und der verbesserten Abgasreinigung passt nicht in den engen Motorraum des Passat. Kompromisse bei den Schadstoffen will VW nicht eingehen, der Skandal hat Spuren hinterlassen.
Die Lösung lautet: mit einem Turbo möglichst viel Leistung aus dem Motor zu holen. 200 PS sind genug für die meisten Kunden, aber nicht für ein sportliches Skoda-SUV. Skoda streicht den Kodiaq RS aus Preisliste und Konfigurator. Der Hersteller deutet an: Das Modell bleibt, erhält aber einen anderen Antrieb, wahrscheinlich einen Plug-in-Hybrid.
Nur VWs Nutzfahrzeuge-Tochter darf den Biturbo-Vierzylinder behalten. Er treibt weiterhin VW Crafter und VW T6.1 an. Sie bieten genug Platz, um den alten Motor auf den neuen Abgasstandard umzurüsten. Seine Kraft ist in dieser Klasse keine Ausnahme, sondern die Regel. Im VW T7, der 2021 startet, sieht es ohnehin anders aus – er basiert auf der Pkw-Architektur.
Erst kaum beachtet, jetzt ganz oben: Aus dem VW CC wurde der Arteon.
Diesel-Zukunft mit Strom
VW bekennt sich mittlerweile oft und gern zur Elektromobilität. Diesel bleibt ein Thema, verliert aber an Relevanz. Extreme wie den V8 und den Biturbo-Vierzylinder werden wir künftig allgemein nicht mehr sehen. Bei BMW läuft fast zeitgleich der Sechszylinder-Diesel mit 400 PS aus. Der stärkste Mercedes-Diesel wird für die neue Abgasnorm zehn PS schwächer. Er leistet künftig 330 PS.
Kein Grund zur Trauer: Die Elektrifizierung eröffnet neue Möglichkeiten. Mit elektrischen Verdichtern und (milder) Hybridisierung kann es wieder starke und interessante Selbstzünder geben. Audi testet deren Akzeptanz mit neuen V6-Dieseln in S4 bis S7. Sie leisten fast 350 PS und sind sauber genug für die Zukunft. Aber sie reagieren träge. Den ausgelaufenen Motoren können sie noch nicht den Kraftstoff reichen.