Audi A1 Sportback (2019): Generation II im Alltagstest
Der Audi A1 ist eine der sportlichsten Optionen im Kleinwagensegment. Und eine der kostspieligsten. Wir testen die zweite Generation des kleinsten Audi. Das kann er im Alltag.
Audi bietet mit dem A1 Sportback viel. Für einen Kleinwagen und generell. Verzicht braucht es am ehesten im Leben außerhalb dieses Fünftürers, denn: Die ausgerufenen Tarife sprengen im Grunde die Grenzen des Segments. Ob der A1 seinen Kaufpreis auf Kompakt-Klassen-Level wert ist, hängt von der eigenen Lebenssituation ab. Doch die Grundlage zur Entscheidung liefern wir gerne. Mit dem Alltagstest. Der zeigt, was der kleinste Audi kann: Wir fahren den Audi A1 Sportback 35 TFSI in der sportlichen S-Line-Version. Mit 150 PS aus 1,5 Litern Hubraum und 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe.
Abmessungen, Platzangebot, Karosserie
Der kleinste Audi wurde mit dem Modellwechsel größer: Die seit Herbst 2018 erhältliche zweite Generation misst 4,03 Meter. Das sind sechs Zentimeter mehr als beim Vorgänger und etwas weniger als bei den Konzern-Brüdern auf derselben Plattform: Audis Kleinwagen baut wie die aktuellen VW Polo und Seat Ibiza auf der MQB A0-Plattform – Volkswagens Architektur für das B-Segment.
Der A1 soll fahraktiv sein und das soll man sehen: Über den breiten Grill , sowie die großen (und drei kleinen) Lufteinlässe verfügen sämtliche Ausstattungsvarianten. Doch so zerklüftet wie abgebildet kommt die Front nur in der S-Line-Version. Alternativ lässt sich der Audi als Citycarver in Gelände-Optik ordern. Bei fünf Türen bleibt es in jedem Fall. Der Einstieg in Reihe zwei ist eng, doch die Beinfreiheit für Erwachsene ausreichend. Mit 2,56 Metern bietet die neue A1-Generation neun Zentimeter mehr Radstand als der Vorgänger. Auf dem zentralen Sitzplatz profitiert man nicht, wegen des großen Mitteltunnels. Außen stört Erwachsene allenfalls die geringe Kopffreiheit. Immerhin: Zu Kontakt mit dem Dachhimmel kommt es bei durchschnittlich großen Passagieren eher nicht.
Der erste A1 wurde für seinen kleinen Kofferraum gescholten, in den Kofferraum des aktuellen passen 65 Liter mehr - 335 Liter beträgt das Volumen bei aufgestellter hinterer Sitzreihe. Die Lehnen lassen sich im Verhältnis 40:60 umlegen, womit das Ladevolumen auf 1.090 Liter steigt. Über dem verstellbaren Laderaumboden entsteht dann eine nahezu ebene Fläche. Fächer sind rar und klein bemessen - keine Ablage ist Trinkflaschen im 1,5-Liter-Format gewachsen.
Innenraum, Verarbeitung, Materialien
Design-Studenten haben an diesem Innenraum bestimmt Freude. Denn die sechseckige Form des Kühlergrills findet man an zahlreichen Stellen wieder. Seltener sind richtig weiche Flächen. Audi unterfüttert Armaturenbrett und Ellenbogenauflagen geringfügig. Abseits davon gibt es viel hartes Plastik. Billig wirkt das Fahrer-orientierte Cockpit nicht. Alles ist solide verarbeitet, die Gestaltung gefällig. Audis Ambiente-Beleuchtung (300 Euro) kennt praktisch sämtliche Farben des Spektrums. Irgendwann wählt man tendenziell jene, die sich bei nächtlichen Fahrten am wenigsten in den Scheiben spiegelt.
Das Lenkrad mit perforiertem und glattem Leder liegt gut in der Hand. Man wüsste es gerne näher am Oberkörper, doch in der Länge ist der Verstellbereich eingeschränkt. Die Sitzposition wird damit zum Kompromiss. Um so mehr, weil die Sportsitze (1.150 Euro im Paket) wenig Neigung der Sitzfläche erlauben – bei tieferer Sitzposition profitiert man kaum von den langen Beinauflagen. Audi gestaltet die S-Line-Hocker recht verträglich. Sie sind breiter und etwas stärker tailliert als die Seriensitze, doch bei motivierter Herangehensweise wünscht man sich mehr Stützung im oberen Bereich.
Antrieb, Motor, Getriebe
Dieser Kleinwagen kommt immer mit Zündkerzen und nie mit Kardanwelle: Audi bietet den A1 zweiter Generation ausschließlich als frontgetriebenen Benziner. Quattro-Varianten gab es nur in Generation Eins. Vier Leistungsstufen stehen zur Wahl: Der 1,0-Liter-Dreizylinder-Turbo liefert 95 oder 116 PS. Am anderen Ende der Skala stehen 200 PS - erbracht von einem aufgeladenen 2,0-Liter-Vierzylinder, der auch im GTI-Modell des Polo zum Einsatz kommt.
Der aufgeladene 1,5-Liter-Vierzylinder im Testwagen leistet 150 PS. Die maximale Leistung liegt von 5.000 bis 6.000 Umdrehungen an. Zwischen 1.500 und 3.500 Touren steht das maximale Drehmoment von 250 Newtonmetern bereit. Das ist mehr als ausreichend für einen (in dieser Konfiguration) 1.240 Kilogramm schweren Kleinwagen. Die Kraft aus dem Drehzahlkeller macht Laune, doch das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe schickt den Motor häufig verfrüht in hohe Drehzahlbereiche. Außerdem lässt der Automat beim Gangwechsel bisweilen gefühlt länger schleifen als notwendig.
Bei der Auswahl der Fahrstufe arbeitet das System in den Fahrmodi Auto (sprich: Normal) und Dynamik nicht immer treffsicher, am angenehmsten fährt man im Efficient-Modus durch den Alltag. Je nach Gewicht des rechten Beins zeigt der Bordcomputer 6,1 bis 7,5 Litern - herausgefahren im Mix aus Stadtverkehr, Landstraße und Autobahn.
Zugegeben, wir jammern auf mittel-hohem Niveau: Man kann im Alltag bald über die Schwächen der Automatik hinwegsehen – und muss es auch, wenn dieses Aggregat in den A1-Motorraum soll. Denn Handschaltung gibt es nur für Modelle mit drei Brennräumen. Wir empfehlen, beim A1 35 TFSI-Konfigurieren Kreuzchen bei Fahrmodus-Schalter (Audi Drive Select, 170 Euro) und Schaltwippen (110 Euro).
Fahrwerk, Lenkung, Fahrverhalten
Der A1 zählt zu den fahraktiveren Optionen im Kleinwagensegment. Umso mehr, wenn in den Federdomen das optionale Sportfahrwerk (200 Euro Aufpreis) arbeitet. Die getesteten S-Line-Modelle verfügen serienmäßig über die härteren Dämpfer. Unser A1 35 Sportline taucht beim Anbremsen kaum ein, es gibt wenig Karosseriebewegung um die Längsachse. Zum reuelosen Landstraßen-Surfen eignet sich der A1 passabel. Der Audi bleibt lange neutral, versetzt über Bodenwellen nicht. Doch die meisten Fahrbahnunebenheiten lässt er uns deutlich spüren.
Klar kann das nerven. Audi bietet eine Möglichkeit zum Gegensteuern: Im Dynamik-Paket (750 Euro) sind eine größere Bremsanlage und die adaptive Version des Sportfahrwerks enthalten. Dann kann man zwischen einer schärferen und einer komfortableren Dämpfer-Kennlinie wählen. Unser Testwagen beherrscht die Spreizung nur in Bezug auf die Lenkung. Doch die Modi liegen dicht beisammen. Das Steuer ist stets exakt aber bei geringeren Tempobereichen relativ leichtgängig.
Mit der Geschwindigkeit erhöht sich das Handmoment. Allerdings auch der Lärmpegel im Innenraum, überproportional. Ab rund 140 km/h wird es dort recht laut. Schade, denn gemessen an Top-Speed (222 km/h), Spurtreue und Sitzkomfort würde der A1 für längere Fahrten über die Autobahn taugen – selbst wenn das nicht klassisches Kleinwagen-Metier ist.
Infotainment, Radio, Bedienung
Mehr Bildschirmfläche lässt sich nicht in einen Audi A1 konfigurieren: Unser Testwagen verfügt über das große Infotainment-System (MMI-Navigation Plus, 1.950 Euro) mit 10,1 Zoll großem Screen im Armaturenbrett. Jenseits des Lenkrades befindet sich der 10,25 Zoll große Digitale Tacho (990 Euro im Paket). Den Platz zwischen den beiden stilisierten Rundinstrumenten nutzt Audi mäßig gut aus – holt man nicht gerade die Navi-Karte auf den Digitaltacho, finden sich dort weitgehend dieselben Infos wie bei einem herkömmlichen Bordcomputer. In ähnlich nüchterner Darstellungsweise. Andere Hersteller treiben mehr grafischen Aufwand, selbst im B-Segment.
Immerhin findet man sich schnell zurecht. Angenehm außerdem, dass Audi die Klima-Steuerung in ein Tastenfeld an der Mittelkonsole auslagert (399 Euro für 2-Zonen-Automatik). Eines stört beim Springen durch das übersichtlich gestaltete Menü: Bei vielen Auswahlen poppt ein Kästchen mit Erklärung auf – das man gesondert schließen muss.
Assistenzsysteme und Sicherheit
Der A1 kommt serienmäßig mit Spurhalteassistent. Das System tendiert stark zur linken Seite der Fahrspur. Und generell zum Leitlinien-Billard. Dafür hat der Audi keine Scheu vor stärkeren Korrekturen. Heißt: Das System ist eher als Rettungsanker gedacht, nicht als ständiger Begleiter. Im Geschwindigkeitsbereich unterhalb von 60 km/h meldet sich der Spurhalter ab. Einen Stau-Assistenten bietet Audi nicht. Doch gegen Aufpreis ist eine wesentliche Komponente erhältlich: Mit adaptivem Tempomat (549 Euro) kann sich der Audi an vorausfahrende Autos hängen, das Tempo an deren Geschwindigkeit ausrichten. Der Testwagen erledigt das zuverlässig, Abstand und Brems-Intensität sind meist gut gewählt. Nach ein paar Sekunden Standzeit stellt der A1 das System ab - und macht das am Ende einer stehenden Kolonne denkbar schlechteste: Wieder anfahren. Immerhin passiert das zu langsam, als dass es für die vordere Stoßstange gefährlich würde. Nur: entlastet wird der Fahrer so nicht.
Ausstattung, Preis, Kosten
Bei 19.950 Euro starten die Preise für den Audi A1. Dafür gibt es den 95 PS-Benziner (25 TFSI) mit 5-Gang-Handschaltung. Dreispeichen-Multifunktionslenkrad, Spurhalteassistent und 15-Zoll-Stahlräder sind an Bord. Die getestete 35 TFSI-Version mit 150 PS und 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe kostet so ab 25.050 Euro. Darüber gibt es die „advanced“-Linie mit 17-Zoll-Alus (16-Zoll-Alus bei Motorisierungen unterhalb des 35 TFSI), angedeutetem Diffusor am Heck und Einstiegsleisten. Hier beginnen die Preise für den 35 TFSI bei 26.250 Euro.
Den schärfsten Auftritt bietet die getestete S-Line. Dann gibt es andere Stoßfänger mit groß bemessenen Lufteinlässen. Audi schraubt einen eigenen S-line-Dachkantenspoiler ans Heck, bringt andere Seitenschweller an und verbaut ein Sportfahrwerk. Mindestens 27.350 Euro will Audi für diesen A1 35 TFSI S-Line sehen.
In jedem Fall viel, für einen Kleinwagen. Volkswagen bietet denselben Strang im aktuellen Polo der sechsten Generation ab 23.590 Euro. Ford verlangt für den den 140 PS starken Fiesta in der sportlichen ST-Line ab 21.900 Euro, hier mit aufgeladenem 1,0-Liter-Dreizylinder und Handschaltung. Die fünftürige Variante des Mini Cooper kostet ab 24.400 Euro – mit Automatik und 136 PS starkem 1,5-Liter-Dreizylinder.
Ausstattungsbereinigt vergrößert sich der preisliche Abstand des A1 zur Konkurrenz tendenziell. Kleinwagen der Import-Hersteller sind in der Basis besser ausstaffiert. Und bei Konzern-internen Alternativen gerät die Aufpreis-Gestaltung humaner. 39.924 Euro kostet der abgebildete Audi A1. Größte Preistreiber sind das Navigations-System (1.495 Euro), der Innenraum im S-Line-Trimm (1.150 Euro), LED-Scheinwerfer und Heckleuchten (980 Euro), die Bang und Olufsen Sound-Anlage (750 Euro) und die Leder-Bezüge (500 Euro). Optisch auffälligste Sonderausstattungen sind die Dachlackierung in Kontrastfarbe (399 Euro) sowie die 18-Zoll-Alus mit den Y-förmigen Speichen (650 Euro).
Fazit
Audi macht bei diesem A1 vieles richtig. Der Kleinwagen ist auf unaufdringliche Weise sportlich und bietet im Rahmen der Möglichkeiten viel Platz. Klar ist auch: Die Variabilität dürfte gern ausgefuchster sein, die Assistenzleistungen pragmatischer – und der Preis niedriger. Denn in alltagstauglicher Konfiguration gerät kaum ein Auto des B-Segments so kostspielig.
Wer die Summe berappt, erhält mit dem A1 ein stimmiges Auto. Wer einen Kleinwagen mit vier Ringen zum niedrigeren Tarif sucht, ist mit einem gebrauchten Exemplar des Vorgängers besser dran. Auf mobile.de beginnen die Preise für fahrbereite Modelle mit gültiger HU Im Bereich rund 6.000 Euro.
Audi A1 (2019): Technische Daten
- Modell: Audi A1 Sportback S-Line 35 TFSI
- Motor: 1,5-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner
- Leistung: 150 PS (110 kW) b. 5.000 - 6.000 U/min
- Drehmoment: 250 Nm/ 1.500- 3.500 U/min
- 0-100 km/h: 7,7 s
- Geschwindigkeit: 222 km/h
- Antrieb: 7-Gang-DSG, Vorderradantrieb
- Verbrauch: 5,1 l / 100 km
- CO2-Ausstoß: 117 g/km
- Testverbrauch: 6,8 l/100 km
- Länge: 4.029 mm
- Breite: 1.740 mm
- Höhe: 1.409 mm
- Radstand: 2.563 mm
- Kofferraum: 335-1.090 l
- Grundpreis A1 : Erhältlich ab 27.350 Euro
- Preis Testfahrzeug: 39.925 Euro