Audi A6 im Vergleich mit Mercedes E-Klasse
Hübsches Heck gegen Lademeister: Der Audi A6 Avant fordert die Mercedes E-Klasse als T-Modell heraus. Zwei luxuriöse Kombis im Vergleich.
Audi und Mercedes beschäftigen sich auf verschiedene Weisen mit demselben Thema. A6 und E-Klasse sind klassische Business-Kombis. Dienstwagen für erfolgreiche Arbeiter, die sich etwas Luxus verdient haben. Beide komfortabel, aber eben nicht ganz auf einer Linie.
Das sieht man spätestens im Profil. Mercedes stellt die Heckscheibe aufrecht. Nicht so gerade wie beim Vorgänger, dezent kaschiert durch eine abfallende Fensterlinie. Dennoch: Der Kofferraum steht im Vordergrund. Audi drückt den A6 Avant derweil sanft in Richtung Sportback. Der Hersteller opfert Volumen für einen hübschen Rücken.
Seit Ende 2016 baut Mercedes die aktuelle E-Klasse der Baureihe S213, 2018 kamen neue Motoren und Assistenten. Umfassende Änderungen folgen beim Facelift 2020. Der A6 Avant in der Generation C8 ist seit September 2018 bestellbar, also ganz frisch auf dem Markt. Zum Test rollen die Kandidaten mit kräftigen Vierzylinder-Dieseln: Wir haben Audi A6 40 TDI und Mercedes E 300 d miteinander verglichen.
Innenraum, Materialien, Verarbeitung
Besonders beim Innenraumkonzept fallen große Unterschiede auf. Beide wirken modern, sind bei Design und Bedienung aber völlig verschieden. Der A6 gibt sich mit geraden Linien, Metalloptik, Hochglanz und insgesamt drei großen Bildschirmen technisch und modern. Mercedes mag es lieber klassisch, gestaltet rund und fließend, verwendet Klavierlack, Leder und Holz. Große Displays gibt es hier auch.
Damit kann man jeden beeindrucken, der sich wenig mit Neuwagen dieser Preisklasse beschäftigt. Freunde des Segments werden nicht enttäuscht: Weder Audi noch Mercedes leisten sich große Schwächen bei Verarbeitung und Materialien.
Die Oberflächen im Audi fühlen sich edel an, viele Details sind präzise gearbeitet und perfekt angebracht, viel Leder am Mitteltunnel wirkt luxuriös. Nur der vordere Bereich des Armaturenbrettes fällt beim Klopftest durch - hier klingt der A6 hohl und nicht besonders solide. Im Mercedes fühlt sich das Dekor robuster an, dafür missfallen die Schalter der Klimaanlage und manche Oberflächen. „Klavierlack“ sieht eben selten so schön aus wie am lackierten Klavier.
Kofferraumvolumen, Karosserie, Platzverhältnisse
Wir haben es bereits im Profil erkannt: Die E-Klasse hat den größeren Kofferraum im Vergleich. Es schrumpfte beim Generationswechsel auf 640 bis 1.820 Liter. In der oberen Mittelklasse bleibt die E-Klasse dennoch Spitzenreiter. Der Audi A6 Avant lädt mit 545 bis 1.680 Litern deutlich weniger ein. Solange das Gepäck unter die Abdeckung passt, merkt man das kaum. Bei sperrigen Gegenständen oder hohen Stapeln schränkt das schräge Audi-Heckfenster aber ein.
In der Ausstattung ähneln sich beide Laderäume. Die Rücklehnen der Sitzbänke legen sich bequem per Schalter im Kofferraum um, Kanten in der Ladefläche entstehen dabei nicht. Die E-Klasse bietet eine topfebene Fläche, im A6 steigt sie leicht an. Doppelte Böden und Schienensysteme gibt es in beiden Kombis. Die Laderaumabdeckung fährt jeweils beim Öffnen der Heckklappe hoch und beim Schließen wieder herunter.
Im Audi-Fond sitzt es sich besser. Obwohl der Radstand geringfügig knapper ausfällt, bietet er mehr Knieraum. Mit einem Volvo V90 oder einem Skoda Superb können beide nicht mithalten, wohl fühlt man sich trotzdem. Nur auf dem Mittelplatz stört jeweils der hohe Mitteltunnel. Audi installiert die schickere Klimaeinheit für die hinteren Passagiere.
Infotainment, Radio, Bedienung
Ein Großteil der Bedienung im Audi läuft über zwei Touchbildschirme. Der obere steuert Navi und Infotainment, der untere vor allem die Klimaanlage. Außerdem erkennt er Texteingabe per Handschrift. Und zwar nicht Buchstabe für Buchstabe (wie beim Mercedes), sondern in einem Rutsch und ganzen Wörtern. Das haptische Feedback der Touchscreens fanden wir gewöhnungsbedürftig. Er braucht viel Druck, um Befehle anzunehmen.
Mercedes verlässt sich auf den Dreh-Drück-Steller auf der Mittelkonsole. Der lenkt bei der Fahrt am wenigsten ab. Dafür wird auf dem Lenkrad getoucht, links für den Instrumententräger, rechts für das Infotainment. Die berührungsempfindlichen Flächen räumen zwar das Lenkrad auf, bieten aber funktional keine Vorteile gegenüber physischen Knöpfen. Die Menüstruktur ist an einigen Stellen unübersichtlich. Moderner wird die E-Klasse erst nach dem Facellift 2020. Dann will Mercedes das neue System MBUX installieren.
Assistenten und Sicherheit
Die Fahrassistenz der Kombis unterscheidet sich kaum. Beide Autos können selbstständig bremsen, die Spur halten, Tempolimits beachten und im Stau fast alleine fahren. Der Mercedes wechselt nach einem Blinkertipp außerdem die Spur. Der Audi passt sich vorausschauend an nahende Tempolimits an. Beide passen die Geschwindigkeit an den Streckenverlauf an, der rechte Fuß langweilt sich dann.
Dabei ist zu beachten: Es sind Fahrhilfen, vollständige Autonomie gibt es noch nicht. Manchmal werden Tempolimits nicht zuverlässig erkannt, in Baustellen verlieren die Systeme gelegentlich die Spur. Der Fahrer ist verantwortlich und muss sofort eingreifen können. Audi baut dem A6 bereits Laserscanner in die Front. Damit soll er für das kommende Autonomielevel 3 vorbereitet sein. Aktuell fehlen dafür noch die rechtlichen Rahmenbedingungen.
Motor, Antrieb, Getriebe
Im getesteten Mercedes arbeitet die stärkste Variante des 2,0-Liter-Diesels mit dem internen Kürzel “OM 654”. Der Vierzylinder leistet 245 PS und kommt auf 500 Newtonmeter Drehmoment. Audi deckt diese Leistungsklasse mit sechs Zylindern ab, der 2,0-Liter-Diesel im Testwagen ist schwächer: Er liefert 204 PS und 400 Newtonmeter. Aber keine Sorge, das genügt.
Der kleine Diesel im Audi ist drehfreudig, er schiebt gut an und harmoniert mit dem Doppelkupplungsgetriebe. Diese Kombination gefällt uns sogar besser als der A6 50 TDI mit V6-Diesel und Wandlerautomatik. Diesel und Schaltbox arbeiten einfach stimmiger zusammen.
Logisch: Die E-Klasse geht kräftiger vorwärts. Ihre Neungang-Automatik schaltet sanft und komfortabel, arbeitet zügig und sollte mit zwei zusätzlichen Gängen sparsamer sein. Auf dem Papier verbraucht sie mehr. Einen vergleichbaren Wert konnten wir auf unserer Testfahrt nicht ermitteln.
Akustisch hat der A6 den Kühlergrill vorn. Audi dämmt umfassend und an den richtigen stellen, kaum ein störendes Geräusch kommt im Innenraum an. Der Diesel säuselt irgendwo im Hintergrund. Im Vergleich ist der E 300 d lauter und präsenter. Dennoch ist er weder rau noch angestrengt, außerdem schön voluminös für einen kleinen Selbstzünder. Laut wird es auch in der E-Klasse nicht.
Fahrwerk, Lenkung, Fahrverhalten
Der Mercedes rollt luftgefedert mit der “Air Body Control” (1.780 Euro) zum Test. Das Pendant würde bei Audi 2.000 Euro kosten, man braucht das Luftfahrwerk aber gar nicht: Der A6 federt mit adaptiven Dämpfern sanft, harmonisch und souverän über komplizierte Beläge. Insgesamt rollt der Audi feinfühlig ab und lässt Abrollgeräusche draußen. Großes Fahrwerkskino.
Der Mercedes federt ebenfalls auf hohem Niveau. Kanten und Löcher schluckt er sanft, innen spürt man davon wenig. Im Komfort-Modus ist er ganz Mercedes: Er schwingt ausgiebig - die Kundschaft mag das so. Uns gefällt die sportliche Einstellung besser. Das Fahrwerk spreizt sich üppig zwischen den beiden Modi.
Letztendlich gefällt uns das Fahrwerk des A6 besser. Es rollt souveräner über Kanten und wirkt insgesamt raffinierter. Agil fahren können beide. Der Mercedes ist hier eine Idee direkter, der Hinterradantrieb macht die E-Klasse zackiger. Der Audi wirkt entkoppelt.
Preise, Ausstattung, Kosten
In der Basis kostet der A6 Avant 40 TDI (51.650 Euro) weniger als der Mercedes E 300 d (54.365,15 Euro). Dafür gibt es im Mercedes mehr Leistung. Als E 220 d liegt der Kombi mit 194 PS näher am Audi und kostet 50.900 Euro. Der stärkere Audi A6 45 TDI mit 231 PS undAllrad liegt bei 57.550 Euro.
Über eine umfangreiche Ausstattung verfügen beide Testwagen, der Abstand bleibt: Der E 300 d landet in der Testwagen-Konfiguration bei 83.700 Euro, der Audi bei 80.600 Euro. Leder, das große Infotainment, Edel-Soundanlage, sämtliche Assistenten, Akustikverglasung, LED-Matrix-Lampen sind in beiden Autos an Bord. Der Audi ist zudem mit Nachtsichtgerät und DVD-Player ausgestattet, der Mercedes mit Luftfederung. Mit vergleichbarer Ausstattung wird der Mercedes teurer.
Fazit: Audi A6 Avant und Mercedes E 300 d
Audi A4 40 TDI und Mercedes E 300 d T-Modell wollen das gleiche, erreichen ihre Ziele aber auf verschiedenen Wegen. Besonders in den Innenräumen unterscheiden sich die Konzepte. Wer den kühlen Audi mag, wird den Mercedes als plüschig empfinden - und umgekehrt. Es bleibt Geschmackssache.
Audi setzt zwei wesentliche Dinge besser um: Geräuschniveau und Fahrkomfort liegen beinahe auf Audi-A8-Level, sogar ohne die teure Luftfederung. Zudem lässt sich das Infotainmentsystem intuitiver bedienen.
Wenn es um den Platz geht, gewinnt die E-Klasse. Kein hartes Schicksal. Im direkten Vergleich siegt trotzdem der modernere Audi.
Modell | Audi A6 40 TDI | Mercedes E 300 d T |
---|---|---|
Motor | 2,0-Liter-Diesel | 2,0-Liter-Diesel |
Leistung | 204 PS (150 kW) | 245 PS (180 kW) |
Drehmoment | 400 Nm b. 1.750-3.500 U/min | 500 Nm b. 1.600-2.400 U/min |
Antrieb | 7-Gang-DSG | Front 9-Gang-Automatik, Heck 0-100 km/h 8,3 s 6,5 s |
Geschwindigkeit | 241 km/h | 250 km/h |
Verbrauch | 4,9-4,5 l/100 km | 5,4-5,2 l/100 km |
CO2-Ausstoß | 129-119 g/km | 5,4-5,2 l/ |
Länge/Breite/Höhe | 4.940 mm/1.890 mm/1.470 mm | 4.930 mm/1.850 mm/1.480 mm |
Radstand | 2.924 mm | 2.939 mm |
Kofferraumvolumen | 565-1.680 l | 640-1.820 l |
Leergewicht/Zuladung | 1.785 kg/545 kg | 1.845 kg/650 kg |
Anhängelast | 2.000 kg | 2.100 kg |
Preis | ab 51.650 Euro | ab 54.365 Euro |
Preis des Testwagens | 80.660 Euro | 83.700 Euro |