Das können Android Auto und Apple CarPlay
Das Smartphone kann oft mehr als das Auto. Mit Apple CarPlay und Android Auto lässt es sich legal darin nutzen. Lies hier, wozu die Systeme gut sind.
Eine Autogeneration dauert etwa sieben Jahre, selten auch mal zehn Jahre. Updates gibt es öfter, doch das Entwicklungstempo der Unterhaltungselektronik erreichen die Hersteller nicht annähernd. Apple bringt jedes Jahr ein (mehr oder weniger) neues iPhone, bei Googles Smartphone-Betriebssystem Android sieht es genauso aus.
Ein Problem für Gebrauchtwagen-Käufer. Ein Infotainment-System, das zum Start einer Baureihe noch aktuell war, kann zwei Jahre später schon zum alten Eisen gehören. Seit einigen Jahren verbinden sich die Systeme jedoch mit dem Smartphone und erlauben so die komfortable Nutzung vieler Apps und Funktionen auf dem im Auto eingebauten Bildschirm. Nun kommen die Smartphone-Schnittstellen auf dem Gebrauchtmarkt an. Wir erklären Dir, wozu Android Auto, Apple CarPlay und Co. gut sind, was sie können und wozu Du sie brauchst oder nicht brauchst.
Android, Apple, MirrorLink: Diese Smartphone-Standards gibt es
Manche Autohersteller bemühen sich um eigene Standards für die Kopplung des Infotainmentsystems mit dem Smartphone. Aber die Systeme der Smartphone-Riesen kann heute niemand mehr ignorieren. Für Googles Smartphone-Betriebssystem Android heißt es Android Auto, iPhones arbeiten über Apple CarPlay mit dem Fahrzeug zusammen.
Das ehemals von einem Konsortium als universeller Standard geplante MirrorLink spielt kaum noch eine Rolle. Viele Hersteller bauen zwar die Schnittstelle noch ein. Android Auto läuft jedoch stabiler, komfortabler und mit größerem Funktionsumfang. Mit iPhones funktionierte die Schnittstelle ohnehin nie. Wir gehen davon aus, dass MirrorLink bald ausgedient hat.
Übrigens: Auch Android Auto wird bald abgeschafft. Allerdings nur als alleinstehende Android-Auto-App. Die Funktionalität an sich will Google ins Betriebssystem selbst integrieren. Für Nutzer, die Android Auto auf dem Infotainmentsystem ihres Fahrzeugs nutzen wollen, ändert sich in der Handhabung nichts. Sie müssen nur Android Auto nicht mehr separat aus dem Google Play Store herunterladen.
Worum geht es bei Apple CarPlay und Android Auto?
Die Grundidee von Apple CarPlay und von Android Auto ist identisch: Apps und Funktionen des Android-Smartphones oder des iPhones sollen komfortabel und legal (sprich: ohne das Handy in die Hand zu nehmen) mit dem Infotainment des Autos benutzt werden. Dazu schließt man das Smartphone in den meisten Fällen per USB-Kabel im Auto an.
In einigen Autos funktioniert das sogar kabellos, das ist aber bisher die Ausnahme. BMW bietet Apple CarPlay schon länger kabellos an. VW startet gerade erst im neuen Passat, Audi ebenfalls in den aktuellen Modellen. Da das Smartphone die Rechenleistung übernehmen muss, ist der kabellose Betrieb ohnehin nicht optimal, denn der Akku leert sich in der Regel schneller, als er über Induktion geladen wird. Das Stromtanken über einen modernen USB-Anschluss (USB-C) funktioniert besser.
In jedem Fall erfolgt die Bedienung des Telefons und der freigegebenen Apps über das Infotainmentsystem des Autos. Am intuitivsten über den Touchscreen, alternativ über die Sprachsteuerung. In manchen Autos lässt sie sich per Knopf aktivieren, immer aber über die üblichen Sprachbefehle, die „Hey Siri“ oder „Okay Google“ heißen.
So funktioniert Apple CarPlay
Apple CarPlay läuft auf allen Telefonen ab dem iPhone 5. Eine App muss man dafür nicht herunterladen. Wenn die Verbindung steht, schaltet das Telefon automatisch in den CarPlay-Modus. Unter Umständen muss die Verbindung am Auto bestätigt werden. Der Bildschirm zeigt dann, fast wie auf dem iPhone, die bekannten Icons für die Apps, die sich per CarPlay nutzen lassen. Dazu gehören der Apple-Kartendienst, Apple Music, Google Maps, einige Musikstreaming-Dienste (Spotify, Google Play Music etc.), Podcast-Anwendungen, Hörbücher, die Nachrichten-App „iMessage“ und die eigentliche Telefonfunktion.
Ein großes Update erhält Apple CarPlay mit dem Betriebssystem iOS 13 (2019). Damit ändert sich vor allem die Ansicht des Home-Screens. Apple nennt ihn nun Dashboard. Statt einzelner App-Icons besteht er jetzt aus drei Bereichen. Links in einer Leiste lassen sich Apps direkt anwählen, in der Mitte wird die Navikarte groß angezeigt, rechts befinden sich zwei bis drei Kacheln, mit denen man bestimmte Funktionen direkt steuern kann. Zum Beispiel die Musik.
Apple CarPlay im Praxis-Einsatz
Die Verbindung zwischen iPhone und Infotainmentsystem läuft in aller Regel reibungslos. Das hermetische Apple-System vermeidet von vornherein viele Probleme, die beim deutlich offeneren Google-Pendant entstehen können.
Bedient werden die Apps per Touchscreen, Dreh-Drück-Steller oder Sprachsteuerung. Manche Hersteller binden auch Lenkradtasten ein, aber das funktioniert nicht überall. Der Befehl „Hey Siri“ startet die Sprachsteuerung, bei der man gute Chancen hat, verstanden zu werden. Man kann Siri Nachrichten diktieren, sie sich vorlesen lassen, ein Navigationsziel eingeben oder Musik aus der iTunes-Sammlung starten. Und natürlich telefonieren. Seit iOS 13 wurde die Kalender-App integriert.
Die Zahl der kompatiblen CarPlay-Apps ist nicht groß, doch für das Meiste findet man, was man braucht. Der beliebte Streaming-Dienst Spotify ist verfügbar, Google Play Music lässt sich nutzen, der Nachrichtendienst WhatsApp und Google Maps als Online-Navigationslösung sind ebenfalls dabei. Natürlich funktioniert das auch mit dem Apple Kartendienst. Google Maps fluppt nach unserer Erfahrung etwas besser, weil die Verkehrsinformationen zuverlässiger sind, aber Apple macht keinen schlechten Job. Beide brauchen für aktuelle Verkehrsinfos eine Verbindung zum Internet.
So funktioniert Android Auto
Um Android Auto zu nutzen, muss man die App aus dem Google Play Store herunterladen und installieren. Voraussetzung ist, dass das Handy mindestens mit Android 5.0 läuft (aktuell jüngste Version ist Android 10). Bislang funktioniert die Verbindung nur per Kabel. Nach dem Einstöpseln muss man die Nutzung und weitere dafür nötige Dienste bestätigen. Eine Bluetooth-Verbindung wird hergestellt und schon sollte der Startbildschirm auftauchen.
Der wurde mit der jüngsten Android-Auto-Version stark verändert. Das neue Android Auto ähnelt, anders als vorher, eher Apple CarPlay bis iOS 12. Nutzbare Apps werden als Icons in einer Übersicht dargestellt, am unteren Rand befindet sich eine Navigationsleiste. Hier lassen sich die jeweils zuletzt genutzte App, die Übersicht und die Sprachsteuerung anwählen. Außerdem gibt es Direktzugriffstasten für die Musik. Künftig will Google Android Auto ins Betriebssystem integrieren, Updates gibt es dann nur noch mit einer neuen Android-Version.
Android Auto im Praxis-Einsatz
Genau wie Apple CarPlay bedient man auch Android Auto über die Hardware-Knöpfe des Infotainments (selten), per Touchscreen (meistens) oder per Sprachsteuerung (gelegentlich). Mit der jüngsten Version wurde der Google Assistant noch tiefer integriert. Er macht dem Nutzer zum Beispiel Vorschläge basierend auf dessen Gewohnheiten und soll vor allem über Sprachbefehle zu Diensten sein.
Anders als früher lässt sich der Sprachassistent über den Befehl „Okay Google“ aktivieren, bislang ging das nur per Touch-Input oder, bei manchen Herstellern, über die entsprechende Taste für die fahrzeugeigene Sprachsteuerung. So lassen sich in Google Android Auto Nachrichten diktieren, Navi-Ziele eingeben und Musik aufrufen.
Das Angebot an kompatiblen Apps ist bei Android Auto größer als bei Apple CarPlay. Die meisten gängigen Messenger (WhatsApp, Skype, Telegram, Facebook etc.) laufen über Android Auto, zahlreiche Podcast-Dienste, viele Internet-Radios, Hörbuch-Apps, einige Nachrichten-Dienste und vieles mehr. Ebenfalls nutzbar: Waze als Navigations-App, die auch offline funktioniert. Google Maps, Google Play Books und Google Play Music funktionieren natürlich auch. Eine Übersicht gibt es im Google Play Store.
Der Nachteil von Android Auto ist seine etwas holprige Zuverlässigkeit. Offenbar fällt die Kopplung nicht so leicht wie bei Apple CarPlay. Immer wieder stolpern wir bei Herstellern über Probleme. Manchmal mag sich die Verbindung nicht aufbauen, manchmal bricht sie ab oder baut sich nicht wieder zuverlässig auf, nachdem das Auto nur kurz mit eingestöpseltem Smartphone abgestellt wurde. Im Herbst 2019 gab es zudem Probleme mit dem jüngsten Update, weil sich der Google Assistant Spracheingaben einiger Nutzer gegenüber taub stellte.
Android Auto und Apple CarPlay im Gebrauchtwagen
Die Smartphone-Standards von Google und Apple sind junge Features im Auto. Hersteller bieten sie vor allem in großen Infotainmentsystemen an, aber nicht immer serienmäßig. Oft muss man dafür eine zusätzliche Option auswählen. Bei BMW ist Apple CarPlay selbst dann nur zeitlich begrenzt nutzbar. Positiver Nebeneffekt für Gebrauchtwagenkäufer: Die Schnittstelle lässt sich nachträglich ordern und „over the air“ freischalten. Die Möglichkeit gibt es nicht bei jedem Hersteller, wird sich aber künftig immer mehr durchsetzen.
Von den fast 1,5 Millionen bei mobile.de gelisteten Gebrauchtwagen verfügen laut Filter rund 200.000 über Android Auto und Apple CarPlay, rund 220.000 nur über CarPlay. Da nicht alle Anbieter sämtliche Extras in ihren Inseraten ausweisen, sind es vermutlich noch einige mehr. Gerade bei neueren Modellen lohnt ein Blick in die Ausstattungsliste oder ein Test bei der Probefahrt. Ältere Autos könnten über ein Nachrüst-Audio-System an die Smartphone-Standards kommen. Auf jeden Fall sorgen sie für ein bisschen moderne Software auch in weniger taufrischen Fahrzeugen.