7 Autostudien, die es nie zur Serie geschafft haben
Autostudien sind mutige Ausblicke auf mögliche Designs und Technologien. Aber nicht jedes Konzept ist bereit für die Straße. Wir zeigen Studien, die gescheitert sind.
Hersteller zeigen mit Autostudien, wie sie die Mobilität der Zukunft sehen – Antriebe mit sagenhaften Verbrauchs- und Leistungswerten, futuristisches Design und Techniklösungen, die das aktuell Machbare komplett ausloten. Die wichtigste Regel lautet: Alles ist erlaubt. Das Ergebnis präsentieren die Autobauer auf den wichtigsten Messen des Jahres – von der IAA, über den Pariser sowie Genfer Autosalon bis zur Tokyo Motor Show oder immer öfter auf eigenen Events. Die Konzeptfahrzeuge sind ausgestattet mit ungewöhnlichen Antrieben oder ziehen mit ausgefallenem Design alle Blicke auf sich. Doch viele der Autostudien kommen über den Konzeptstatus nie heraus. Stattdessen verschwinden sie in dunklen Garagen.
Wofür gibt es Autostudien?
Autostudien kosten die Hersteller viel Geld. Direkte Einnahmen bringen sie aber größtenteils nicht. Als Serienfahrzeuge schaffen es nur wenige Konzepte. Aber das ist nicht der Hauptgrund, solche Studien anzufertigen und der Öffentlichkeit zu zeigen. Stattdessen möchten die Autobauer zeigen, was alles möglich ist. Und: Die Hersteller erkennen mit Autostudien mögliche Flops beim Verkauf. Sie sind gewissermaßen ein Testballon, was Kunden mögen könnten. Dazu gehörte in der Vergangenheit übrigens auch die Möglichkeit des autonomen Fahrens.
Positiver Nebeneffekt: Kommt ein konzeptueller Fahrzeugtyp gut an, kann dieser in anderer Form in Serie gehen – etwa der Audi Steppenwolf als SUV-Vorläufer. Gleiches gilt für gewagte Designs oder Anpassungen liebgewonnener Details. Die mittlerweile ikonische BMW-Niere ist Ergebnis eines solchen Tests. Ein weiterer Grund für spektakuläre Konzeptfahrzeuge: Sie sind aufsehenerregend für eine Marke und verkürzen die Wartezeit auf neue Modelle – denn die Aufmerksamkeit dreht sich zunächst um die Autostudie und lässt die Zeit gefühlt schneller vergehen.
Warum werden Autostudien nicht umgesetzt?
Viele der teuren Studien der Autobauer schaffen es nie in die Serie und zum Käufer. Oft dienen die Konzeptfahrzeuge nur als Vision – etwa für eine neue Antriebsart. Mit einer ausgefallenen Karosserie soll nur Aufmerksamkeit auf die Technik gezogen werden. Es ist meist nie geplant, die Autostudie wirklich umzusetzen. Aber manchmal ist selbst die Technik viel zu verrückt, um sie tatsächlich auf die Straße zu lassen. Oder würdest Du freiwillig in einen atombetriebenen Ford Nucleon steigen? Eine Umsetzung wäre am Ende wohl viel zu teuer gewesen – mal ganz abgesehen vom Sicherheitsrisiko. Da sind Solarzellen für Autos eine bessere Idee.
Das Schicksal der hohen Kosten teilen vermutlich alle Autostudien und das ist der Hauptgrund, warum sie nie produziert werden. Jedoch schaffen es auch seriennahe Konzepte nicht immer zur Produktion. Das liegt häufig daran, dass das Design beim Kunden nicht ankommt. Wir zeigen Dir in unserer Liste, welche Autostudien es nie geschafft haben – von ausgefallenen Antrieben bis zu fragwürdigen und eleganten Designs. Bei manchen denkt man sich: zum Glück. Aber andere Konzepte würde man doch gerne fahren.
Ford Nucleon: Auf zum Atom
In den 1950er-Jahren war Atomenergie etwas Neues. Firmen, Forscher und Designer erhofften sich eine Zukunft, in der nukleare Antriebe in Autos und Haushaltsgeräten endlose Energie ermöglichen. Das zeigt sich in vielen Autostudien aus dieser Zeit. Eine davon ist der Ford Nucleon. 1957 präsentierten die US-Amerikaner das atombetriebene Konzept in einem Modell im Maßstab 1:2,66. Ford erhoffte sich, dass Atomreaktoren zu einem anderen Zeitpunkt kleiner werden würden, damit sie in Autos passen.
Die Idee hinter dem Antrieb: Statt eines klassischen Verbrennermotors steckt im Heck des Autos der Minireaktor. Dieser erzeugt Wärme, die eine Dampfturbine antreibt. Mit einer Reaktorfüllung sollte eine Reichweite von 5.000 Meilen möglich sein – rund 8.000 Kilometer. Statt neuen Brennstoff zu tanken, sollten die Reaktoren an speziellen Stationen komplett getauscht werden. Eine Idee, die der chinesische Autohersteller Nio in ähnlicher Art für seine aktuellen E-Autos nutzt. Doch statt Atomreaktoren werden harmlose Akkus getauscht. Der von Ford geplante Atomantrieb war keine neue Erfindung. Atom-U-Boote nutzen diese Technik.
Wer sich diese aberwitzige Autostudie anschauen will, kann sie im Henry-Ford-Museum in Dearborn, Michigan bestaunen. Und in Serie hat es das Ford-Konzept doch geschafft. Zumindest virtuell. In der Videospiel-Serie „Fallout“ diente der Ford Nucleon als Vorlage für atombetriebene Fahrzeuge.
Tata OneCat
Knapp 50 Jahre nach Fords Idee eines Atomantriebs plante Tata eine andere ausgefallene Antriebstechnik. Der 2008 vorgestellte Prototyp OneCat sollte mit Druckluft fahren. Dafür arbeitete der indische Hersteller Tata Motors mit dem Luftmotorentwickler Guy Nègre zusammen. Die Autostudie sollte über einen Lufttank verfügen und emissionsfrei fahren. Ungewöhnlich sind Druckluftmotoren nicht. Sie kommen in Maschinen und Werkzeugen zum Einsatz. Und auch Züge fuhren damit – etwa die Straßenbahn in Bern. Seit den 1990er-Jahren gibt es den Bereich der Druckluftautos. Eine Serienproduktion hat aber nie stattgefunden.
Das gilt auch für den Tata OneCat. Geplant war er als fünfsitziger Kleinwagen. Der Kofferraum sollte 200 Liter fassen können. Aus Design-Sicht war der OneCat gewöhnungsbedürftig. Eine sehr stark abfallende Front wurde mit einem kastenförmigen Heck kombiniert. Aber Aussehen stand nicht an erster Stelle. Vielmehr wollte Tata mit Technik glänzen. Doch die beeindruckte nicht wirklich. 90 Kilometer Reichweite, vier Stunden tanken und ein Topspeed von 100 km/h mit Druckluftantrieb. Um die Reichweite zu erhöhen, sollte ein Verbrennungsmotor ergänzt werden. Seit 2009 ruht die Zusammenarbeit zwischen Tata und Nègre. 2012 sollte das Auto auf den Markt kommen. Kam es nicht. 2020 war der nächste Termin, der ebenfalls nicht eingehalten wurde.
Audi Steppenwolf: Ingolstädter SUV
Wir schreiben das Jahr 2000. Auf dem Pariser Autosalon zeigt Audi seine Vision eines SUV. Die Autostudie aus Ingolstadt trägt den Namen Steppenwolf und war streng genommen ein dreitüriger Kompakt-Crossover-SUV. Die technische Basis war die Plattform PQ34. Bekannt vom ersten A3, ersten Audi TT und dem VW Golf IV. Ausgestattet war der Steppenwolf mit einem 3,2-Liter-V6-Motor. Dieser brachte 224 PS und 320 Nm mit. Dazu bot die Studie Allradantrieb, Sechs-Gang-Schaltung und Luftfederung.
Die vierstufige Federung stammte vom Allroad Quattro, der Offroad-Variante des A6 Avant. Die Federung konnte um sechs Zentimeter verstellt werden. Bei höherer Geschwindigkeit senkte sich die Karosserie ab. Das Konzept-SUV gab es als Cabrio mit abnehmbarem Stoffverdeck. Die Alternative war ein Carbon-Hardtop. Den heutigen Vorteil der erhöhten Sitzposition nutzte der Steppenwolf nicht aus. Stattdessen entschied sich Audi, die Sitze möglichst niedrig zu montieren. Bis aus Ingolstadt das erste SUV kam, vergingen fünf Jahre: 2005 startete der Audi Q7.
Mercedes F400 Carving: Der Kurvenkönig
Bei Mercedes spricht man eher von Forschungsfahrzeug und nicht von Autostudie. An ausgefallener Technik und spektakulären Designs ändert das nichts. Und der Mercedes F400 Carving ist in allen Bereichen ein Hingucker. 2001 präsentierten die Stuttgarter den Carving. Der Beiname stammt vom Skifahren und geht auf das Fahren von Kurven auf den Stahlkanten der Ski zurück. Bei Kurvenfahrten neigten sich die äußeren Räder des F400 um bis zu 20 Grad. Damit sollte sich die Fahrstabilität erhöhen und die Schleudergefahr verringern. Im Hintergrund arbeiteten Sensoren, die wichtige Daten wie Geschwindigkeit und Lenkeinschlag maßen.
Bei einer Notbremsung konnten alle vier Räder gestürzt werden. Nur noch die Innenseite der Räder hatte dann Kontakt zur Straße. Ergebnis: ein fünf Meter kürzerer Bremsweg bei 100 km/h. Dies erreichten die Stuttgarter dadurch, dass die Innenseiten der Reifen wie Motorradreifen aufgebaut waren. Dadurch waren sie weicher und sehr haftstark. Mit dem F400 Carving testete Mercedes auch die Drive-By-Wire-Technik. Bei dieser übertragen Kabel elektrisch die Lenk- und Bremsbefehle. Normalerweise machen das mechanische Verbindungselement wie Lenksäule oder Gestänge. Die Technik kommt mittlerweile in vielen Fahrzeugen zum Einsatz – häufig auch nur bestimmte Teile wie das elektronische Gaspedal.
Jeep Treo: Elektrische Fahrversuche
2023 kommt das erste E-Auto von Jeep. Es ist nicht der erste Versuch eines E-Jeeps. Bereits 20 Jahre zuvor zeigte sich der Jeep Treo auf der Tokyo Motor Show 2003. Damals entwickelte Chrysler unter der Jeep-Marke eine elektrische Autostudie. Zum Einsatz kam eine Wasserstoffbrennzelle. Die US-Amerikaner wollten mit dem Konzept einen jungen, städtischen Markt ansprechen. Eine Zielgruppe, die mit dem Offroad-Klassiker Wrangler nichts anfangen konnte. Den Treo bezeichnete Chrysler damals als eine Vision für das nächste Jahrzehnt oder später. Mit dem Avenger hält Jeep 2023 das Versprechen mehr oder weniger ein.
Aber zurück zum Jeep Treo. Geplant wurde die Studie vom Chrysler Advanced Product Design Center in Kalifornien. Die Designer hatten dabei das ultimative Studentenauto im Blick – klein und günstig. Ob das Auto mit diesem sehr interessanten Design auf Käufer getroffen wäre, bleibt wohl für immer im Ungewissen. Technisch hatte der Treo spannende Ideen. Je ein Elektromotor an jeder Achse sollte einen Allradantrieb ermöglichen. Die Wasserstoffbrennstoffzelle brachten die Designer an der Fahrzeugunterseite an. Die Fahrerkabine wurde zum Heck hin schmaler und bot zwei Sitze vorn und einen hinten. Am Heck sollte man ein Fahrrad befestigen können.
Wie Mercedes experimentierte Chrysler mit einem Drive-By-Wire-System für den Treo. Damit sollten schwere, sperrige mechanische Bauteile vermieden werden. Ein besonderer Clou: Der Innenraum war modular. Man konnte problemlos von Links- auf Rechtslenker umbauen. Das Konzeptauto kam auf der Messe so gut an, dass Chrysler in Serie gehen wollte. Statt E-Antrieb aber mit Hybrid-Verbrennermotor. Doch dazu kam es nie – warum, bleibt wohl ein Geheimnis des Autobauers.
Ford Lincoln Futura
Ford präsentierte insbesondere in den 1950er-Jahren viele Autostudien – manche davon besonders spektakulär. Noch vor dem Ford Nucleon verzückten die US-Amerikaner die Autowelt mit dem Lincoln Futura. Designt von Bill Schmidt sowie John Najjar und gebaut von Ghia aus Turin, trägt der Ford seinen Beinamen Futura zurecht. Futuristisch sind die beiden Kuppeln, die als Überdachung für die Passagiere dienen. Dazu gab es übertriebene Scheinwerfer mit Haube und sehr große, nach außen gebogene Heckflossen. Präsentiert wurde der Lincoln Futura 1955 auf der Chicago Auto Show auf Basis eines modifizierten Lincoln-Chassis von 1953.
In Serie schaffte es der Futura in seiner Studienform nicht. Aber er kam in eine Serie. Der Lincoln Futura ist die Grundlage für das ikonische Batmobil aus der TV-Serie Batman von 1966 mit Adam West. Teile des Konzeptfahrzeugs nutzte Ford bei den Lincoln-Modellen Premiere und Capri – insbesondere die Scheinwerfer und Heckflossen. Der konkave Grill zierte 1960 den Mercury Monterey und den Ford Galaxie. Die Entwicklung des Ford Lincoln Futura kostete damals 250.000 US-Dollar. Das entspricht heute rund 2,5 Millionen US-Dollar.
BMW Mille Miglia Concept
Bei vielen Autostudien ist man froh, dass es sie nie in Serie gab. Bei manchen hingegen ist es eine Schande, dass es sie nicht gibt. Dazu gehört der BMW Mille Miglia Concept. Geschaffen von Chris Bangle, der für das polarisierende Design des BMW 7er (E65) bekannt ist. Die Studie basiert auf dem legendären BMW 328 Mille Miglia. Diesen bauten die Münchner für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1939. Berühmt wurde das Auto aber erst ein Jahr später beim Langstreckenrennen Mille Miglia 1940. Es schaffte damals eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 166 km/h – bis heute der höchste Wert für das Rennen.
Für das BMW Mille Miglia Concept von 2006 nutzte Bangle ein Z4 M Coupé als Basis. Angetrieben wurde das Konzeptauto von einem 343 PS starken Motor der S54-Baureihe. Das Design orientierte sich an dem legendären Flitzer der 1930er-Jahre: geteilte Windschutzscheibe, geschwungene Linien. Kombiniert wurde die kohlefaserverstärkte Karosserie mit moderner Technik. LED-Scheinwerfer und klappbares Hardtop. Die Autostudie war nur als Hommage an den Oldtimer gedacht und nie als mögliches Serienkonzept – schade, finden wir.