Ein Geländewagen auf Basis des VW Golf – gab es bei VW schon Anfang der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts mit dem Golf Country. Nur hat sich damals noch keiner für dieses Genre interessiert. Heute ein gesuchtes Liebhaberfahrzeug, galt der mit etwas mehr Bodenfreiheit, rustikalen Plastik-Planken entlang der Gürtellinie und dem am Heck angeschlagenen Ersatzrad zum Abenteurer geadelte Outdoor-Golf deshalb zu seiner Zeit als Flop und wurde nach nicht einmal zwei Jahren wieder eingestellt. Entsprechend zurückhaltenden haben die Niedersachsen in den Jahren darauf den Aufstieg der kompakten Geländewagen beobachtet und sich lange gegen einen neuen Golf fürs Grobe gesträubt.
Doch irgendwann haben sie offenbar auch in Wolfsburg verstanden, dass die SUV-Welle diesmal nicht mehr aufzuhalten ist und sich zum Tiguan durchgerungen. Anfang 2006 mit der Studie Concept A in Genf avisiert und Ende 2006 mit einem weiteren Showcar in Los Angeles konkretisiert, gab der Tiguan seine Serienpremiere im September 2007 auf der IAA in Frankfurt und ging kurz darauf in den Handel.
Anders als beim Golf Country diesmal keine sichtbaren Gemeinsamkeiten
Wie seinerzeit der Golf Country basiert auch der Tiguan auf dem Golf, rückt aber diesmal in der Gestaltung vom kompakten Bestseller viel weiter ab. Es gibt nicht ein einziges gemeinsames Karosserieteil und wenn man an dem 4,43 Meter langen SUV eine Ähnlichkeit zu anderen VW-Modellen sucht, dann findet man sie am ehesten noch beim Touareg, mit dem die Niedersachsen gegen Mercedes M-Klasse oder BMW X5 antreten.
Unter dem Blech ist die Verwandtschaft dagegen umso enger. Der Tiguan nutzt nicht nur die gleiche Plattform wie der Golf und seinen 4Motion-Allradantrieb mit der über eine Haldex-Kupplung zuschaltbaren Hinterachse. Er kommt auch mit durchweg bekannten Motoren daher. Über die Laufzeit gibt es ihn mit Benzinern von 122 PS bis 211 PS sowie Dieselmotoren, die eine Spanne von 110 PS bis 184 PS abdecken.
Bei der Ausstattung haben die Kunden wie Wahl zwischen zwei Charakteren: Als „Trend & Fun“ sowie als „Sport & Style“ gibt sich der Geländewagen betont zivil und elegant, als „Track & Field“ kehrt er den Abenteurer heraus und rüstet sich unter anderem mit robusten Anbauteilen für Ausflüge abseits des Asphalts.
Konkurrenten wie Nissan mit dem Qashqai gingen da allerdings schon etwas weiter und boten ihren Kompakt-SUV Quashqai zwischenzeitlich in unterschiedlichen Längen mit einer dritten Sitzbank an. Eine Entwicklung, die VW erst jetzt realisiert. Zwar gab es schon ab 2010 einen Tiguan mit acht Zentimetern mehr Radstand. Doch auch der hat nur zwei Sitzreihen und die Niedersachen verkaufen dieses Modell ausschließlich in China. Daran änderte auch das Facelift von 2011 nichts, bei dem VW lediglich die Leuchten vorn und hinten retuschierte, drei der sieben Motoren erneuerte und eine Reihe von Assistenten einbaute.
Zweite Generation startet 2016 auf Basis des MQB
Nach rund neun Jahren schickte VW den ersten Tiguan Anfang 2016 aufs Altenteil und die zweite Generation ins Rennen. Analog zum Golf wechselt auch der Tiguan in den so genannten Modularen Querbaukasten (MQB), distanziert sich aber noch deutlicher von seinem kompakten Teilespender: Der Radstand streckt sich um acht Zentimeter, die Länge wächst um sechs Zentimeter, die Proportionen werden knackiger und vor allem innen bietet der Tiguan nun deutlich mehr Platz. Außerdem kann man den Wagen nun mit einer um 18 Zentimeter verschiebbaren Rückbank bestellen, so dass Hinterbänkler einen individuellen Kompromiss zwischen Kniefreiheit und Kofferraum wählen können.
Mit dem MQB zieht auch viel neue Technik in die Baureihe ein. Auf Wunsch gibt es ein komplett animiertes Cockpit, eine neue Generation von Touchscreen-Infotainment mit Smartphone-Integration und eine ganze Reihe von Assistenzsystemen – von der automatischen Abstandsregelung bis hin zum elektronischen Helfer für das Rangieren mit Anhänger.
Unter der Haube verschließt sich VW weiter dem Fortschritt. Zwar sind eine Vielzahl der insgesamt acht, wie bisher mit Front- oder Allradantrieb lieferbaren, Motoren von 115 PS bis 240 PS neu. Doch alternative Antriebsvarianten haben die Niedersachsen auch in der zweiten Tiguan-Generation nicht auf dem Zettel.
Ab Ende 2017 auch als „Allspace“ mit dritter Reihe
Dafür reagieren sie zumindest auf die weiter erstarkte Konkurrenz, im Konzern mit Skoda Kodiaq und Seat Ateca, außerhalb mit Modellen wie Peugeot 3008 oder Fiat 500X, und weiten die Modellpalette aus. Ab Ende 2017 gibt es deshalb einen Tiguan Allspace mit elf Zentimetern mehr Radstand. Bei 4,70 Metern Länge bietet der Geländewagen dann bis zu 1770 Liter Kofferraum und erstmals die Option auf eine dritte Sitzreihe.