Das Cabrio hat bei Porsche eine lange Tradition. Schon kurz nach der Premiere des 356 hat der Stuttgarter Hersteller auch eine offene Version seines Sportwagens angeboten und danach bei allen Versionen des 911 die Sonne hereingelassen. Erst mit dem Targa und seit 1982 beim sogenannten G-Modell auch mit einem Cabrio.
Diese Co-Existenz hält bis heute an: Während beim Targa mittlerweile eine in Teilen versenkbare Glaskuppel montiert wird, hat das Cabrio ein Dach, das zumindest wie ein traditionelles Stoffverdeck aussieht, sich so schnell bewegen lässt und auch so wenig Platz benötigt. Dabei ist es eher ein versenkbares Hardtop mit Textilbezug als eine traditionelle Stoffhaube und vereint so die Vorteile der beiden Cabrio-Konstruktionsprinzipien. Obwohl er sehr wenig Bauraum beansprucht, bleibt der 911er auch als Cabrio in der Praxis nur ein Zweisitzer, dessen Rückbank allenfalls für Kinder oder Kurzstrecken genutzt werden kann.
Die aktuelle Modellgeneration trägt das interne Kürzel 991 und ist im Jahr 2011 auf den Markt gekommen. Seit der großen Modellpflege im Herbst 2015 läuft sie als 991 II und fährt auch in den Basis-Varianten ausschließlich mit aufgeladenen Motoren, selbst wenn diesen Versionen nach der traditionellen Nomenklatur der „Turbo“-Schriftzug versagt bleibt.
Abgesehen von den aus dem Rennsport übernommenen Triebwerken von 911 GT3 und GT3 RS gibt es für das Cabrio anders als für den Targa alle Motorvarianten des Elfers. Den 3,0 Liter großen Sechszylinder bietet Porsche deshalb im Carrera Cabrio mit 370 PS, im Carrera S mit 420 und im Carrera GTS mit 450 PS an. Darüber rangiert der Boxer mit 3,8 Litern Hubraum, der im 911 Turbo auf 540 und im Turbo S auf 580 PS kommt. Verglichen mit Konkurrenten wie dem Mercedes SL oder AMG GT Roadster, dem Audi R8 Spyder, dem Jaguar F-Type oder McLaren Sport Series hat Porsche deshalb deutlich mehr Auswahl zu bieten. Erst recht, weil die Schwaben den 3,0 Liter auch noch mit Heck- oder Allradantrieb sowie Schaltgetriebe oder automatisiertes Doppelkupplungsgetriebe mit jeweils sieben Gängen anbieten und nur bei den beiden Turbos immer als PDK-Modelle auf allen vieren Verkaufen.
Viel frische Luft und wilde Frisuren
Für reichlich frische Luft und wilde Frisuren ist im Porsche 911 Cabrio gesorgt. Schon das Carrera Cabrio beschleunigt im besten Fall in 4,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h und der Turbo S absolviert den Standardsprint gar in nur 3,0 Sekunden. Bei Vollgas erreicht das Modell je nach Motor- und Getriebevariante zwischen 290 und 330 km/h.
Gemessen daran lässt einem der Verbrauch die Haare nicht zu Berge stehen: Für den Turbo S meldet Porsche einen Normwert von 9,3 für das Grundmodell im besten Fall sogar nur 7,5 Liter.
Hohe Preise, magere Ausstattung
Beim offenen Porsche 911 kennen auch die Preise kaum ein Limit nach oben. Denn auf die ohnehin schon gesalzenen Tarife für das Coupé kommen noch einmal rund 13.000 Euro Open-Air-Zuschlag, sodass der offene 911 Carrera mindestens 109.695 Euro kostet und mit den 215.962 Euro für das Turbo S Cabrio noch lange nicht das Ende erreicht ist. Auch das Top-Modell lässt in der über 100 Seiten starken Preisliste noch reichlich Raum für teure Extras.
Obwohl die Grundpreise hoch sind und zum Teil deutlich über den sehr unterschiedlichen Konkurrenten vom Jaguar F-Type Roadster über Audi R8 Spyder bis Lamborghini Huracan liegen, ist die Serienausstattung des 911 Cabrio eher dürftig. Zwar gehören Sicherheitsfeatures wie die sechs Airbags zum Standard und das Verdeck oder das Windschott bewegen sich selbstredend elektrisch. Doch schon für den Tempomat verlangt Porsche einen Aufpreis – genau wie für die Sitzheizung oder Glühdrähte im Lenkrad. Und mit der teuren Anschaffung ist es bei Porsche nicht getan. Wie jeder Sportwagen ist der 911 auch im Unterhalt, bei Wartung und Reparaturen deutlich teurer als konventionelle Fahrzeuge dieser Preisklasse.
Dafür haben die Sportwagen aus Stuttgart eine überdurchschnittlich hohe Wertstabilität und spielen als gesuchte Gebrauchtwagen einen Teil der hohen Mehraufwendungen beim Verkauf wieder ein. Das gilt für das Cabrio mehr noch als für das Coupé.
Fazit zum Porsche 911 Cabrio
Schnell, stark, schön, aber sehr, sehr teuer – auch als Cabrio ist der 911 durch und durch ein typischer Porsche, mit noch höherem Erlebnisfaktor. Denn das konkurrenzlos schnelle Stoffverdeck ist nicht nur eine schmucke Designvariation. Sobald sich die Haube ins Heck senkt, wird das Fahrgefühl noch intensiver und man kann die schnelle Spritztour viel besser genießen. Zwar zahlt man dafür einen Preis, der zum Teil deutlich höher ist als bei der nicht minder renommierten Konkurrenz. Und die beiden Notsitze im Fond sind auch unter freiem Himmel kaum vernünftig zu nutzen. Doch bei allem Vergnügen erweist sich der 911 in der offenen Version spätestens beim Wiederverkauf sogar als vernünftiges Auto. Denn gebrauchte 911 Cabrios sind so gefragt, dass man das Gros der Vergnügungssteuer vom Nachbesitzer wieder erstattet bekommt.