Magna Steyr in Österreich fertigt den Zweitürer auf Basis des grundsoliden Peugeot 308 und übernimmt von der Logistik bis zur Endabnahme die komplette Verantwortung für das Flaggschiff im Portfolio der Franzosen. Antriebsseitig bedient sich Peugeot einer Kooperation mit BMW . Dass die Bayern keine schlechten Motoren bauen, hat sich seit jeher im Automobilbau manifestiert. So gelingt auch in der deutsch-französischen Freundschaft ein temperamentvoller 1,6-Liter-Motor, der von einem variablen Turbo zwangsbeatmet wird. Spritzige Fahrleistungen in allen drei Leistungsstufen schüttelt der Vierzylinder wie selbstverständlich auf die Antriebswelle. Mit einem 2.0 Liter Diesel bedient Peugeot auch die Vielfahrer und Drehmoment-Genießer, die aber vom Fahrverhalten mehr erwarten dürften.
Ein Plus an Sorgfalt hätten die Franzosen in die Fahrwerks- und Lenkungsabstimmung stecken sollen. Die Richtungsanweisungen vom Fahrer werden zwar zackig umgesetzt, doch trübt die eine oder andere Nachkorrektur eine saubere Linie bei der flotten Landstraßenhatz. Seit dem Facelift 2013 wirkt nicht nur die Feder-Dämpfer-Einheit straffer und vermittelt mehr Gefühl für die Straße, auch optisch gewinnt die Front an Feinheit und blickt nun mit einem Schlafzimmerblick in die Welt. So verführerisch bleibt der RCZ eine mehr als veritable Alternative zu TT, 2er, GT 86 und anderen Kompaktsportlern – ganz zu schweigen vom attraktiven Preis. Bei der Summe, für die ein voll ausstaffierter RCZ den Besitzer wechselt, zückt der Audi - oder BMW-Händler noch nicht einmal einen Stift.
Außencheck: Emotionen werden beim Peugeot RCZ großgeschrieben
So rassig und frivol waren bisher nur die Studien von Peugeot gezeichnet. Bis zum Erscheinen des RCZ fehlt den Franzosen der Mut und der Wille, ein Großserienauto in weiten Produktionsschritten per Hand zu montieren. Dieser Partner findet sich mit Magna Steyr in Österreich, wo der RCZ bis heute vom Band läuft. Die Plattform des Peugeot 308 erweist sich bei der Realisierung des Projekts als perfekte technische Basis für eine Karosserie, die vom deutschen Designer Boris Reinmöller so unkeusch frech auf die Räder gestellt wird. In Zusammenarbeit mit BMW entsteht ein von Grund auf neu konstruierter 1.6-Liter-Vierzylinder-Motor, der im RCZ zunächst zwei, später drei Leistungsstufen abwirft.
Diese Maschine schafft den Spagat aus absoluter Alltagstauglichkeit und Temperament, wenn der Fahrer es verlangt. Die Spaßseite ist mit 156 PS, 200 PS und ab 2013 im R mit 270 PS sogar mehr als gut aufgestellt. In Deutschland besonders beliebt ist der Dieselmotor. Bei Peugeot heißt der Ölbrenner HDi und steht mit 163 PS nominell zwar gut im Futter, doch will er nicht so recht zum optischen Temperament eines zweisitzigen Sportwagens passen. Auch die Gene der Plattform des Peugeot 308 können während der Fahrt nicht kaschiert werden. Wie der Audi TT , mit dem der RCZ gerne vergleichen wird, schiebt das frontlastige Coupé untersteuernd gen Kurvenausgang.
Ähnlich indifferent wie das Fahrwerk geben sich auch Lenkung und Schaltung. Der Fahrer ist gezwungen, für eine schnelle Linie öfter zu korrigieren, als ihm lieb ist. Diese Eigenart, an die man sich aber schnell gewöhnen kann, hat der RCZ auch nach dem umfangreichen Facelift 2013 behalten. Die Lenkung reagiert nun etwas schneller. Stabilisatoren und Federelemente sind straffer ausgelegt. In der Summe ergibt sich nach der Modellpflege im Alltag ein noch prägnanteres Fahrerlebenis mit deutlicher Ähnlichkeit zum Audi TT. Was dieser dem Peugeot jedoch voraushat, ist seine präzise Schaltung. Im TT gleiten die Gänge regelrecht von Gasse zu Gasse, während das Zahnrad-Pendant im RCZ höhere Kupplungs- und Bedienkräfte verlangt. Wer die Fahrstufen automatisch sortiert haben möchte, muss sich bei Peugeot mit einem eher trägen Wandler-Automaten begnügen. Die sechs Gänge mögen zahlenmäßig ausreichend sein, doch kann die Automatik-Schaltbox nur mit dem 156-PS-Benziner kombiniert werden, verliert eine Sekunde im Standard-Sprint auf Tempo 100 und gönnt sich fast einen Liter Treibstoff mehr im Testzyklus nach ECE-Norm als der Handschalter. Bei den Bremsen gibt sich Peugeot keine Blöße. Sie sind fein zu dosieren und packen bei Bedarf brachial zu.
Die Sportreifen tragen ihr Übriges zur flotten Kurvenhatz bei und kleben wie Gummi auf der Straße. Insgesamt verliert der Peugeot technisch ein paar Meter insbesondere im deutschen Wettbewerb. BMWs 2er Coupé und Audis TT fahren ein ganzes Bataillon an technischen Finessen auf, von denen der RCZ-Fahrer nur träumen kann. Beleuchtet man das Umfeld aus Fernost, Subaru BRZ und der baugleiche Toyota GT86 seien hier genannt, relativiert sich der vermeintliche Technik-Rückstand des Franzosen. Denn auch dort sucht man weit gespreizte 8-Gang-Wandler-Automaten von ZF oder ultraschnelle Direktschaltgetriebe vergebens. In puncto Styling und Auftritt fährt der Peugeot RCZ aber dann deutlich nach vorn. Selbst Kinder drehen sich nach dieser Rarität auf Deutschlands Straßen um und staunen nicht schlecht, wenn das rassige Heck mit den LED-Leuchten und dem Doppel-Kuppel-Dach um die Ecke biegt. So ein aufwendig ausgeformtes Dach in dieser stilsicheren Materialkombination aus Alu-Säulen und Echt-Carbon bietet kein anderes Coupé.
Innencheck: Des Fahrers Traum schlechthin – so zieht der Peugeot seine Passagiere in den Bann
Wer vor dem Peugeot RCZ steht, wird als Erstes vor der flachen Dachform haltmachen. Sie verläuft in einem knappen Bogen über der Seitenlinie und gibt nur schmale Fenster frei. Beim Betrachten der gesamten Proportionen könnte man auf die Idee kommen, gleich vor dem Motor Platz zu nehmen. Der Zweitürer erweckt den Eindruck, ein Mittelmotor- Sportwagen zu sein. Doch falsch gedacht: Beim Öffnen der Tür sind keine weiteren Indizien für die erste Vermutung zu finden. Dort, wo der Mittelmotor sitzen sollte, schafft der 2+2-Sitzer Platz für eine notdürftige Rücksitzbank. Jener Platz genügt selbst Kindern auf einer Kurzstrecke kaum und sollte daher eher durch Umlegen der Rücksitzlehne als Kofferraum-Erweiterung dienen – anders machen es Audi-TT-Fahrer auch nicht. Im Peugeot RCZ sitzt man dort, wo es sich gehört: vorne. Fahrer- und Beifahrersitz sind schalenartig ausgeformt und bieten neben einer spektakulären Optik auch hervorragenden Seitenhalt und eine perfekte Passform.
Vom Fahrersitz aus offenbart sich eine exzellente Schnellfahrer-Höhle. Der Blick schweift durch das Sportlederlenkrad hindurch auf klar gezeichnete Rundinstrumente, wandert weiter über runde Lüftungsdüsen auf der Mittelkonsole und erfreut sich am sanften Schwung auf der Beifahrerseite. Die rechte Hand greift an einen kurzen Schalthebel, der mit Leder bezogen ist, und fühlt die satten Rasterungen der Klima- und Radioeinheit. Die ganze Kommandozentrale kann optional komplett in mehrfarbiges Leder gehüllt werden. So wird aus dem Cockpit eine Lounge.
Richtig teuer wird die Ausstattung dann noch mit sinnvollen Extras wie einem Navigationssystem, einer Sitzheizung und Xenon-Licht. Weitere Kreuze kann man z. B. beim Black-Paket (Lackierung Außenspiegel, Kühlergrill und A-Säule in Schwarz) oder bei der JBL-Audioanlage setzen. Dafür gibt es dann ein optisch ansprechendes Sportcoupé. Eine Sonderrolle nimmt der RCZ R ein. Diese konsequent auf Sportlichkeit getrimmte Version des Coupés glänzt nicht nur mit mehr Power unter der Fronthaube, auch zahlreiche Details wie das gefräste „R” als Typenbezeichnung rundum und eine nahezu komplette Vollausstattung treiben den Basispreis des stärksten Serien-Peugeot jenseits der 40.000-Euro-Grenze. Doch bringt er schon alles mit, was es für die Basis-Versionen entweder gar nicht oder nur für teures Geld gibt. Egal für welchen RCZ sich der Käufer entscheidet, eines muss ihm klar sein: Dieser Zweitürer ist kein Familienauto. Zwar reicht das Kofferraumvolumen von 321 Litern für einen ausgedehnten Wochenendausflug zu zweit, doch einfaches Beladen sieht wegen der hohen Ladekante anders aus. Die Rückbank ist im Grunde nicht zum Sitzen geeignet und eher für den Transport eines Golfbags ausgelegt. Wer sich damit arrangieren kann, findet den perfekten Begleiter für jeden Tag und die besonderen Momente auf der Landstraße.
Ende der RCZ Produktion im Jahr 2015
Trotz der aufregendenen Formensprache und kraftvollem Antrieb wurde die Produktion den Peugeot RCZ Ende des Jahres 2015 eingestellt. Somit könnte der Peugeot RCZ Gebrauchtwagen zu einem begehrten Automobil stilisieren. Ob es eine Neuauflage des zweitürigen Sportwagens gegen wird, ist bislang nicht bekannnt.
Fazit: Der Peugeot RCZ ist ein waschechtes Coupé. Es bietet wenig Nutzraum, die Sitzposition lässt die Straße mehr erahnen als sehen und hinsichtlich Komfort und Wiederverkaufswert müssen deutliche Abstriche gemacht werden. Doch weiß dieser wahnsinnig gut aussehende Zweisitzer über all seine Macken hinweg zu trösten. Mit einer grandios gezeichneten Dachlinie und den gekonnt sportlich gewählten Materialien erweist sich der Franzose als Genießer und Verführer gleichermaßen. Die Benzinmotoren bringen durch ihre spontane Gasannahme und die freche Soundkulisse mit jedem Meter mehr Fahrfreude ins Cockpit. Sie verbrauchen bei normaler Fahrweise angemessen wenig Benzin und können bei Bedarf richtig giftige Spaßraketen sein. Insbesondere die scharfe R-Version fordert beim Fahren den ganzen Körper- und Benzineinsatz. Die Quittung folgt dann allerdings an der Tankstelle. Das saloppe Motto „Turbo läuft, Turbo säuft” bestätigt sich im 1. 6er eindrucksvoll. Der Diesel schafft den Spagat zwischen Durchzugskraft und Spritknausern am besten. Allerdings wirkt er im Coupé seltsam deplatziert. Der Zweisitzer ist ein tolles Auto mit einigen Schwächen aber grandiosen Stärken. Hinzu kommt noch eine Besonderheit, die vielen modernen Autos abhandengekommen ist: Der Peugeot RCZ besitzt eine gehörige Portion Charakter. Damit spricht er eine Zielgruppe von automobilen Nonkonformisten an, die sich nicht um das Image- und Technologiewettrüsten anderer Hersteller scheren. Den RCZ genießt man mit jedem Meter.