Der Chevrolet Camaro ist in Deutschland trotz seines günstigen Preis-Leistungs-Verhältnisses ein absoluter Exot. 2015 wurden von der fünften Generation in Deutschland gerade einmal 207 Exemplare zugelassen. Das ist deutlich weniger als beim Erzrivalen Ford Mustang, was mit dem extrem ausgedünnten Händlernetz von Chevrolet zusammenhängen dürfte.
Athletischere Figur nach dem Modellwechsel
2016 wurde die sechste Generation des Camaro in Deutschland eingeführt, als Coupé und Cabriolet. Dabei blieb das typische Erscheinungsbild amerikanischer Muscle Cars mit langer Motorhaube und kurzem Stummelheck erhalten. Freilich guckt der Camaro aus seinen schmalen Scheinwerfern nun noch grimmiger drein, und das Design wurde mit neuen Wölbungen, Sicken und Hutzen noch stärker in Richtung Dynamik getrimmt. Keine Frage: Der Chevrolet sieht stimmig aus – aber auch wie der fahrbare Untersatz eines Gangsters aus einem Hollywood-Thriller.
Ungewöhnlich für einen Modellwechsel ist der Umstand, dass der Camaro in allen Dimensionen etwas schrumpfte und dabei rund 90 kg an Gewicht verlor. Hardcore-Fans des Camaro mussten auch verdauen, dass das Basismodell nun über einen kleinen Vierzylinder-Turbo verfügt – wobei „Basis“ und „klein“ bei 275 PS sehr relative Begriffe sind.
Zentrum des Angebots ist aber weiterhin der bärenstarke V8, der bei einem Hubraum von über sechs Litern keinen Downsizing-Gedanken aufkommen lässt. Dieser Motor bietet alles, was Anhänger von diesem Antriebskonzept erwarten: brachiale Fahrleistungen und markerschütternden Sound.
Auch gelassenes Cruisen möglich
In 4,8 Sekunden erreicht die handgeschaltete Version Tempo 100. Mit Hilfe der optionalen Achtgang-Automatik gelingt das sogar zwei Zehntelsekunden schneller. Schluss ist in beiden Versionen bei abgeregelten 250 km/h. Dabei eignet sich der Motor dank seines nicht minder gewaltigen Drehmoments von 617 Nm auch für schaltfaules Cruisen, was gerade bei Cabrios den von vielen bevorzugten Modus darstellt.
Das elektrische Verdeck lässt sich bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h öffnen und schließen, so dass sich der Camaro-Fahrer zumindest in der Stadt lästiges Abbremsen erspart. Üblich sind bei anderen Cabrios maximal 30 km/h. Ansonsten gefällt das Cabrio durch gute Verwindungssteifigkeit. Es gibt allerdings Modelle, die mehr vom Flair des Offenfahrens vermitteln. Im Camaro umschließt den Fahrer eine extrem hohe Gürtellinie, so wie die Fenster im geschlossenen Zustand Schießscharten gleichen. Darunter leidet auch die Übersichtlichkeit.
Fahrverhalten ohne Fehl und Tadel
Sowohl für die Verarbeitung wie für das Fahrverhalten gilt: viel weniger amerikanisch als angenommen. Zwar ist der Anteil schwarzen Hartplastiks höher als bei deutschen Premiumherstellern üblich. Mit Hilfe des hohen Ledereinsatzes, des Acht-Zoll-Touchscreens und der LED-Lightshow in 24 Farbtönen entsteht dennoch ein angemessen wohnliches Ambiente.
Vom schwammigen Fahrverhalten früherer Muscle Cars ist im heckgetriebenen Carmaro nichts mehr übrig. Fahrstabilität und Handlichkeit liegen auf hohem Niveau und brauchen sich hinter europäischen Sportwagen nicht zu verstecken. Die Lenk- und Antriebscharakteristik lässt sich zudem in mehreren Stufen verstellen.
Fazit zum Chevrolet Camaro VI Cabriolet
Objektiv kann das Chevrolet Camaro Cabriolet viele gute Argumente für sich ins Feld führen. Es bietet ungeheuer viel Leistung fürs Geld, ist bestens ausgestattet und kann vom Fahrverhalten her mit der europäischen Konkurrenz mithalten. Zudem ist speziell der V8-Camaro ein echter Typ. Wer nach einem Auto mit Charakter sucht, das nicht vom Downsizing-Trend angekränkelt ist, findet in ihm den idealen Sparringspartner.
Der Charakter ist allerdings auch ein wenig das Problem dieses Ur-amerikanisches Muscle Cars. Nicht wenige Außenstehende schließen aus dem grimmigen Blick der Scheinwerfer und dem aggressiven Sound des Vierrohrauspuffs, dass dieser Charakter nur ein schlechter sein kann. Camaro-Käufer, die nicht mit diesem Image kokettieren möchten, müssen also vor allem eines sein: mutig.